(Nick Cave & The Bad Seeds, Tupelo)
Abends dann beim Bucerius-Forum versucht, doch noch eine Karte für Sophie Rois zu bekommen. Vielleicht, so hieß es, sei noch eine an der Abendkasse erhältlich. Glück hatte ich nicht. Da will man einmal zur Hochkultur, und schon sind die Ellbogen draußen wie beim 999-Konzert. Menschen, die aussahen wie Roger Willemsen, um hier auch mal exotische Namen einzustreuen, waren schneller, entschlossener, huschten an mir vorbei in den Saal. Grüßt schön, dachte ich und setzte mich irgendwo an den Rathausplatz. Drinnen, einigermaßen verbarrikadiert, las die Rois aus dem Decamerone, diese Fluchtgeschichten vor der großen Pest. 1348 waren zehn junge Menschen aus Angst vor dem schwarzen Tod aus Florenz geflohen und hatten sich in ein Landhaus zurückgezogen. Weil es weder Fernsehen, Blogs noch Twitter gab, erzählten sie sich Geschichten. Eine Überlebensstrategie. Spät war die Sonne herausgekommen, strich über die golden glitzernde Fassade des Rathauses, und ohne rauchige Stimme im Ohr sah ich den Menschen zu. Es war ganz still geworden.