Während der Mittagsexkursion in die Innenstadt war bedauerlicherweise wieder einmal Gelegenheit für gewisse stilpolizeiliche Ermittlungen. Die Jahreszeit mit den linden Lüftchen provoziert ja regelmäßig mit Ansichten, die wie blanke Reißnägel ins Auge fallen.
Offenbar ist für junge Damen diese Saison die Hosenfarbe Weiß angesagt. Kurz hintereinander marschierten gleich drei dieser Exemplare aus durchscheinender, wohlgefüllter Baumwolle vor mir her. Nun wäre ich der letzte, der etwas gegen die anmutige Bewegung runder Formen hätte. Aber wie sieht das denn aus? Durch diese transparenten Hosen sieht man überdeutliche nackte Hintern, über denen ein dreieckiger Stoffetzen dünne Strippen gerade noch zusammenhält. Meine Damen, wir sind doch nicht am Strand von Las Palomas!
Die Stringtrendfarben (sofern sie nicht aus echtem Leder sind, wie wir hier erfahren können. Ach so, waren gar nicht gemeint. Egal.) sind weiß (geht gar nicht), schwarz (geht immer) und blau mit etwas, was wie rote Punkte oder Blümchen aussah. (Zu sehr wollte ich nicht in die Hocke gehen, und ich hatte meine Stilpolizei-Marke nicht dabei, um eine eingehendere Untersuchung vornehmen zu können.)
Wie auch immer, das wissen wir nun. Vielen Dank. Nachdem ich gestern in irgendeinem Blog, das mir gerade nicht einfällt, was von "zerfetzten Höschen unterm kurzen Rock" gelesen habe, scheint sich ebenfalls anzudeuten, daß der Trend dieses Jahr eindeutig wieder zum "Ich trage Unterwäsche" geht. Das ist löblich, nicht immer aufregend, aber gut für die Blase.
An den Anblick minderjähriger Schnurwäscheträgerinnen, denen das Stoffdreieck irgendwo zwischen den Schulterblättern hängt, hat man sich ja schon gewöhnt. Man zuckt ja nur noch hilflos mit den Schultern. Aber transparente weiße Hosen bringen dieses Land, das ja sogar andere Probleme als die Rechtschreibreform hat, wie ich immer wieder lesen muß, nicht weiter. Zumal, und ich muß es leider sagen, es nicht immer nur lockende Ansichten sind, die einem da - freiwillig oder unfreiwillig - präsentiert werden.
Wenn das nicht bis morgen aufhört, ziehe ich kurze Pfadfindershorts an und schocke mit weißen, haarigen Beinen zurück. Oder probiere doch den Red Hot Chili Peppers-Look. That's official!
Im Übrigen fehlt mir bei der Schilderung die Erwähnung schlecht gestochener Arschgeweihe, sowas ist doch heutzutage fast obligatorisch über stringbewehrten Trendsetterhintern. :-D
Schlecht gestochen darf ja gar nichts sein. Nicht einmal eine Zungentätowierung. Igor, meinem Tätowierer, kommen immer die Tränen dabei. Wobei eine Steißmarkierung schon ok sein kann. Es ist wie immer nur diese visuelle Inflation, die alles entwertet. Manche Dinge dürfen auch gerne verborgen bleiben. Denn nur das Verhüllte ist bekanntlich erotisch.
Tsst, tsst, Stringbegegnungen in der Innenstadt!
ich habe gestern im Fernsehen eine Kugelstoßerin bauchfrei gesehen.
(Albert Camus. Der Mythos vom G-String.)