Willst du was erleben, mußt du eine Reise tun. Am Wochenende lockten mich daher drei heiße Japanerinnen und die formidable Miss Monolog ins schöne Wuppertal. Und meine Mutter natürlich auch. Hallo, Mutter!
Stau und Stress strandeten mich bereits an der Autobahnausfahrt Oberbarmen, was mir - dem Mann, der kein Taxi fährt - um 2.00 Uhr nachts während eines interessanten Fußmarsches die landschaftlichen Beschaulichkeiten des Gewerbegebiets Nächstebreck näherbrachte. Das Wetter war aber danach, und außerdem fahren dort keine Taxis. Mütterchen Kid hatte auch weder etwas gegen nächtlich Anrufe noch gegen eine spontane Herrichtung einer Schlafstelle. Danke, Mütterchen Kid! Eben deshalb konnte ich den Lockungen des nahegelegenen Etap-Hotels mit verächtlichem Schnauben widerstehen und mich ganz geographischen Begriffen wie "Hottenstein", "Im Hölken" und "Vor der Beule" widmen. Man merkt, man ist im Bergischen. Dort, wo das Wasser weich ist und die Kerle nahe am selbigen gebaut haben.
In der ehemals schwerst mythenverwebten Tanzdiele mit der zerrupften Ente, dem U-Club, machten nämlich am Samstag die 5,6,7,8's ihr markerschütterndes "Woo Hoo". Kill Bill und die Folgen hatten schwersttätowiertes Rock'n'Roll- Jungvolk aus der bizarrsten Heimatstadt Deutschlands aus Schwebebahn und Wupperhöhlen gelockt, die alle einen Blick auf die Teenage Cavewomen from Tokyo werfen wollten. Nervös hielt ich nach einer Dame im gelben Trainingsanzug Ausschau und war mehr als angetan, als Miss Monolog in 18-ern und Mini-Raubtiertäschchen mir ohne gezücktes Katana entgegentrat. Selten ist einem alten Mann wie mir noch das Glück beschert, angesagte Rockschuppen in attraktiver Begleitung aufzusuchen, aber nun war ich mal King for a Day. (Ich also gleich Kaffee ausgegeben und Heldengeschichten erzählt. Kam bestimmt super an.)
Ein wenig uncharmant mußte ich dann aber während des Auftritts werden. Denn ich hege seit Jahrzehnten ein Faible für aufgedrehte Japanerinnen. Die müssen noch nicht einmal Schuluniformen tragen. Das zum einen. Dann waren die noch zu Dritt. Kurz gesagt: Meine Blicke blieben dann doch für die Dauer eines Rock'n'Trashigen Konzerts immer wieder auf der Bühne kleben.
Apropos kleben und feucht: Es hat überhaupt nichts Anzügliches, wenn ich berichte, daß einem in der nach kurzer Zeit nur noch mit dem R'n'R-Stilett zu schneidenden Luft schon vor der Veranstaltung das ausgeschwitzte und von anderen herumgespritzte bergische Hopfenwasser rauf- und runterlief. Zum Glück spielten nicht King Kurt, dann wäre auch noch Mehl dazugekommen.
Die drei durchgeknallt-sympathischen Japan-Air-Stewardessen legten irgendwann nach Mitternacht einen ziemlich mitreißenden Rockstomper-Auftritt hin. Aufgetürmte 60s-Style-Frisuren, Macho-Rocker-Gesten, Hintern- und Hüftgewiggel, trockene Bassläufe und angeschrilltes Wimmerhaken-Halbresonzgitarrengejaule hatte die Menge bald durchgekocht. Exaltierte junge Frauen rockten enthemmt in klitschnassen T-Shirts mit ihren sekundären Geschlechtsmerkmalen am Bühnenrand. Entrockt. Tits, hits, hair - and arms in the air. Und immer wieder: "Woo Hoo".
"Bomb The Twist" (umjubelt), "Harlem Shuffle" (im Rekordtempo), "Green Onions" (MG-style), "The 5,6,7,8s" (hymnisch)... zwei Zugaben - arigato - sayonara.
Anschließend verschleppte ich Miss Monolog ins Café du Congo. Dort war noch Nachtausschank, bis am Fujijama die Sonne aufging. Musik war eher buena nachtschwärmer fado-style, aber das ist ja das Nette in solchen angeranzten Cafés. Dort und gegenüber habe ich einen guten Teil meiner Jugend verschwendet. Dahin gehe ich immer wieder gern. Und erzähle Heldengeschichten.
darauf ein bier !
(sorry, hier schon 29° und noch keine 10 uhr)
Tzk.
Ihre Heldengeschichten, die waren ebenfalls äh, formidabel ;)
Die Telekom hatte heute schon ein Einsehen mit mir - hatte das mit Ihnen auch jemand?
Schön, daß die T-Menschen Sie von Ihrer Losgelöstheit befreien konnten. Ich hingegen bin ich leider völlig uneinsichtig. Sehen wir weiter. ;-)
Ihren Heldengeschichten lausche ich bei Gelegenheit gern wieder.
Ich bastle derweil eifrig an Schildern in augenfreundlichen Großbuchstaben, die ich bei Bedarf zücken kann, mit Aufschriften wie "Klappe halten jetzt, ich will auch mal was sagen!" oder "Ich brauch mehr Kaffee!" - sowas in der Art halt. Damit halte ich Sie schon in Schach ;o)
Und in Dreigottesnamen, nu sagen Sie doch der lunally bitte auch noch, dass das Raubtiertäschchen keins aus Faketigerstringtangafell ist, sondern eine kuhle Puma-Tasche. Die zieht doch sonst nie bei mir ein ;)
So, jetzt muß ich Klappe halten und los...
Siezen Sie sich eigentlich öfter mal (Herr kid, Sie faseln wieder!), oder nur, wenn Sie einen inneren Diskurs auszutragen haben? ;)
Und die Stimmen in meinem Kopf sind alle tadellos sozialisiert und im Grunde höflicher als ich selbst. Obwohl wir uns schon so lange kennen, sind wir immer noch per Sie. Natürlich wollen die immer, daß ich mit ihnen Brüderschaft trinke. Aber da bin ich etwas schüchtern.
Das kann anstrengend werden.
Muss aber nich.
hätt ich doch zu gern noch näher erklärt ;o) Trainingsanzug? Gelb? 18er? Katana?
Und bitte, alter Mann? Fishing?
Alte Männern bleibt oft nur noch das Angeln als Freizeitspaß, das ist wahr. Bei mir hat das leider ernste Hintergründe. Graues Haar z.B. Immerhin haben mich an dem Abend auch ein paar von den schwertätowierten Frauen geduzt. Es kann noch nicht alles gewesen sein! ;-)
Zum Wesentlichen: Graues Haar macht Männer erst schön. Und reif. Und so. Sie wissen. Davon ab... Sie waren doch in Begleitung ;o)
(Schmu? Irgendwann erzähle ich mal die Geschichte, wie ich nach einer schrecklichen und langen Nacht aus unruhigem Schlaf erwachte und wie Käptn Ahab ergraut war! Und der Wal hatte in
Ach, und diese andere Sache mit Rohren, Clown und von Sekunde zu Sekunde weiße Haare - das war auch ein Buch. Lass Dir doch von den Stimmen nich alles anschnacken.
watt? wieso sagen se eigentlich immer datt sie ein alter herr sind? ich bezweifle das (ich vermute die 37 steht nicht für jahrgang sondern alter) ;-) und wenn dem so ist, dann sind sie ein junger hupfer!habe übrigens kürzlich ein interessantes wohnungs-kauf-angebot schräg gegenüber von selbigem café gesehen, ich war ja sehr versucht. aber ich wohne einfach zu weit weg dafür. ach ja, die nordstadt. bloss ein halbes jahr wohnte ich mal da. schluss jetzt!
Möglicherweise sind also auch wir uns schon begegnet. In der Kneipe mit den längsten Getränkewartezeiten der Welt. Aber was macht das schon an netten Orten.
gibt es eigentlich die köhlerliesel noch? ich sollt wirklich mal wieder in wuppertal ausgehen. so die spuren meiner "wilden" jugend suchen. wenn ich daran denke, dass ich sogar mal ein haus (mit)besetzt habe ... und hier wo ich jetzt lebe und arbeite denkt jeder ich bin so "brav". aber hier kennt mich eben jeder nur im "gesetzten alter" ;-)
Das Köhlerliesl gibt es noch, wie ich feststellte. Hatte aber leider schon zu, sonst hätte ich Miss Monolog auch mal eben kurz hineingezerrt. Ist ja eher ein Kontakthof für jüngere Leute. (Wäre also für Miss Monolog ok gewesen, aber für mich... nun gut, ich sollte ja aufhören, über mein Alter zu reden.)
Sagen Sie, kennen Sie die Adlerbrauerei in Barmen noch? Die habe ich mal "mitbesetzt". Ein Schulfreund und ich haben da einen Sender aufgebaut und Infos verbreitet. Abends sind wir aber brav nach Hause. Part time squatter. Dann gab es Konzerte und allerhand Kultur. Und dann kamen die Bagger, und nun stehen da langweilige Miethäuser. Aber solange Wuppertal die Schwebebahn hat, machen die alles andere Schöne klaglos kaputt. Im Grunde muß die Schwebebahn weg.
Ich seh schon Herr Kid, wir sind uns wahrscheinlich öfter als einmal über den Weg gelaufen. Schade, dass Miss Monolog die Köhlerliesel nicht von innen sah, aber Café du Congo ist eh besser. Das Klientel der Köhlerliesel neigte doch etwas mehr in Richtung Klientel: Luisencafé und Brill, während Café du Congo und das Katzengold sich etwas näher (nicht nur räumlich) standen. Ich glaube ich stand immer irgendwo dazwischen.
Kennen Sie etwa auch den "Jazzkeller"? Den gibt es mit Sicherheit nicht mehr, war aber auch so ein kleiner Geheimtip. Früher mal. Damals. Sie wissen schon :-)
Und in der Nordstadt gab es wohl den ersten "Bio-Laden" Wuppertals (vermute ich; in der Nähe meiner Schule in Barmen war dann auch bald ein Demeter-Laden, da konnte ich dann noch was shoppen bevor ich den Bus nach Hause nahm). Ganz in der Nähe der Sophienkirche, an einer Ecke. Da kaufte ich immer mein Sonnenblumenkernbrot, mein erstes Öko-Haarshampoo von Weleda, und andere Demeter-Produkte. Meine Eltern hielten mich für höchtsgradig drogengefährdet (wegen des alternativen Umgangs), meine kleine Schwester fand mich schlichtweg bescheuert, mit so Ökos wollte sie nichts zu tun haben.War 'ne schöne Zeit :-)
Eine Teestube war da auch mal (ist soweit ich weiss irgendwie umgebaut, bzw. irgendwas anderes), da musste man ein paar Treppenstufen runtergehen. Hach ja ..... wie die Zeit vergeht.
Wie kommt das eigentlich, dass ich in Ihrem Blog immer wieder gedanklich in Wuppertal lande und dann so grauenvoll sentimental werde. Ich muss mich in Zukunft darauf beschränken nur noch kurz und knapp zu kommentieren, anstatt zu lamentieren! (Das klappt ja doch nie!)
Und die Schweebebahn bleibt! Ich war erschrocken genug als ich nach meiner Rückkehr aus USA keine Strassenbahnen mehr vorfand. Und die Produktion der Ente (mein erstes Auto) wurde auch eingestellt. Nehmen Sie mir nicht noch die Schwebebahn!
Aber spätestens auf dem "Wackeltreff" sind wir uns doch dann bestimmt wieder begegnet.
Wie kommt das eigentlich, dass ich in Ihrem Blog immer wieder gedanklich in Wuppertal lande und dann so grauenvoll sentimental werde.
Ich halte hier eben die Fahne hoch. Was meinen Sie, was mein halbfreiwilliger Nachtspaziergang durch das Tal neulich für Sentimentalitäten geweckt hat. Sie haben ja bestimmt auch die Bergische Krankheit. Nahe am Wasser und so.
Ich reduziere die Talbesuche ja auch sehr. Aber vielleicht sollte ich mir eine Bahncard kaufen und öfter mal...
(PS: Aus Wuppertal kommt ja viel Originelles, aber die "Ente"?)
ok, die ente kommt nicht aus wuppertal, aber sie war mein erstes auto . dafür konnte man in der Köhlerliesel eine "kalte Ente" trinken ;-) wobei wir wieder in W sind. ironischerweise zappte ich gestern im tv und landete in irgendeiner sendung die in wuppertal spielt. lustig.
ach, kaufen se ruhig ne bahncard, die bahn braucht jede unterstützung die sie kriegen kann ;-) mir ist w'tal fürs wochenende ein wenig zu weit. aber wenn ich wieder mal da bin trinke ich auf kid37's wohl im "congo" :-)