Der gefundene Satz, #45

Wir leben vorwiegend in einer menschengemachten Umwelt, die immer fataler durch das Versagen der Apparaturen gekennzeichnet ist. Beschäftigen sich nicht zu viele unserer Gespräche mit täglichen, wenn nicht stündlichen Pannen? Das Auto hat gestreikt, das Flugzeug konnte nicht starten, der Zugt kam zu spät an. Immerzu will im Haushalt irgendein Gerät nicht mehr funktionieren: Der Eissschrank setzt aus, die Geschirrspülmaschine "spielt verrückt", der Fernseher spuckt nur Bildfetzen, auf dem Tonbangerät ist wieder mal nichts drauf, die Neonröhren flackern, das Telefon bleibt stumm.

(Robert Jungk. Vorwort zu: Tote Technik. Ein Wegweiser zu den antiken Stätten von morgen. 1981.)

Ex Libris | 11:18h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
mark793 - Montag, 6. Oktober 2008, 19:38
Tja.
Was wollen uns diese Worte sagen? Dass die kleinen technischen Pannen des Alltags so beliebten Gesprächsstoff liefern, heißt ja nicht, dass unser modernes Leben eine permanente Aneinanderreihung technischer Totalausfälle ist (auch wenn der Blogger.de-Server in diesen Tagen, aber lassen wir das). Über diese Ausfälle parliert es sich eben leichter, weil sie sich vom störungsarmen Normalbetrieb dann doch abheben. News is whats different - hat einer meiner journalistischen Lehrmeister immer gesagt. Und tatsächlich komme ich mit zunehmendem Alter immer mehr dahin, mich daran zu erfreuen, dass so vieles die meiste Zeit doch einigermaßen reibungslos funktioniert.

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kid37 - Montag, 6. Oktober 2008, 21:50
Ich verstehe es so, daß zu viel Zeit, zu viel Inhalt in das Reden über Technik (und ihr Versagen) fließt, während das Versprechen lautete, mit Technik "leben" zu können. Wir schimpfen über die Verspätungen der Bahn, wie reden nicht über das Reisen. Statt Helfer zu sein, machen die Maschinen uns zu Sklaven, die dafür leben, Betriebssysteme und Computer zu warten und zu konfigurieren, Geräte zu programmieren, Daten von A nach B zu portieren, Akkus aufzuladen. Vielleicht ist es ein wenig vergleichbar mit dem Meta-Bloggen.

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mark793 - Dienstag, 7. Oktober 2008, 01:14
Gut, so gesehen
kann ich natürlich nicht anders als Ihnen frenetisch beizupflichten. Allerdings bewahren mich Frau, Kind und Hund erfolgreich davor, mich als Sklave der Maschinen zu fühlen:

- "Schatz, hast Du die Akkus für die Kamera geladen?"
- "Papaaa, die Laterne ist aus - musst Du wieder batterieren."
- *fiepfiep* *trippeltrippel*

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kid37 - Dienstag, 7. Oktober 2008, 01:41
Wer solche Herren hat, braucht keine Maschinen!

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mark793 - Dienstag, 7. Oktober 2008, 11:52
O Doch.
Manchmal sind sie sogar Verbündete, aber bisweilen fallen sie mir auch in den Rücken. Etwa durch Streiks zur Unzeit.

Alles nicht so einfach.

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kelly mg - Montag, 6. Oktober 2008, 21:19
Zum Trost bleiben die Bilder des Nicht-Funktionierens - zum Beispiel die von Manfred Hamm, die sich mir seit diesem Buch als Ikonen unseres technischen Zeitalters eingeprägt haben.

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kid37 - Montag, 6. Oktober 2008, 21:53
Ah, Sie kennen das. Wie schön. Ich habe das Buch erst kürzlich entdeckt, und da es selbst schon irgendwie veraltet ist, hat es einen besonderen Reiz. Die Fotos sind beeindruckend. Bei Rost gibt es eine Linkliste zu Abandoned Places. Es ist ein echter Topos geworden.

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kelly mg - Dienstag, 7. Oktober 2008, 20:45
Auf diesem wunderbaren Rost-Blog hätte sich das "lost thing" auch wohl gefühlt. Danke für den Tip.

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kid37 - Montag, 6. Oktober 2008, 23:55
Bot-Netze greifen uns an. Wo ist Sky Captain, wenn man ihn braucht?

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modeste - Dienstag, 7. Oktober 2008, 00:51
Der überaus beruhigende Umstand, dass die Dinge nicht besser funktionieren als wir.

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kid37 - Dienstag, 7. Oktober 2008, 01:08
Da ist was dran. Und den Versprechungen der Technik ist auch nicht mehr zu trauen als... nun, den anderen halt.

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k 4 - Mittwoch, 8. Oktober 2008, 01:41
wo immer ein dutzend oder so in meinem namen versammelt sind...

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burnster - Donnerstag, 9. Oktober 2008, 03:43
ich finde, dass die defekte der maschinen wesentlich weniger menschenleben kosten als die der menschen. auch wenn terminator 1-3 uns da was anderes lehren will. von mir aus: bring it on, taschenrechner.

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kid37 - Donnerstag, 9. Oktober 2008, 12:59
Die Liebe im technischen Zeitalter
Man darf eben weder den Versprechungen der Technik glauben noch denen der... So oder so: Solange das Leben nicht genommen wurde, sollte man es nicht okkupieren lassen, schon gar nicht vom Reden über den Zustand. Um Jungks Diktum also abzuwandeln: Unsere Gespräche drehen sich zu häufig um die Defekte der Mitmenschen. Wobei mich heute bereits wieder der Zustand der U-Bahn zu Zuständen führte, über die ich gegebenfalls ein Gespräch führen würde. Vielleicht mal wieder Kraftwerk hören. Mit Gleichmut.

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k 4 - Donnerstag, 9. Oktober 2008, 22:07
wenn der gleichmut mit ein bisschen amüsement befeuert werden soll beim kraftwerk-hören, empfehle ich das hier: http://www.mashup-industries.com/index.php?option=com_content&task=view&id=45&Itemid=37

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kid37 - Freitag, 10. Oktober 2008, 00:50
"Itemid=37" - das überzeugt natürlich sofort. Außerdem stelle ich zu meinem Vergnügen fest, daß "Roboter" von Dunproofin bearbeitet wurde, von dem ich einen der besten Mash-ups überhaupt kenne. Dort werden The Jesus and Mary Chain mit M.I.A. gemixt, ein echter Knaller, gibt es leider nicht im Netz. Sehr tanzbar. Merci.

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