Aschermittwoch
And the lost heart stiffens and rejoices
In the lost lilac and the lost sea voices
(T.S. Eliot, "Ash Wednesday". 1930.)
Hinter Dortmund liegt der erste Schnee. Der Zug bohrt sich tiefer in das Herz der Industrieruinen, nach langer Fahrt durch flache, matschige Felder. Es ist nicht viel, der Boden gerade mal bedeckt. Aber doch Schnee. Am Horizont reihen sich bewaldete Hügel auf, die Flüsse haben Wehre. Weiter geht es hinein ins Bergische Land. In Wuppertal stehen erste Jecken auf den Bahnsteigen, frierend, schunkelnd, ein bunter Kontrast zu nassgrauen Hausfassaden. Frohsinn im Dreck, denke ich. So sind wir dann wohl.
Durch die Stadt führt eine melancholische Fahrt. Die Musik im Ohr abgegriffen wie das Gotan-Projekt, wie der Himmel in einem alten Café. Zäh schiebt sich der Zug dazu zwischen häßlichem Etwas hindurch, allzu langsam durch das enge Tal. Und mir wird bewußt, schmerzhaft, wie gerne ich gezeigt hätte: Die kleinen Orte, die rostigen Eisenbrücken, die verborgenen Stiegenhäuser, der alte Ascheplatz. Das Aufdecken, daß man selber auch Familie hat und ein Leben.
Denn am Ende überleben nicht die Versprechungen. Was bleibt, sind die geteilten Erinnerungen. Die Reisen, die rührenden Momente. Die stillen, die sanften, die schönen und auch die traurigen. Nicht das, was hätte sein sollen. Nur das, was war.
*seufz* Ja!
Darf ich Sie mal kurz, vorsichtig drücken?
Ist ja alles so traurig, so furchtbar traurig.
Ach, die Strecke bin ich gestern schon gefahren (auch da lag an derselben Stelle schon Schnee) und auch mich überkam eine gewisse Melancholie....da hätten wir ja prima zusammen fahren können, der eine nochmal mit Pappnase auf, die andere mit dem Plastikfisch auf'm Kopf und hätten es nochmal so richtig melancholisch krachen lassen. Tröt. Zuggeschunkelte Erinnerungen an das was war.Und nicht mehr ist. Gruß von jemandem, der das "Aschermittwochs-Gefühl" ironischerweise seit Beginn der Session kennt... tröt.
Was für ein schönes Paar! Mit Plastikfisch auf dem Kopf. Und dann melancholisch anstoßen, auf den Aschermittwoch auf dem eigenen Meeresgrund.
Frau Klugscheißer, na ja. Ich habe diese Musik ein wenig zu oft in solchen Cafés gehört. Ist aber trotzdem immer wieder... melancholisch schön. Und Ashes to Ashes paßt hervorragend zu diesem Lüster und diesem Himmel.
das ist ja auch immer ein Vertrauensbeweis, das Darbieten der weichen Bauchseite: Sieh, aus dieser Stadtrandsiedlung komme ich, dort war der Club, in dem ich erstmals zu Düstermucke rumschwofte, in jenes Naherholungsgebiet führten uns die sonntäglichen Familienspaziergänge, und dort drüben, im Eisenbahnersportverein, auf dem dunklen Aschenplatz, da kickte mein älterer Bruder als Linksaußen.
Ich würde mich vielleicht nicht voll angenommen fühlen, bevor ich auch diese Facetten gezeigt hätte.
Das Gleichgewicht solcher Dinge ist sehr wichtig. Immer schade, wenn es nicht klappt.
Die intimste Annäherung, die es gibt.
In Mantel und Stiefeln.
(weiche Bauchseite ist schön gesagt)
So ist es und so wird es immer sein. Und selbst bei schlechter Sicht: wissen, woher man gekommen ist.
Ich wollte nicht dorthin zurück. Aber ich vergesse es nicht und sehe die Schönheit, die eben auch dort ist.
Bei Wuppertal denke ich wieder nur an
Essen. Es ist mir peinlich. Ja.
Eine wunderbare Werbung. Wir sollten zusammen eine Schwebebahnfahrt mit Kaffeetafel machen.
Nur das, was war – wie wahr. Was war zwischen 1.2. und 7.2. Bereits 38 Tage 2008! Keine Reise, Rituale. Ständige Verstösse gegen die Rituale. Vergegenwärtigungen von Toten. Annäherungen an Papierfiguren in den Büchern. Ideen, die verschwanden, notiert, vergessen wurden. Eine Tafel an der Wand, die das alles sammelt, magnetisch. Und daneben 3 Fotos von 2 Mädchen, die ich nie gebären hätte können. Manchmal denke ich, es sind meine, ich liebe sie, liebe sie voll Leidenschaft, bis ans Lebensende. Aber Liebe zu Kindern, noch dazu zu fremden, ist ein heikles Ding. Schnell bricht die Frau in ihnen durch, und eine Menge junger Männer umgeben sie. Da müsste ich dann dazwischentreten. Da ists aus mit der Idylle, da wird es hysterisch, gefährlich, blutig. Noch ist es nicht so weit. Audrii
In der Tat. Gefährlich. Riten halten das Leben zusammen, heißt es. Die Liebe aber auch.
am aschermittwoch dem heiteren "karneval bop" traurig voraus/hinterherreisen ist, wie einen dieser melancholischen filme sehen, die rückwärts erzählt werden. jetzt möchte ich mir aber unbedingt und sofort noch mal "alice in den städten" anschauen. auch so eine traurig-schöne zeitreise.
Ein wunderbarer Wuppertal-Film. Aber ob Dokus über die Schwebebahn oder Filme über die Stadt, sie ersetzen kaum eine Reise dorthin. Lieber fröhlich als melancholisch, aber machen muß man sie.
natürlich muss schwebebahnfahren sein, wenigstens alle paar jahre wieder, die ganze strecke von einem ende bis zum anderen. mir ist völlig schleierhaft, weshalb nicht touristen aus aller welt die stadt wegen dieser genialen (zudem mit einem normalen fahrschein benutzbaren) attraktion, für die sie anderenorts viel eintritt zahlen würden, überfluten - vielleicht, weil die stadt nicht hamburgkölnberlin heißt.
Manchmal steigen Akkordeonspieler zu. Man sollte heiraten darin.
NUR das, was war?
Nicht: Sondern das, was war?
Hm, vielleicht ist es zu früh am Morgen für mich, aber für mich macht es kaum einen Unterschied. Die gemeinsamen Erlebnisse, die Taten überleben. Die Versprechungen und Ankündigungen... nun, die werden schnell vergessen sein.