Merz/Bow #58


Trotz antiquarischem Muffgeruch (schon vieles probiert) lese ich gerade ein wenig in Sidney Petersons Roman A Fly in the Pigment. Peterson ist einer der frühen Vertreter des US-amerikanischen Avantgarde- und Experimentalfilms. The Cage von 1947 ist einer seiner bekanntesten, mit Einflüssen von Buñuel, Man Ray und Maya Deren. Interessanter Typ, sein satirischer Roman geht um eine Fliege, die plötzlich aus einem Renaissancegemälde im Museum verschwunden ist und deren Sichtweise wir bald erfahren. Vielleicht nicht übermäßig elegant geklöppelt, amüsant sicherlich. Ich bin aber auch noch nicht sehr weit gekommen. Es riecht wirklich modrig.

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Am 25. Februar hat Dana Scully Geburtstag, Special Agent beim FBI für mysteriöse und ungeklärte paranormale Fälle. Ausgerechnet an diesem Tag starb nun ihre deutsche Synchronstimme Franziska Pigulla mit nur 54 Jahren. Jetzt sind die 90er-Jahre aber wirklich vorbei.

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Auch bestimmt "sooo Neunziger", wie es von Superschlauen ja gern herablassend betont wird, ist ja Twin Peaks. Die dritte Staffel war ein großes Fest mit einigen umwerfenden Folgen, einigen Erklärungen der Geschehnisse aus den ersten beiden Staffeln, noch mehr Mysteriösem, viel Kunst, einem großartigen Sounddesign (ebenfalls David Lynch), exquisiter Musik und tollen Auftritten von z.B. Naomi Watts.

Gerade arbeite ich mich durch das dokumentarische Bonusmaterial in der Bluray-Ausgabe. Man sieht bei Proben zu, Vorbereitungen und Setbesichtigungen, erlebt hier und da auch mal einen etwas unwirschen Regisseur (ich hätte gar nicht die Ruhe für so was) und bleibt verschont von Talking Heads, die von "it was a magic moment" und "he's a pure genius" faseln. Es sind wirklich Werkstattberichte, und das einzige, was ein bißchen stört, ist der etwas prätentiös gesprochene Begleittext vom teils deutschen Team, die auch hinter der Doku The Art Life standen. So hat denn auch der Sprecher einen Akzent, der heftiger ist als meiner. (Auf den mich übrigens in New York als einziger ausgerechnet ein Deutscher ansprach. Imagine!)

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Zur Probe rahme ich ein paar Bilder aus meiner "Die Bienen sind tot"-Serie. Ich habe jetzt fünf 50x70-cm und eine handvoll kleinere Formate. Ich nehme das vor allem als Beweis für den Anstieg meines Aktivitätsgrads nach diesem längerem Glassargschlaf die letzten Jahre. Ein motivierendes, interessiertes Umfeld hilft da sehr. Überhaupt sollte man sich frei machen von Unfreundlichkeit und Nörgelei im eigenen Nahfeld. Diese Kritikhanselei, auf die man bei Menschen ab und an trifft, ist kein Zeugnis von Souveränität, sondern letztlich schlecht kanalisierte Geltungssucht. Könnt ihr so aufschreiben. Ihr müßt Blumen sein, nicht Moder.

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An einer Stelle erklärt David Lynch Laura Dern, warum die Uhr an der Wand ausgerechnet 2:53 Uhr anzeigt. Sie sagt, sie ahne es schon, sie arbeite ja schließlich mit David Lynch. Er sagt 2+5+3 ergibt 10, für ihn die perfekte Zahl. Und 3+7? Na? Rechnet es selber aus.

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Wer die Antwort hat, sollte unten auf der Straße übrigens mal nach seinem Kabelmast schauen. Unheimlich.

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This is the water, and this is the well. Kurzzeitig hatte eine Hochschule in Berlin überlegt, dieses Gedicht auf eine Hauswand zu malen. Aber das war, würde Mr. Lynch sagen, nur ein Traum in einem Traum.

MerzBow | 23:35h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
nnier - Donnerstag, 28. Februar 2019, 04:34
Spoiler Alert vielleicht mal?
Jetzt haben Sie alles verraten! Ich bin erst bei Folge 4. Vielen "Dank" auch, wie soll man da Blume sein.

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kid37 - Donnerstag, 28. Februar 2019, 12:19
Breathe in, breathe out. Glauben Sie mir, Folge 8 ist quasi eine Stand-alone-Folge. Die können Sie vorher, nachher oder mittendrin sehen. Überhaupt meinte Herr L., man solle da nicht zu sehr auf klassische Erzähweisen oder Vorinformationen setzen. Folge 4? Sie Glücklicher! Sie haben noch so viel zu entdecken!

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kid37 - Donnerstag, 28. Februar 2019, 12:29
Unheimlich. Ich sehe es jetzt erst. Ihr Kommentar wurde um 3+3+4 Uhr veröffentlicht. Hier reiht sich ja eins um eins ineinander.

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nnier - Donnerstag, 28. Februar 2019, 18:57
Weihnachten 2017 schenkten mir die Kleinen dieses "Twin Peaks", von dem ich so viel erzählt hatte, und rechnerisch haben wir auch jedes Quartal eine Folge geschafft - na, fast. Ich neige da nicht so sehr zum Bingen, so etwas will wertgeschätzt und verdaut sein, mit den 2009er Remasters der Beatles bin ich schließlich auch noch nicht durch. Und so wie es am Ende des Weißen Albums (von dem es auch schon wieder einen neuen Remix gibt - man kommt nicht hinterher!) heißt: Number nine ... Number nine ..., repetiere ich dauernd: Folge acht, Folge acht. Schließlich lese ich hier mit.

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kid37 - Donnerstag, 28. Februar 2019, 23:04
Ja, diese Weißalbums-Remaster und Neuausgrabungen irritieren. Unter Umständen hätte ich mir auch noch mal eine CD-Ausgabe gekauft, aber da ist ja Twin Peaks verständlicher als diese Veröffentlichungspolitik.

Die ersten 20 Minuten von Episode 3 sind ja bereits reine Kunst, von diesen Sequenzen hätte es gerne mehr geben dürfen. Und alles in der Prime Time, das war für Showtime ein großer Coup. Na ja, wir haben Schlagersendungen, das kennen die drüben so auch nicht.

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fidibus - Donnerstag, 28. Februar 2019, 07:49
Ihr Blog ist ja schuld, dass ich mich nicht mehr so verächtlich über Kunstsachen äußere. Sie hebelten über die Jahre viele meiner arroganten Vorurteile ganz nonchalant aus. Mittlerweile muss ich mich zusammenreißen, nicht ständig 'toll, toll, toll' zu Ihren schönen Entdeckungen zu schreiben.

Keine Ahnung, in welcher Technik Ihr rätselhaftes Bienenbild entstand, mag es jedenfalls. Kann man sich schaurig-schöne Geschichten zu ausdenken. Falls Sie demnächst ausstellen, fände ich es sehr freundlich, wenn Sie für BlogleserInnen ein Vorkaufsrecht prüfen könnten. (Hoffe, das ist kein unverschämtes Ansinnen.)

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kid37 - Donnerstag, 28. Februar 2019, 12:27
Das freut mich natürlich. es gibt fantastische und auch rätselhafte Dinge da draußen. Ich zum Beispiel kann jetzt an keinem Laternenpfahl vorübergehen, ohne auf die Nummer zu achten. Stadtrecherche, da macht Ihnen ja auch keiner was vor.

Zu den Bienebildern würde ich am liebsten antworten, die sind meiner Großformatkamera im Naßplatten-Kollodium-Verfahren aufgenommen und dann akribisch nachgemalt worden. So weit bin ich aber noch nicht.

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fidibus - Donnerstag, 28. Februar 2019, 19:45
(Besuchte soeben eine filmische Fortbildungsveranstaltung zum Wet-Plate-Dings-Verfahren an der Internetz-Uni ... und bin schwer verliebt. (Nichtsdestotrotz hat rückblickend die laienhafte ORWO-S/W-Film-Spielerei in der Schul-Dunkelkammer durchaus auch was Magisches.))

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kid37 - Donnerstag, 28. Februar 2019, 23:05
Es ist bleibt faszinierende Magie, wenn im Entwicklerbad plötzlich Bilder aufpopppen. Meine dunkelkammer ist leider zur einer Abstellkammer verkommen. Aber ich könnte, wenn ich wollte! (Naßplatte ist mir zu aufwendig, die Ergebnisse natürlich ein Traum.)

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mark793 - Donnerstag, 28. Februar 2019, 19:26
Franziska Pigulla mitsamt ihrer phänomenalen Stimme war für mich in den 90ern der Grund, auch mal bei Privatsendern wie n-tv Nachrichten zu gucken. Ich kann es kaum glauben, dass sie jetzt für immer verstummt ist.

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nnier - Donnerstag, 28. Februar 2019, 21:19
Ja. Eine Zeitlang war zu befürchten, ihre Stimme würde verheizt und verramscht wie die von Christian Brückner: Jede zweite Doku war doch zeitweilig von denen gesprochen. Aber das hat an der Qualität nichts gemindert.

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kid37 - Donnerstag, 28. Februar 2019, 23:07
Wobei es ein wenig tongue-in-cheek war, sie bevorzugt in so UFO-Dokus einzusetzen. Wir haben sie hier ja ab und an gewürdigt; es ist wirklich ein Verlust.

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sid - Freitag, 1. März 2019, 01:55
Irgendwie tröstlich, daß der Tag mit Scully Geburtstag zusammen fällt.
So bleibt sie ewig mit dem richtigen Tag in Erinnerung.

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kid37 - Freitag, 1. März 2019, 05:45
Das ist schon eine bittere Ironie. Aber vielleicht wirklich auch eine feine Sache, durch so einen Zufall mit dem "Lebenswerk" (oder besser: Visitenkartenwerk) verbunden zu sein.

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vert - Freitag, 22. März 2019, 03:53
dagegen ist drowning by numbers kindergartenkabbala;)

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kid37 - Freitag, 22. März 2019, 22:44
Das ist nun wirklich ein immergrüner Spaß, dort die Zahlen zu finden.

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