NYC #6 - Big Exit

Sometimes it rains so hard
And I feel the hurt
In my heart
Feels like the end of the world

(P. J. Harvey, "Big Exit")




Als ich aber so da lag mit meinem vor Hitze wie ein angegorenes Zerealienfrühstück weichgepampten Hirn, dachte ich zähflüssig vor mich hin, daß ich ja in der Heimatstadt der Rap-Musik bin und mich folglich mal berappeln sollte. Zum Glück hatte ich für meine 14 Tage außer meinen Ambitionen im Showgeschäft keine besonderen Pläne, denn Druck und Stress könnte ich auch zu Hause spüren. Und auch wenn gerade alles sehr durcheinander und wie meine Freundin Polly Jean sagt, "crazy" war, so half nur eins: kalt abduschen und dem inneren Ende der Welt trotzig entgegenschauen. Aufbruch, Baby.



Immerhin eine Challenge aber hatte ich mir gestellt, das war die Überquerung der Brooklyn Bridge. Vorab befragte Quellen machten aus der Konstruktion eine Art Ziehharmonika, jeder sprach von unterschiedlichen Längen und Dimensionen und der Art der Anstrengung, die es kosten würde. Am Ende sind es halt knapp zwei Kilometer, die man bequem bewältigen kann. Weshalb es auch jeder macht und dabei irgendwie im Weg rumsteht, um ein Selfie zu machen. Habe ich dann auch gemacht und stand im Weg rum. Weiter draußen kann man dabei der Freiheitsstatue zuwinken, sich ausgefranst und verloren und dann aber herzlich empfangen fühlen.



Romantiker unternehmen diesen Spaziergang spätabends und gehen gemächlich, Hand in Hand mit ihrem eigenen Freiheitsversprechen vielleicht und mit viel "Ah!" und "Oh!" auf die Lichter der Skyline zu. Ich bin bekanntlich sehr empfindlich sachlich orientiert und spare mir das. Die Mittagssonne hat ihre eigene protestantische Klarheit, kein schwummriges Gemunkel, aber man stolpert auch nicht so leicht.



Eins muß man anerkennen: Amerika, du hast es besser! So wird dort dieser elenden Liebesschloß-Plage, diesem Verschandelungsgraffiti des kleinen Mannes, rigoros ein Riegel vorgeschoben. Oder dem sinnlosen Pluckernlassen großer Reisebusmotoren. Das möchte man auch der Weltstadt Hamburg anempfehlen. Nur das mit dem "No kidding" habe ich irgendwie persönlich genommen. Vielleicht sollte ich mir eine Eiskrem gönnen. Alles wird gut.

>>> Geräusch des Tages: P. J. Harvey, Big Exit

Ausfallschritt | 01:11h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
fritz_ - Freitag, 10. August 2018, 15:23
No kidding. rofl

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kid37 - Freitag, 10. August 2018, 17:43
Egal, wohin ich fahre. Egal, wohin ich den Kopf auch drehe... Ich hab's nicht leicht.

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gaga - Freitag, 10. August 2018, 22:16
Das dritte Foto ist ein richtig tolles New York-Foto, man muss nicht erklären, wo es gemacht ist. Schauen die Farben in echt so aus?

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kid37 - Freitag, 10. August 2018, 22:44
Oh, danke. Ich habe ja meist versucht, die Wahrzeichen zu meiden... Das Licht ist tatsächlich anders, also im Sinne von eigenartig. So wie es an der Côte d'Azur anders ist. Aber hier habe ich es schon ein wenig sommerlich verzogen.

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gaga - Samstag, 11. August 2018, 18:12
mich interessieren Wahrzeichen schon, aber auch die geheimeren Winkel, die ebenso Wahrzeichen sein können. Der besondere Blick darauf ist es, den man zu den Milliarden Bildern, die es schon gibt, beitragen kann. Ohne Wahrzeichen wären die Metropolen ärmer und austauschbarer. Dazu gehören auch Orte wie das Chelsea Hotel oder das Chateau Marmont an der anderen Küste. Aber ich verstehe auch, dass man mitunter das Gefühl hat, an einem der Orte, die schon aus allen erdenklichen Winkeln abgelichtet wurden (und sekündlich kommen weitere auf Instagram dazu), keine Lust hat, sich zu verausgaben, denn es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass man dort ein Jahrhundertfoto einfängt. Aber sehen muss man diese Plätze und Ausblicke schon. Sonst ist so ein Trip keine runde Sache. Die Mischung machts. Wenn mir einer erzählen würde, er war in Wien und hat mehrere Monate in Kaisermühlen verbracht, aber war noch nie in der Secession, womöglich nicht einmal davor und hat überhaupt den ersten Bezirk und die Hofburg gemieden, müsste ich an dessen Verstand zweifeln.

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kid37 - Montag, 13. August 2018, 01:16
In die Secession kann man reingehen? Oida! Ja, sicher. Ich war schon auch ein paar Orte gucken (kommt noch), das gehört schon dazu, um von Städten oder Ländern einen Eindruck zu bekommen, Fixpunkte zu verstehen, auf die sich jeder einigen kann. Ich bin aber mehr ein sidestreet boy, tauche dann lieber ab an Nicht-Orte und/oder dorthin, wo Menschen wirklich wohnen und nicht nur so tun als ob. Mich beruhigt das auch, die Hotspots regen mich auf oder langweilen mich oder beides. Nachdem ich das Pflichtprogramm erledigt hatte, konnte ich mich ja auch in Ruhe treiben lassen, ohne inneren oder äußeren Zwang. Mal so heimlich unter die Teppichecken schauen.

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fritz_ - Montag, 13. August 2018, 02:51
Daumen!
Huch, ganz ungewohnt. Ich habe meinen gesamtem Haushalt nach Jahren heute abend wieder auf den Firefox-Browser zurückgebaut, hauptsächlich, weil mein alter Reiserechner prozessorlüftertechnisch bei weitem nicht so hysterisch laut mit Firefox umgeht, wie ich es auf dem Reiserechner mit Chrome gewohnt bin, sobald Chrome läuft. 50 % Prozessor, statt 5 % wie bei Firefox.
Neuerdings fängt mit Chrome sogar der Kühler des Standrechners zuverlässig zu Japsen an. weil Chrome offen ist und sonst nix, ganz was Neues, auf einem zwar 0815, aber modernen Bürorechner. Danke, dass ich das fix erzählen durfte mitten in Big Apfel!

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kuena - Montag, 13. August 2018, 02:56
@ fritz: Schon mal Opera versucht?

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gaga - Montag, 13. August 2018, 03:20
ohne Binsen bemühen zu wollen - ganz ernsthaft: Sehenswürdigkeiten sind nicht aus Versehen dazu geworden. Es gibt da immer einen massiven Grund dafür, der nicht nur aus Monumentalität und Vermarktung besteht. Große Bauwerke impniereen durch Größe, aber wenn sie auch noch mit historischer Bedeutung aufgeladen sind, kann man sich dem nur gewaltsam entziehen. Wenn sie auch noch schön sind, umso schwieriger. Und wozu auch. Warum? Wieso ignorieren oder kleiner machen als sie sind? Mir fällt kein Grund ein. Ins Monument Valley fährt man, um das Monument Valley zu sehen. In New York will ich Manhattan,, die Skyline, den ganzen Vibe, den man aus der Ferne von Kindesbeinen an via laufender Bilder inhaliert hat. die ganze Aura, den Hype, den Mythos. All das. Nichts weniger. Die kleinen Geschichten am Rande sind nett und man kann sich damit individueller profilieren, aber am Ende wollen wir einen Teil der Wahrzeichen-Wahrheit in unserem Herzen und Leben verankern. Und damit zurück nach Hause gehen, fliegen.

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fritz_ - Montag, 13. August 2018, 03:20
Ja, Opera habe ich probiert und kommt generell in Frage. Es ist halt schon ein unmenschlicher Akt, seine bequeme Symbolleiste, die Eselsohren und ein paar bequeme Add-Ons mundgerecht so zwischen FF und Chrome hin und her zu schieben, dass der Pantoffel bequem ist und gefühlt nach kurzer Zeit wieder derselbe ist, obwohl er es nicht ist. Bei Opera würden mir einige Sperenzchen an Add-ons fehlen.

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gaga - Montag, 13. August 2018, 03:27
P.S.
apropos Secession
http://gaga.twoday.net/stories/1022370584

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kid37 - Montag, 13. August 2018, 12:19
@Gaga: Sicher. Aber das hat ja auch viel mit den persönlichen Interessen zu tun. Die einen fahren hin, um günstig 'ne Jeans oder Turnschuhe zu kaufen. Andere fahren grundsätzlich total auf Architektur ab oder wollen Museen sehen. Ich bin jetzt nicht wirklich todesbeindruckt aus NY zurückgekommen, das mag jetzt noch andere Gründe haben. Meine Verfaßtheit z.B. Ich habe vieles tatsächlich nicht gesehen (Guggenheim z.B.), dafür aber doch vieles andere. Interessante Gespräche gehabt, das mit den Schlössern und Locker-boxes gelernt, kleine Museen besucht. Das Schöne an NY ist, es ist für alle was dabei. (Es folgen auch noch ein paar Beiträge - so weit die Lieder von Ms Harveys New-York-Album, was sie vor der Zeit bereits verblüffend hellsichtig über meine Reise geschrieben hat, reichen. )

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kid37 - Montag, 13. August 2018, 12:23
@ Fritz: Ich drücke Ihnen die Daumen. I feel you, wie man da draußen sagt. Zeigen Sie Ihren prozessorbelastenden Browsern das Schild oben: "No engine idling!" Kann bis zu 2000 USD kosten.

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zeilensturm - Montag, 13. August 2018, 13:01
Insgesamt ein wunderbares Reisetagebuch, vielen Dank!
Es ist ja nicht so, als ob nicht der eine oder die andere schon mal über diese kleine Stadt am Hudson geschrieben hätte. Aber hier wirkt es wie neu. No kidding!
Und: Welcome back home!

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kid37 - Donnerstag, 16. August 2018, 23:15
Danke! Langsam rückt es auch mehr ins Bewußtsein. Es war ja doch recht ereignisreich, die vielen Eindrücke habe ich erstmal verdrängt. Mittlerweile setzt das Wiedererkennen ein, auch wenn es mal Filmszenen irgendwo im Fernsehen gibt z.B. Ich gewinne jetzt Perspektive darüber.

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samojede - Donnerstag, 16. August 2018, 23:51
Kommen noch mehr # Folgen; ich will nicht ungeduldig sein oder was vorweg nehmen, aber ich muss jetzt wissen: Wie denken Sie über ~Talkin' New York~ von Dylan ❥?Ich war ja noch nie(mals) in New York und will auch nicht hin, aber sagt + singt er auch diesbezüglich die Wahrheit??

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kid37 - Freitag, 17. August 2018, 00:19
Ich weiß, ich hänge ein wenig. Es sind ja noch viele Lieder auf P.J. Harveys Album, das sie erstaunlicherweise vor der Zeit erstaunlich exakt über meine Zeit dort geschrieben hat. Jetzt mußte ich aber erstmal meine vier Staffeln Endeavour zu Ende schauen (unschöner Cliffhanger gerade). Das hielt mich etwas ab. Herrn Dylan werde ich diesbezüglich gerne überprüfen. Sie könnten mal hinfahren und die Plattencover überprüfen. Aber ich verstehe das. Ohne Arschtritt dezidierte Überredung hätte ich die Reise auch nie gemacht.

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samojede - Freitag, 17. August 2018, 01:07
Die Cover könnte ich tatsächlich überprüfen. Andererseits, ich hab kein Gefühl to the USA, also, außer Dylan natürlich, deshalb ist zb New York nicht so mein Reiseziel oder etwas, das mich reizt. Finds aber t o p, dass Sie das gemacht haben. Endeavour - klingt...auch nicht verkehrt. Ich bin ja Scott & Bailey Fan.

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fritz_ - Freitag, 17. August 2018, 01:43
New York ist nicht Amerika
vom 20. Oktober 1955
https://www.zeit.de/1955/42/new-york-ist-nicht-amerika

"Es sind die Gemeinplätze, die Nachdenkende oft veranlassen, sich im Gewirr abwegiger Gassen zu verlieren, statt jenen unbeachteten und überraschenden Perspektiven zu folgen, die sich von solchen Plätzen zuweilen erschließen. Der Satz „New York ist nicht Amerika“, den jeder Besucher der Vereinigten Staaten immer wieder zu hören bekommt, erweist seine Gültigkeit in einem ganz anderen Sinne, ..."

Wen es interessiert: Der Artikel müsste lesbar sein, wenn man es von einer Suchmaschine aus ansteuert.
Seite 2 endet auf "-amerika/seite-2", Seite 3 und 4 entsprechend.

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kid37 - Freitag, 17. August 2018, 13:16
Der Link funktioniert, vielen Dank. Interessanter Rückblick, ganz anderer Duktus natürlich, aber in manchem wohl noch sehr gültig. (Bowery scheint mir heute recht domestiziert, das war in den 50ern bestimmt ein ganz anderer Schnack). Damals standen die USA - oder besser vielleicht, der Sehnsuchtsort "Amerika" - ja eher noch als Versprechen von Aufbruch und Verheißung. Ich bin mir nicht sicher, ob ich heute noch "für länger" dorthin wollte. Die Seitenstraßen, das "Gewirr abwegiger Gassen" ist aber auch heute noch interessant.

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kid37 - Freitag, 17. August 2018, 13:19
@Samojede: Ich bin auch ein wenig stolz, das bewältigt zu haben. Es brauchte den Anstoß, aber erstmal dort, konnte ich zum Glück mein eigenes Tempo finden.

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