Donnerstag, 11. Februar 2010


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Die Unfähigkeit, konsequent zu sein. Das Verschwendete daran, die Aussichtslosigkeit. Das Verschwenderische daran, die Hoffnung.

| von kid37 um 11:20h | 9 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Montag, 8. Februar 2010


Axorock'n'lotl

Jetzt dreht das Feuilleton völlig durch. The Wunderkind ist Pynchon, Burroughs, John Dos Passos. Wie konnte man das übersehen.


 


Samstag, 6. Februar 2010


201024



Seit langer Zeit mal wieder auf einer dieser Abendveranstaltungen gewesen, auf denen man viele Hände schüttelt, Wassertiefen mit scheinbar harmlosen Fragen auslotet, hier und da auch mal direkter mit dem Finger bohrt, Anzugträger beobachtet, wie sie mit schiefgelegtem Köpfchen um wichtigere Anzugträger herumscharwenzeln, ein von einem Kellner mit österreichischem Akzent angedientes mikroskopisch kleines Wiener Schnitzl (Fingerfood: Es paßte in ein Teelichtglas) freundlich ablehnt, dafür verstohlen seine Kollegin beobachtet, die an eine Exfreundin erinnert, sich aber lieber sich selbst amüsierend darauf beschränkt, die eigenen Muster und Parallelen herauszuarbeiten. Dann die Auftaktfolgen einer wohl recht beliebten US-amerikanischen, reaktionären Paranoia-TV-Serie schauen, den feuchten Traum eines jeden Sicherheitspolitikers, kurz ein, zwei witzige Zeilen mit dem Grandseigneur des deutschen Nachrichtenmoderationswesen wechseln, der ebenfalls anwesend ist, dann wieder durch sein Bierglas starren, an den Heimweg denken. Eisige Zeiten und immer weniger Halt.


 


Freitag, 5. Februar 2010


Fampire Freitag

Für die kalten Nächte des Wochenendes bietet sich melancholischer Schrebbelkrach als mondtrunkener Begleiter an: Damn Laser Vampires führen die Tradition des halbschlechtgespielten Sperrholzrock munter voran, und das traurige Singen der Leadgitarre im verlinkten Stück schneidet ein Herz wie mit einer scharfen Gitarrensaite sauber entzwei.

Der Sekretärinnenlook der Bassistin* ist zudem purer Sex. Ich glaube, das sind Brasilianer, aber an ihrem Strand von Ipanema liegt wohl Sand aus schwarzem Teersplitt.

Nach diesem todesromantischen Video möchte man gleich eine bedrängte Schöne aus den Klauen eines unholden Lüstlings retten, doch ist eine gute Tat heuer schon, einer Großmutter über die vereiste Straße zu helfen. Es sind Wölfe da draußen, Mütterchen. Aber mir, mir kannst du vertrauen.

>>> Die passende B-Seite: John Spencer Blues Explosion, She Said

Radau | von kid37 um 14:05h | 13 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Donnerstag, 4. Februar 2010


Drehtagebuch, #1

In meinem neuen Film Eiskalt - A Hamburger Love Story spiele ich den brutalen Leibwächter eines hartgesottenen Kiezbarons. Da es sich um das Genre einer rabiaten Komödie handelt (deshalb auch die tätowierten Hände), meinte meine Schauspielagentin, das ginge schon ok, ich müsse einfach einen Drei-Tage-Bart tragen, den Geist von Viggo Mortensen channeln und dazu mein Buster-Keaton-Gesicht ziehen.

Heute stand eine Szene auf dem Drehplan, die man für gewöhnlich ans Ende der Arbeiten legt, für den Fall, daß dem Darsteller etwas passiert. Weil wir hier in Hamburg sind, also authentisch, war es aber die Auftaktszene. Zum Warmwerden. Laut Skript mußte ich im Halbdunkel auf einer Nebenstraße in St. Pauli (wir drehten aber woanders, im Film wird ja grundsätzlich gelogen), zielstrebig übers Eis gehen, werde dabei aber von einem unsichtbaren Gegner niedergeschlagen (es ist ein bißchen auch eine surrealistische Komödie). Da ich meine Stunts immer selber mache, schickte ich mein Körperdouble also zu Dittsches Imbiß und absolvierte derweil eine meiner berühmten One-Take-Scenes (Ich hasse Wiederholungen, vor allem bei der Arbeit). Also los, zielstrebig übers Eis, dabei eine Tasche mit Einkäufen für das Abendessen mit dem Kiezbaron in der Hand - und zack! schlug mich mitten auf dem vereisten Bürgersteig dieser feige Mistkerl von einem unsichtbaren Gegner nieder! Alles nach Plan, bis auf eine umstehende junge Dame, die den Unsichtbaren natürlich nicht sehen konnte und sich wunderte, warum dieser wie ein durchtrainierter Bodyguard wirkende Bär-von-einem-Mann (damit bin ich gemeint) urplötzlich der Länge nach über das Eis schlitterte, dabei aber die Rutschpartie geschickt (ich bitte darum) mit seinem Gesicht abbremste (die Hände hatte ich ja nicht frei, weil:) und dabei seine Einkäufe verbissen mit den Händen umklammerte verteidigte (wenn ich einen Auftrag habe, habe ich einen Auftrag).

(Da es sich um eine A-Produktion handelt, konnte ich, als sich die junge Dame besorgt über mich beugte, den berühmten B-Film-Spruch "Lassen Sie mich liegen, allein können Sie es schaffen" nicht bringen.)

Pesto gerettet, Gelenke gestaucht, Kopf ein Brummschädel - aber alles für die Kunst. Es wird mein Durchbruch nach Hollywood sein, die Sterne kann ich schon sehen. Good Night, and Good Luck, ich leg' mich jetzt aber lieber kurz mal hin.


 


Mittwoch, 3. Februar 2010


Merz/Bow #21

Dieses Schnee- und Eisgejammer all überall unter Tannenspitzen. Jetzt haben wir einmal einen normalen Winter, schon kommen sie mit ihren Flatterhöschen und Polyesterjäckchen nicht mehr durch, stellt das Fitschen und Schliddern über die eisbeschuppten Bürgersteige eine körperliche Anstrengung dar, die den balance-entwöhnten Bürostuhlhockern die rollsplittbestachelte Kraft des physisch Faktischen in ihre virtuelle iPod-Zwitscherwelt zurückhämmert. Das geht und hoffentlich noch zwei Wochen lang.

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Dann ist aber auch mal gut.

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Es gibt so Tage, wo man kurz noch mal die Wege gedanklich zurückmarschiert, bis dorthin, wo Anflüge spontaner Euphorie kleine Marken setzten, bis dahin, wo sich ein Weg gegabelt haben muß, ganz unmerklich, so daß man es erst nicht recht mitbekam. Bis ins Brückenlose, bis ins Unhörbare. Die unübersichtliche Stelle, an der man die Sicht verloren hat. Als die Stimme plötzlich nur noch Stille war. Ach.

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Gleich einer Ente perlt dem einem das meiste den rutschigen Rücken runter, verkneift man sich Sottise und Spott, ein anderer weint deutlich stilller vor sich hin, man will ja nicht langweilen, es dreht sich ja alles in endlosen Spiralen und längst nicht so fotografisch wie Uzumaki.

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Derzeit arbeite ich in der Entwicklungsredaktion von gleich zwei neuen Zeitschriften: Kultur & Verzweiflung und Irrsinn & Recherche. Fördergelder beim Hamburger Senat sind bereits beantragt, Kultur wird hier ja großgeschrieben, es steht dann auch was über die Elbphilharmonie drin. Das eine Heft wird in Teerpappe gebunden sein, das andere eine DVD enthalten mit verwackelten Kurzfilmen sogenannter "Filmemacher" (as in "I'm a Filmemacher, too, you know"), die durch ein halbdunkles Abbruchhaus stapfen, bis die Kamera (und le Auteur) vor einer Wand mit einer großen "37" Halt macht.

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Da staunt ihr.

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Haben wollen.

MerzBow | von kid37 um 14:58h | 10 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Dienstag, 2. Februar 2010


Als der Dichter irrte



Viele kennen das. Man öffnet ein Buch und entdeckt den inneren Lektor in sich. Was erlauben Dichter! Die Sätze schlecht gestellt, die Zeilen plump gefüllt, die Wörter falsch plaziert! Schnell ist der Stift gezückt, ein Grollen unterdrückt, seufzend sitzt man wie ein Korrektor über den Arbeiten seiner Untersekunda, Hände über den Kopf zusammenschlagend, aber: Man hilft ja gern, so ist es nicht! Irgendwann ist die Arbeit getan, ein paar mutmachende Zeilen oder auch vernichtende dazugeschrieben, das Buch, nun verbessert und von Fehlern getilgt, zurück in den Verkehr gebracht. Wikilesia, demokratische Literatur, hochmodern, Partizipationsästhetik, hermeneutisches Zirkelschreiben, bis alles genehm und genehmigt und von höchstem Anspruch.

(Bibliotheksfund. Ein Leser hat Baudelaires Les Fleur du mal redigiert und zurückgestellt.)

via Bebellestrange und +