
Dienstag, 15. September 2009
Da ich hier ja meist betrüblich im Dunkeln sitze und auch keine laute Musik höre, möchte mein Stromversorger mir Geld zurücküberweisen. Verbrauchsreduziertes Leben führt zu Wachstum, der Beweis ist erbracht! Aus reinem Übermut allerdings schleppte ich später sog. Sellerie vom Lebensmittelversorger nach Hause. Das lag aber daran, daß ich mich erinnerte, wie wir als Kinder auf dem kargen Acker meiner Tante heimlich die Blätter des Selleries pflückten und zwischen den Händen zerrieben, um begierig den Geruch einzuatmen. Der wiederum erinnerte uns an warmes Essen, das es aber nur sonntags gab. Damals war ja die Zeit, als Stromversorger noch nichts zurücküberwiesen und folglich eine große Armut über dem Land lag.
Jetzt habe ich die Blätter und Stengel erst einmal in Wasser gestellt. Mit dem Rest kann ich nichts anfangen. Den würde ich verkochen müssen - was aber den Stromverbrauch erhöht, so daß mich mein Stromversorger am Ende des Jahres zur Nachzahlung auffordern wird. Ein Teufelskraut.

Dienstag, 15. September 2009
Beim letzten Mal im Juli fehlten am Ende vier Zähne - und eine Menge Antworten. Die Wiederholung sollte bitteschön entspannter werden. Und bis auf die freundlichen Kontaktsbereichbeamten, die schulterpolsterfrei durch die Angebote schlurften, waren diesmal im Vorfeld keine Kampfeinheiten in Sicht. Putzig fast das Kamerateam auf dem Balkon einer Anliegerwohnung, das mäßig unauffällig mit dickem Equipment die Besucher filmte. Ich mache ein Bild von der Hausfassade, ein Kollege auf dem Balkon stupst den Kameramann an, macht ihn auf mich aufmerksam. Der schwenkt herum und richtet sein Objektiv auf mich. So filmen und fotografieren wir uns eine Weile gegenseitig, schöne neue Überwachungswelt. Ich bedaure, nicht wie Herr Giardino ein Schild hochhalten zu können. Ein ganz normales Pärchen, Typ Mittvierziger Flohmarktgänger, spricht mich an, die beiden sind halb empört. Auch sie sind genervt von diesem Überwachungswahn, das Thema ist in der "Mitte" angekommen. "Vielleicht bloß ein TV-Team", sage ich und zwinker mit dem Auge. "Nee", meint der Mann und lacht. "Dafür fehlt der bekiffte Blick".
Ach, diese Jungs immer mit ihrem Spielzeug. Ich weiß noch, damals in den 80ern, wie auf irgendwelchen Friedensdemos sich so Staatsschutzmilchbubis an die Wand und in Hauseingänge drückten und verschwörerisch und wahnsinnig unauffällig in ihre beigefarbenen Windjacken mit Strickbündchenärmeln flüsterten - dort, wo klobiges Sprechfunkgerät den billigen Stoff auswölbte. Niemand konnte das alles ernst nehmen. Ich meine, Strickbündchen!
Schön war's. Zwischen den Flohmarktständen, Bücher- und Plunderbuden reihte sich verführerische internationale Imbißkultur, irgendwo probierte ich eine südamerikanische "Revolutionsspeise". Interessant, sage ich mal, aber meine Truppen würden mit einem ordentlichen Käsebrot im Tornister zum Marsch aufbrechen. Ehe aber die Krawalleros kommen, dann lieber weiter, einer anderen Nacht und anderen Freiräumen entgegen. Den Pulsschlag spüren.

Freitag, 11. September 2009
Herr Monopixel war so freundlich, mich mit einem dieser sogenannten Stöckchen zu bewerfen, Dingen, vor denen ich meist in Deckung gehe, aber man soll sich andererseits ja auch nicht immer zieren. Es ist schließlich casual Friday und das Ganze bestimmt für einen guten Zweck. (Und ich bin gespannt, was andere Rechner aus diesen Sonderzeichen machen.)
Are you male or female?
♫
Describe yourself:
♫
How do you feel about yourself?
♫
Describe your current boy/girl situation:
♫
Describe your current location:
♫
Describe where you want to be:
♫
Your best friends are:
♫
My favourite colour is:
♫
You know that…
♫
How’s the weather?
♫
If your life was a television show what would it be called?
♫
What is life to you?
♫
What is the best advice you have to give?
♫
If you could change your name what would you change it to?
♫
Wenn sie mögen, dürfen Frau Fishy, Herr Mark, und natürlich Frau Klugscheißer weitermachen.

Donnerstag, 10. September 2009
Gibt es etwas Entspannenderes als an einem aus der Saison gefallenen Badesee zu sitzen, wenn sich einem keine neuen Eliten manifestieren oder Sich-Sachen-Ausdenker in den holprigen Waldweg stellen, sondern zum Glück einfach bloß spazierende Rentner und unbeirrt picknickende Pärchen, die das erste Herbstwochenende in dichtere Funktionskleidung und unter die gemeinsame, WLan-freie Kapuze zwingt? Ich finde nein. Man möchte nachforschen dann selteneren Arten, darauf warten, wie sich die Blätter verfärben, und nachdenken möchte man, ob man das eigene Heim nicht gleichsam neuen Farbregistern unterwerfen sollte, während sich im medialen Raum eine überschaubare Riege von "Ich will hier rein"-Zaun-Rüttlern locker hin- und herkomplimentiert. Rot ist vielleicht tatsächlich eine Option, und wenn die vier Damen so hübsch anpacken wie sie aussehen, ist der Anstrich schnell geschafft.
Im Anschluß reichte ich Kekse, frisches Wasser und ein Lächeln. Meine Seilschaften sollen die schönsten sein.

Sonntag, 6. September 2009
Der King, sollte jemand fragen, lebt. In Finnland. Er verbringt dort eine vergnügte Zeit in einem oft dunklen Land mit einer skurrilen Sprache, die außer ihm nur andere Rock'n'Roll-Sänger sprechen. An Lagerfeuern und den zahlreichen Seen treibt er Schabernack mit bildhübschen lappländischen Mädchen (ich habe heute eines davon gesehen), rudert Boote und begleitet sein Gitarrenspiel mit einem Hüftschwung, der nicht nur unter den Holzfällern dort seinesgleichen sucht.
Woher nun ausgerechnet ich dies alles weiß? Nun, Feinkunst Krüger zeigt derzeit die Bilder des finnischen Malers Markku Laakso. Der malt Elvis hinein in folkloristische Szenen und bereichert seine Genrebilder vom locus amoenus um einen verschrobenen und hintersinnig-lakonischen Witz, wie man ihn nach drei Glas Bier obergärig nach innen lacht. Dazu gab es auf der Vernissage wunderbar verschrabbelten, finnischen Rock'n'Roll. Ich glaube, da gibt es viel zu entdecken, wenn ich DJ Litmanen richtig verstanden habe, und vielleicht sollten meine Tanzschuhe und ich die Urlaubsziele für die nächsten Jahre noch einmal überdenken.
Gleich nebenan, in der Bernhard-Nocht-Straße, gab es den Tag über noch mehr Musik. Abends spielten die Goldenen Zitronen Lieder vom kommenden Album Die Entstehung der Nacht und traten der drohenden Gentrifizierung des Viertels von der dichtumdrängten Bühne in den Arsch. Das "Lied der Medienpartner" hat mir dabei besonders gut gefallen, beinahe spontan konnte ich jede Zeile mitsingen. Punkfolklore.
Wer am Sonntag nicht zu Múm ins Knust geht (die kommen aber aus Island), darf alternativ um 21.00 Uhr die einzigartige Perfomance von Markku Laakso und Annika Dahlsten in der Meanie Bar sehen. Die greift die Familiengeschichte des Urgroßvaters des Malers auf, der 1928 Folkloredarsteller war bei einer Völkerschau bei Hagenbecks. Minä en puhu suomea, aber so hängt alles mit allem zusammen. Mit aufgeschlagenen Knien.
>>> Bilder der Ausstellung
(Markku Laakso, "Arctic Burning Sensation". Feinkunst Krüger, Hamburg. Bis Ende September 2009.)

Freitag, 4. September 2009
Manchmal reite ich - My Rifle, My Pony And Me - hinaus vor die Stadt, dem endlosen Horizont des norddeutschen Flachlands, den weiten Plains, entgegen. Ich sage dann Yeah, spucke aus in den Staub der Wege, die von der letzten Stampede der Holsteiner Kühe ordentlich aufgewühlt sind, und reite weiter, langsam, unbeirrt, in Städtchen, yeah, die auf Brook oder Horn enden, wie da so ist hier rund um Kalifornien.
Manchmal spucke ich aus, wegen dem schlechten Geschmack im Mund, der sich einstellt. Wenn man an dieses denkt oder jenes. Und mag mancher Kitty das Herz auch brechen, dann muß ich weiter und Little oder Big Horn verlassen. Oder SoundsoBrook. Denn irgendwo, da draußen, yeah, habe ich eine Verabredung. Mit den Mädels vom Immenhof.

Donnerstag, 3. September 2009
Heute liegt die Trude im Regen.
