Donnerstag, 30. Oktober 2008


Maggie, die Katze

Vielleicht ist es falsch, seine Vorstellung von Loyalität aus einem Tennessee-Williams-Stück herzuleiten. In Zeiten, in denen man einen lädierten Fuß hat, ist es allerdings gut, eine Katze im Haus zu haben, die auch kämpfen will.

Super 8 | von kid37 um 23:23h | 12 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Dienstag, 28. Oktober 2008


Man hat mir nie einen Rosengarten versprochen


And the whirlwind is in the thorn tree.

(J. C., "When The Man Comes Around")



Und trotzdem kommt er ungefragt zu mir. Die Dornen, die Blüten auch. Immer ein bißchen Hoffnung, immer die Überraschung, die sich zwischen das Basilikum gräbt. Steißgeburt, sagt meine Mutter. Ich war schon immer ein wenig eigen.


 


Samstag, 25. Oktober 2008


Die Tage zählen

Früher hat man ja, möglicherweise leicht angetüddelt, sich abends oder später an den Rechner gesetzt, gehofft, daß Blogger.de nicht mittendrin abstürzt und alles ins Nichts reißt und irgendwelchen, womöglich sogar emotional geprägten Unsinn gebloggt. Heute geht das auch ohne Alkohol, aber lange nicht mehr so gut.

Der Spaß, heißt es, sei irgendwie vorbei. It just ain't fun anymore, und wenn ich wüßte, aus welchem Film das wieder war, könnte ich öfter einmal fünf Minuten eher einschlafen. Maulkörbe, Gelangweiltsein vom eigenen Tun & Treiben, falsche Rücksichten und richtige noch dazu, das Schleifendrehen in der immergleichen Sisyphosprojektion - indes am Ende einer harten Arbeitswoche, so die Kollegin, mit der ich heute auf dem Heimweg ging, ist man froh, wenn nicht allzuviel für die Montagskehrbesen übrig bleibt.

Mancher Peinlichkeit wünschte man im Nachhinein die [del]-Taste, aber, so antwortete ich heute meiner Kollegin, wir haben auch ganz schön was weggeschafft. Die Hornhaut auf den Fingerspitzen, die Stahlplatten über dem Herzen, die goldbedampfte Sonnenbrille gegen die Strahlen aus der Zukunft - man ist ja auch gewachsen womöglich.

Der frohe Spott, der unbedachte Witz, die schlecht verborgene Liebeserklärung, der enttäuschte Zorn. Die Menschen, die man traf, die paar, die man besser nicht getroffen hätte. Träume auch und ein paar zu laute Versprechen. Die Biere bei Kehrwieder, die Reisen, das Vorlesen, die falschen Hoffnungen. Zwischendurch das Immerweitermachen, immerhin, die augenrollenden Freunde, die sehr schöne Frau™, die zu klug für all das war, die Rollschuhchampionesse, die ihr eigenes Geschick nicht kennt, die Frau, die das Lied von Moloko mit mir nicht teilen wollte, die Frau, die mir am Ende die Leviten las.

Die Freunde, die fremden Städte, die oft so unverdiente Hilfe, das spontane Picknick auf dem Friedhof, die Kaffeetafeln in verwunschen wunderlichen Gärten, die Schickanedernächte, und all die, die um ihre Gesten wohl gar nicht wissen. Nothing can come close to this familiar feeling.

Früher hat man diese trunkenen, womöglich emotionalen Dinge gebloggt.


 


Donnerstag, 23. Oktober 2008


House of the Blassen Sun



Mein kleiner Stadtteil verliert zusehends seinen proletarischen Polyestercharme. Immer häufiger treffe ich junge Menschen mit Umhängetaschen aus Lastkraftwagenplane an. Auch wurden erste Mac-Books in der Umgebung gesichtet, von einem Café ist die Rede, man möchte die funknetzwerkbefeuerten Assoziationen gar nicht zu Ende denken. Günstige Mieten treiben diese Menschen in die im Grunde weißkartographierte Welt östlich der Alster, ein Gebiet, das vom vergewöhnlichen Eimsbütteleppendorfer oder galaoszenigen Pauli-Ottenser meist als unerforscht oder bestenfalls unzureichend zivilisiert bezeichnet wird. Auch beherrschen augenscheinlich Bilder kriegszerbombter Trümmerwüsten die satinierten Fernurteilshirne, denen wohl das Dröhnen der Bomber-Harris-Geschwader an weißen ipod-Hörern vorbei noch in den Ohren klingt.

Ja, und die Russen erst! Da immerhin ist etwas dran, denn im Vielvölkergemisch meiner U-Bahn fallen morgens bereits sehr viele sehr junge, sehr schöne Djäwuschkas auf, ins Stadtzentrum unterwegs auf dem Weg zur Sekretärinnenschule oder Supermodelagentur. Ihre Brüder, vom kargen Haar oft und großem Durst, sind meist zu dreist oder viert unterwegs. Aber immer mit sich selbst beschäftigt, Uhrenkollektionen in Plastiktüten mit sich führend oder Schorf abpuhlend. Einmal sah ich einen Burschen gedankenverloren mit seinem Schlagring spielen. Dafür sieht man kaum noch Kampfhunde im Revier zwischen LKW-Strich und Hamburgs tollster Lesebühne.

Die nun zuströmenden Studenten und Medienprostituierten werden mir wohl bald die Aussicht versauen. Die freidichtende Radikal-Bohème vom Rauhen Haus wird die Plakatwände besetzt finden von Edgar-Karten, Demo-Aufrufen und Ausstellungshinweisen. Bei mir im Haus hat nun eine Studentinnen-WG Einzug gehalten. Beim wöchentlichen Versuch, dort eine Tasse Zucker zu leihen, traf ich dort langhaarige junge Damen vor, zum Glück herrenbesuchslos, freundlich, das Leben noch vor sich. Während ich ihnen ein frisch ausgedrucktes Exemplar der Hausordnung überreichte (Keine Jogginghosen im Treppenhaus! Nur amtliche Musik!) und sie was von "schöner Aussicht" murmelten, ermahnte ich sie eindringlich, aber nicht weitersagen!. Sonst heißt es bald UNESCO-Weltkulturerbe, und als nächstes philosophiert Dittsche dann aus der pittoresken Tristesse vom Biller Grill ("Marion's Imbiss - Frühstück schon ab 5.30 Uhr!!!").

Die Welt ist im Wandel also. Eine neue Hölle von Qualen der Angst! (Strindberg). Sie werden hier Galerien einschleppen wie eine unheimliche Virusinfektion. Straßencafés und Bio-Bäckereien werden sich wie Spaltkeile zwischen Autohäuser und Gewerbebrachen zwängen und womöglich eine Krankheit namens Flair einschleppen. Blasser wird die Sonne hinterm Rauhen Haus versinken.


 


Mittwoch, 22. Oktober 2008


Herbstklang

Zeit für milderes Licht.

| von kid37 um 15:53h | 20 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Dienstag, 21. Oktober 2008


Der gefundene Satz, #46

Das Leben junger Leute, vom Verlust an Orientierungen schon genug geplagt, wird korrumpiert vom falschen Denken der Konsumgesellschaft. Strunk zeigt, wie viel Unheil die auf gute Laune gedrillte und von ihm dafür in Grund und Boden verachtete Kreativszene anrichtet, indem sie den Leidensgrund des Daseins übersieht.

(Edo Reents in der FAZ, 15.10.2008)


 


Sonntag, 19. Oktober 2008


Die Korrekturen



Seit einiger Zeit mein engerer Begleiter. Das Korrekturlesen wissenschaftlicher Arbeiten macht müde. Okularneurologisch. Aber man lernt ungeheuer dazu. Geduldiges Diskutieren. Die Absurditäten der sogenannten so genannten neuen Rechtschreibung. Den Umgang mit dem Unglauben. Man möchte täglich zum Herrgott beten in Mannheim anrufen!



Das Pathologische des Ausfluchtwesens. Die Symptome sind wirklich, sagt das Diagnosehandbuch, deutlich zu erkennen. Wenn man will und die Augen nicht verschließt. Oder die Ohren. Die Bands heißen "Binnenmajuskel" oder "Die Zystoskopen". Die Musik ist Bastian sick.