
Montag, 12. Mai 2008
11. Mai. Man kann den Möwen Schopenhauer deklamieren in der Ostsee baden. Und die Neigungsgruppe Rot & Käppchen hat das Geheimnis des Korbes gelüftet.
Ihr müßt auch mal mehr rausgehen.

Samstag, 10. Mai 2008
Im Winter habe ich gerne Carnivale geschaut, eine großartige HBO-Serie voller mysteriösem Gedöns, barbusigen Tänzerinnen und Zirkusvolk. Gibt es demnächst auch in einer deutschen Synchronisation, unbedingt ansehen. Jetzt, wo das Wetter wechselt, bleibt man gerne beim C und wechselt zu Californication, wo David Duchovny ein wenig an seine Rolle in Trust The Man (natürlich nicht!) anknüpft. Wunderbar. Ich mag den Mann, seit ich vor Jahren mit der sehr schönen Frau™ immer Akte X sah. Wegen unseres gemeinsamen Interesse am Skurrilen, unseren Brillen und der Farbe unserer Haare sahen wir selber ein wenig so aus wie Mulder & Scully - leider gelang es uns nicht, einen Platz für den Look-a-like-Wettbewerb eines Fantreffens zu ergattern. Sonst jetzt Weltkarriere. Ach was sage ich, internationaler Durchbruch! Eine schöne Erinnerung, vor allem in Zeiten, da man die Wahrheit wieder irgendwo da draußen suchen muß. Oder in schlammbespritzten Heuschobern.
Viel verlockender aber, wir bleiben beim schönen Wetter, ist das Versprechen, das in diesem Korb wartet. Mein kleines Picknick. Nicht schauen, selber tun. Und dabei an Carnivale denken. Der nächste Herbst kommt bestimmt.

Freitag, 9. Mai 2008
Manchmal ist das Leben schon verrückt. Gerade wenn man denkt, es geht nicht mehr, alle Züge sind davongefahren und man selbst steht da, ratlos, einsam vielleicht und etwas verloren. An einer staubigen Bushaltestelle wie Cary Grant in Der unsichtbare Dritte - und man muß sogar noch vorsichtig sein, wenn man einem kleinen Flugzeug winkt. Mit einem freundlichen Hallo.
Und dann blitzen sie auf, die kleinen Momente, die zeigen, wozu vielleicht doch alles gut war, wie sich neue Möglichkeiten ergeben, wie alles zusammenpaßt auf schier unglaubliche und ungeahnte Weise. Baby, wenn du kommen möchtest, einfach reden vielleicht, schick mir eine Mail, die Adresse steht links. Hauptsache, du hast ein bißchen Interesse an mir und suchst nicht nur einen Platz, um dich auszuruhen. Wir gehen dann tanzen und können auch so Sachen machen. Ich bin da ganz offen.

Donnerstag, 8. Mai 2008
Et contient tout les extases;
Pour dire les plus longues phrases;
Elle n'a pas besoin de mots.
(Charles Baudelaire, "Le Chat")
Liebe Lu, du mußt jetzt tapfer sein! In der bei meinen naturkundlich interessierten Lesern wie von übertriebenen Liebesschwüren geplagten und immer noch losen Reihe Mit toten Tieren durch das Jahr möchte ich heute des Bloggers Menschen liebsten Freund vorstellen: die Katze. Eine Leserin, die anonym bleiben möchte, der aber unbesehen unser aller Dank gebührt, hat mir dieses Foto überlassen. Auch wenn die Nähe der Straße etwas Schlimmeres suggeriert - der elegante Jäger hat sich dort selbstverständlich nur zum Schlafen hergelegt. Vielleicht war er vom langen Warten erschöpft. Vielleicht war auch sein Herz ein wenig gebrochen. Vielleicht hat er lange ein Spiel spielen müssen und war darüber müde geworden. Vielleicht hat er vertraut. Katzen, das ist bekannt, haben ihren eigenen Kopf und bestimmen selbst das Ende.
Ich hatte auch mal so einen getigerten Kater, vor vielen Jahren. Der war wie ich, ruhig, ein wenig naiv, eher vorsichtig denn übermütig und Langschläfer. Wir haben viel gelacht, einmal allein zusammen über einer Dose Ravioli Heiligabend verbracht und Silvester auch. Er konnte alle Türen öffnen und die zu meinem Herzen auch. Eines nachts ist er in meinen Armen gestorben, und ich wollte danach kein Tier mehr. Weil ja nie etwas bleibt.

Mittwoch, 7. Mai 2008
Zurück in der liebreizenden Welt des Wunderlichen. Wer noch unbefangen Staunen kann und nicht nur mit Häme urteilen, dem mögen die Arbeiten von Wayne Martin Belger buchstäblich eine neue Sicht eröffnen. Der Künstler baut Lochbildkameras aus den unterschiedlichsten Materialien. Aluminium oder Holz wollen noch einleuchten, Kupfer und Gold erscheinen schon ungewöhnlicher. Belger geht viele Schritte weiter und entwickelte Kameras aus bizarren Artefakten und rostigen Fundstücken, organischen Materialien, Insekten, menschlichen Schädeln, Organen oder HIV-positivem Blut: "...all designed to be the sacred bridge of a communion offering between myself and the subject. All to witness and be a tool of the horrors of creation and the beauty of decay presented by the author light and time."
Es sind keine Kameras, es sind magische Mysterienkästen. Und tolle Fotos macht Belger damit auch. Er muß mein verlorener Zwilling sein.
>>> Wayne Martin Belgers Webseite

Dienstag, 6. Mai 2008
Man möchte nicht verloren gehen. Man möchte wissen, wo man ist und mit wem man es zu tun hat. Gewiß sein. Man möchte die Dinge beim Namen nennen. Können.
Man will auch dem toten Tier furchtlos ins Auge blicken und ein "Du warst" als letztes Lob auf den Weg geben. "Du warst Neuntöter", um ein Beispiel zu nennen.
Für meine Expeditionen unter den Lieblingsbaum im Park werde ich dieses Jahr gewappnet sein. Ich werden den Namens des Baums aussprechen können und die all meiner mehrbeinigen Besucher nicht minder freundlich. Wir werden höflich zueinander sein, friedlich beieinander sitzen und uns für die Bücher interessieren, die ich dort lesen werde. Oder schreiben. Es gibt jeden Tag soviel neues zu lernen. Das, so sage ich, ist das Spannende.

Montag, 5. Mai 2008
Ein perfekter Tag, herrliches Wetter lockt die Neigungsgruppe Elbe & Aussicht hinaus an den Fluß. Unternehmungen müssen ja nicht spektakulär sein, was nutzen Klang, Schall und Rauch, es gibt andere Qualitäten, für die man sich bloß Zeit nehmen muß. Die Sonne genießen. Mit der Fähre geht es hinaus, an den Docks vorbei und dem übermütigem Schiffsverkehr. Unten am Strand lauter Sonnenrebellen, niemand hält sich hier ans Grillverbot. Man wird dereinst Fragen standhalten müssen: Seymour hatte möglicherweise sechs Zehen, wir aber sind friedlich, treten stets sachte, bleiben beschuht und in gestreifter Uniform. Zu sagen gibt es ja nicht viel, wenn man zusammen schweigen kann. Sonnenwarme Ruhe, sich wieder gemocht fühlen, die Affen tanzen heute ohne Helios. Wir aber wollen der eigenen Müdigkeit voranlaufen, auf eine andere Erschöpftheit zu. Steine, die im Wasser liegen, hautentspannte Tagträume, der eigene Hunger braucht schließlich kein Fernsehprogramm.
Im Karoeck einfach sitzen. Schaumlos, traumlos, im letzten Hauch der Abendsonne. Perfekte Stunden. Ich erzähle von der See, ich erzähle von den anderen Tagen. Dem Blut auf dem Boden und Sonnenbrillen, die wie ein Herz geformt sind. Von schweren Motoren und leichten Mädchen und wie die Mosaikstücke in immer neuen Mustern zusammenfallen. Wenn man es nur wagt. Wie man nie dort bleiben darf, wo man nicht gewollt ist. Wie mich die Kunst lehrte, daß Herzen sehr weit sein dürfen, aber niemals verräterisch.
Still für mich mache ich mir eine Notiz, an solchen Tagen wieder Salinger zu lesen, emotionale Strömungslehre am großen Fluß. Anschließend aber, die Muse ruft, erst noch zu Kunst & Trunk beim famosen Herrn Krüger.
Der zeigt derzeit die Ausstellung "Aus dem Orchester nächtlicher, gleichsam erhöhter Räume hervortretende Balkone über dem leeren" von Lily Wittenburg. Filigrane Zeichnungen, hingetuschter asiatischer Einfluß , die Abszenz des Individuums, Fragmente einer flüchtigen Erinnerung: Lily Wittenburgs Arbeiten verbreiten eine zarte Atmosphäre, halten eine fragile Stimmung derart im Gleichgewicht, daß man nur leise aufzutreten wagt.
(Lily Wittenburg. "Aus dem Orchester nächtlicher, gleichsam erhöhter Räume hervortretende Balkone über dem leeren". Feinkunst Krüger, Hamburg. Noch bis zum 24.5.2008)
