Dienstag, 7. Juni 2005


Vive les Bouquinistes!

Einmal im Jahr, zur "Nacht der Kirchen", findet rund um die kleine Kirche in meiner Nachbarschaft ein Bücherbasar statt. Jedes Buch 50 Cents, so lautet die Losung des Wochenendes. Dazu gibt es von gütigen Händen selbstgebackenen Kuchen und Blümchenkaffee zu Preisen der Nachkriegszeit. Große Rührung und Begeisterung inklusive.

Das unbeständige Schau(d)erwetter sorgte unter den Planen im Pfarrgarten für wohlige Stimmung. Während man generationenübergreifend köstliche Kuchenkreationen verspeiste, tobten Blitz und Donner und ergossen sich biblische Regenfluten über dem zitternden Segeltuch. Aber fest steht das Kreuz, mag auch der Erdball wanken. Ich denke, das war bloß der Stoff, aus dem die Gesprächsthemen der alten Leutchen der nächsten drei Monate gewoben wurden.


Für jeweils 50 Cents mag ich mich über
Djuna Barnes, Die Nacht in den Wäldern (Wagenbach)
Charles Baudelaire, Die Tänzerin Fanfarlo und Der Spleen von Paris (Diogenes)
G. G. Márquez, Die Liebe in den Zeiten der Cholera (dtv) und
Gertrude Stein, Q.E.D. (Suhrkamp) ergötzen.

Und ganz besonders freue ich mich, daß ich den mittlerweile vierten Pitigrilli-Band in der hübschen Rowohlt-Ausgabe mit den Holzschnitt-Covern von Hendrik Dorgathen erstanden habe. Die Erzählungen aus Der falsche Weg werden mich hoffentlich auf den richtigen führen.

Danach zur Elbart. In über 20 Metern Tiefe präsentieren Künstler in der 420 Meter langen Röhre des alten Elbtunnels Fotografie und Malerei. Wie schon häufiger, überstrahlte aber auch dieses Jahr der Austragungsort ein klein wenig die Qualität der Werke. Jedenfalls, was das große und ganze angeht. Dennoch: ein bemerkenswertes Projekt, das immerhin Jahr für Jahr ein paar tausend Menschen zur Kunst bringt. Ein netter Wochenendspaß ist es allemal. Ist es.


 


Montag, 6. Juni 2005


Beinkleid der Woche

Man kann eben alles auf die Spitze treiben. Yuko Shimizus Illustrationen von Strümpfen eines bestimmten Musters.

(Ich will hier nicht zuviel verraten!)


 


Montag, 6. Juni 2005


Bitkraft

Solche Seiten erinnern mich immer daran, daß ich das Hermetische Café mal wieder optisch überarbeiten könnte. Oder eine andere Webseite.
Die Seite Bitkraft des kanadischen Designers Philip Glofcheskie besitzt diesen charmanten Retro-Touch zwischen le Grand Guignol, viktorianischem Maschinenzeitalter, dem L'Age d'Or du Fetishisme und der ebenso goldenen Zeit der Radiobastler.

Von dort übrigens die Links auf Das Kafka-Projekt und alte Polnische Radios. (via Wurzeltod)


 


Freitag, 3. Juni 2005


Malignes, Benignes

Mißmut legt sich über alles. Wie eine Decke aus Gleichgult. Ennui wäre schon zu aufgeladen. Morgens in den Spiegel und schauen und aus der unrasierten Haut "War da was?" murmeln. Kann man machen. Kann man auch nicht machen. Gestern ungefähr 20 Kubikmeter altes Papier entsorgt. Augeschnittene Zeitungsartikel, aufbewahrte Magazine. Kategorie: Was ich noch lesen wollte. Jetzt war es zu alt, um es noch zu lesen. Und noch nicht alt genug, um es unbefangen oder mit Entdeckerlust neu zu lesen.

Oder wenigstens in Ehren aufzubewahren. Nun ist es weg. Und natürlich ist kein Unterschied zu sehen, der Stapel ist immer noch hoch genug. Am Wochenende ist Bücherbasar. Ich habe eine Tüte als Spende bereitgestellt. Und werde wahrscheinlich mit zwei Tüten zurückkehren.

Mit den Erinnerungen verhält es sich ähnlich. Man pflügt und wühlt und trägt den alten Plunder zum Sammelcontainer. Und ist überrascht, wieviel sich immer noch findet. Unvermutet. Zwischen den Seiten alter Bücher. Vermengt unter den Wollmäusen. Man schaut unter das Eisenbett auf der Suche nach dem Nachtmahr. Oder aus anderen Gründen. Es findet sich und findet sich. Und sei es nur, weil jemand fremdes in die staubigen Ecken leuchtet.

Der Pathologe rät: Immer im Gesunden schneiden.


 


Donnerstag, 2. Juni 2005


MetaMetaMeta

Ich habe es jetzt auch gelesen, sagt sie. Es klingt alles so, nun ja, herablassend.
Sag' ich doch, sage ich.
So schwer nach, "ich weiß ganz doll Bescheid".
Ja, meine ich. Demut ist eben ein hartes Brot.
Ich bemerke, es sei Ein Kessel Ödnis, und sie lacht.
Manche wissen eben, wann man die Klappe halten muß, meine ich. Andere prahlen herum. Das ist schon bitter.
Nimm doch noch ein Stück Ananas, sagt sie und grinst mich an. Dann lachen wir beide los, ein wenig frech und wirklich nur ein kleines bißchen zu laut.


 


Mittwoch, 1. Juni 2005


Eine einzige Mäusekatastrophe

Cool ist ganz klar, was ein Mann an seinen schlechten Tagen macht.

Klaus Lemke in der Süddeutschen.

Super 8 | von kid37 um 13:00h | 8 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Sonntag, 29. Mai 2005


Last Exit Hasselbrooklyn

Lyssa sperrt Männer in Käfige (rein literarisch selbstverständlich)
und Don D. grinst sich eins

Das sonnige Wochenene fand heute einen höchst angenehmen Ausklang. Nach dem schwülwarmen Flohmarkt am Samstag nämlich, über dessen Beute, einer angerosteten Industrielampe aus Eisen, ich heute alle exaltiert in Kenntnis setzen mußte, egal, ob sie es hören wollten oder nicht (meist natürlich nicht), folgte heute der mild-warme Flohmarkt am Immenhof (kein Pony, keine Heidi Brühl) - und dazu leckerer Kuchen in noch leckerer Begleitung.

Danach wollte ich heute mal nicht fehlen, wenn die Rederei Hamburg Blogprominenz zum Kaffee.Satz.Lesen aufbietet. Die Örtlichkeit hatte mich sowieso interessiert, denn früher habe ich sozusagen fast gegenüber gewohnt. Noch heute gehe ich ab und an in der Factory auf der anderen Seite der Gleise essen. Das Restaurant ist in einem ehemaligen Bahnhof mit lauter (nicht so rostigen) alten Industrielampen untergebracht, Karte und Preise sind angenehm moderat, und der ganze Laden kaum überlaufen. Ein Vorteil der Nicht-Szeneviertel. Im übrigen liegt alles nur zehn Fußminuten von meiner neuen Wohnung entfernt. Außerdem, und nun aber wieder zurück zum Kaffesatzlesen, war ja die Kaltmamsell in Hamburg, da wollte ich gerne Guten Tag sagen.

Es gab also Blogger galore auf der Bühne und im Publikum. Don Dahlmann las was von alkoholischen Nächten auf dem Schloß und Lyssa was von kulinarischen Tagen auf dem Bauernhof, und beide ließen dabei das von ihren Blogs gewohnte Hirn und die Grandezza nicht missen. Echte Brüller waren übrigens auch die lakonischen Texte von Ina Bruchlos, von denen läse ich gerne mehr.

Anschließend gelang es selbst den so lockenden wie geballten Überzeugungs- versuchen von Lyssa, Cassandra und der Kaltmamsell nicht, mich noch zum allgemeinen Flammkuchenumtrunk zu bewegen. Meine Miteinanderdosis für diesen Tag war wirklich erreicht. Bei mehr kippe ich nämlich sozialhagelvoll hintenüber. Entschuldigung. Ein anderes Mal gerne. Es war aber wirklich nett, zumindestens kurz mit Isa und dem Herrn Paulsen geplaudert zu haben. Merci.