Mittwoch, 23. Februar 2022


U-37


"U-Boot taucht auf!" 2022. Wasserfarben, Papier, Bleistift. 1000,- Mark.

Ich erzählte hier bereits, daß ich früher mal eine Karriere als erfolgreicher U-Boot-Maler anstrebte. Eine tolle Zeit, viel Wind, viel Wetter, Gischt und Seemannschöre. Nun überlege ich, mit zunehmend wohlwollendem Blick auf die Vergangenheit, ob ich nicht 2022 wieder vermehrt auf Tauchfahrt gehen sollte. Um dann mit kühnem Bugschwung und seevogelumschwirrt aus den Wogen zu steigen.

Neulich habe ich geträumt, eine Bekannte wäre zu Kaffee und Kuchen zum Besuch gekommen und hätte mich freundlich gefragt, ob ich vielleicht ihre neuen Tattoos sehen wolle. Und ich sagte, gern, und überlegte, wo ich meine Lesebrille abgelegt hatte oder ob ich eine Lupe brauchen würde für all die Texte, die sie vielleicht aufgetragen hätte, oder ein Periskop - jedenfalls bin ich dann leider aufgewacht aus diesem tätowierten Traum bzw. in eine andere Schlaf- oder Wachphase gerutscht, was schade ist, auch um des Berichts hier wegen.

Das ist so, wie wenn man frische Narben herzeigt, OP-Wunden, Herzwunden, kleine Imperfektionen, das Wunder des Körpers, des Überlebens zwischen Intrusion und Heilung. So, wie wenn man sich als Arzt oder regelmäßiger Zuschauer von Medizinsendungen im Fernsehen zu erkennen gibt und auf Partys um Gutachten und Meinung gefragt wird, wie man dieses oder jenes in seiner Ernsthaftigkeit und Bedeutung einschätzen würde.

Die Exegese des Körpers, der sich morgens immer beschwerlicher aus den aufgewühlten Wogen der Bettlaken erhebt, wie so ein submarines, tätowiertes und von den Haken der Jäger und den Zähnen der Raubfische zerschrammtes Tier oder verloren geglaubtes U-Boot. Die Gischt nurmehr Sabber, da bläst er!, singt der Seemannschor, weil man nachts schnarchend und mit offenem Mund... aber auch dagegen, das lehren Medizinsendungen im Fernsehen, gibt es Hilfe. Zunächst aber muß alles gelesen werden: Narben, Geräusche und Funksprüche aller Art.