Dienstag, 25. Oktober 2016
Die Akademie ruft an.
"Hello? No, Mr. Bob is not here. Whot? No, I am cleaning man. Yes, yes. Si, si."
*Dylan geht lachend ab*
Schöne Bücher von fotografisch hart arbeitenden Frauen erreichen mich. Die bezaubernde französische Fotografin Féebrile, auf die ich zuerst durch ihre Zusammenarbeit mit Ödland aufmerksam wurde, hat nach ihrem ersten h[bschen Band Pola et les Autres nun ihr erstes größeres Buch gemacht. Abgründige Schwarzweißaufnahmen, düster, sehr emotional und wie einem unruhigen Traum entrissen.
Dazu gesellt sich Aberrant Necropolis der Engländerin Ellen Rogers. Ihre handcolorierten Analogabzüge zeigen eine versponnene, teils viktorianisch-exotische Spinnwebenwelt, dunkle Träume von irrlichternden Friedhofsfeen. Barbusige Teezeremonien mit Ouijaboard und Ingwerkeksen.
Fast weltweit: Man ahnt ja nicht, wieviel Neid, Mißgunst und Intrige auf einer kleinen Hallig Platz finden. Oliver Driesen vom Zeilensturm hat mit Wattenstadt eine unterhaltsame Politsatire geschrieben. Da werden die ausgreifenden unterhaltungsimperialen Träume eines Industriekapitäns aus dem Ruhrgebiet in die Miniwelt im Wattenmeer gequetscht. Die vom Wind zerzausten Bewohner kippen einer nach dem anderen um (mancher sogar tödlich), ein paar Figuren leisten Widerstand, und am Ende stecken Teufel und beharrlicher Wille im unscheinbarsten Küstenbewohner. Es tummeln sich im vom Berliner Politbetrieb durchwirbelten Schlick: eine Hure mit Herz, ein russischer Killer, eine uralte Mume, ein plastiniertes Kunstwerk, ein kleiner Lokalfürst mit Großmannssucht, ein Pfarrer mit Engagement, ein stinkreiches Millionärspaar, die mich immerzu an die "Geissens" erinnerten, und ein kleines Tier, das für die einen zum Retter, für die anderen zur Pest werden kann. Ich habe gelacht.
Leben in Euphemia. Die große Zeitung schreibt: " Jetzt wurde die Bestsellerautorin enttarnt – nicht zu jedermanns Begeisterung." Und man denkt, nein, IHR habt sie enttarnt und außer euch war einfach NIEMAND begeistert. Wer hätte es noch nie erlebt: Fortgetragen auf einer Welle der Selbstbegeisterung, mitgerissen vom imposanten Gefühl, jetzt, in diesem Moment einfach keine falsche Augenzahl würfeln zu können, egal, was man macht. Um dem Eingangs formulierten Anspruch zu genügen: Ich schon.
Man wird ja schnell geerdet, zum Glück.
Entscheidungen zum literarischen Jahresende: Der diesjährige Preis des Hermetischen Cafés für Dichtung geht an Bob Dylan. Leider habe ich ihn noch nicht ans Telefon gekriegt. Bob, bitte ruf mich an.