Freitag, 25. Juli 2014
Während man hinter meinem Rücken mit plumpen Knüppeln hantiert, greife ich lieber zur feinen Klinge und öffne die dem deutschen Zoll aus den Händen gerungenen Pakete. Erbauungslektüre für die nun nach dem Ende des Sommers bald anstehenden trüben, regnerischen Abende. Das Mütter-Museum in Philadelphia hat einen hübschen Bildband mit medizinhistorischen Fotos herausgebracht, ein Stimmungsaufheller für die intimere Runde, wenn man mit Ah und Oh den nur geflüsterten Dingen auf den Grund gehen will, für die es keine Wörter gibt. Erstaunliche Krankheiten, noch erstaunlichere Deformationen in liebevoll restaurierten Bildern, die einen Eindruck geben von den Wehen und Mühen früherer Zeiten und den heutigen, die wir nur einfach nicht wahrhaben wollen.
Auf zehn Bände angelegt ist die Werkausgabe der Erinnerungen Jean-Henri Fabres, die 2015 fertig sein soll, also schneller als ich es lesen kann. Was für ein Leben. Mit der Familie in Südfrankreich wohnen, steinalt werden und den ganzen Tag Käfer und Grabwespen beobachten. Zwischendurch ein wenig dichten, nach dem Tod der Frau die Haushälterin ehelichen und immer guten Kuchen und schweigsame Tiere im Haus haben. Die Kerbtierwelt mit feinsinnigen, poetischen Beobachtungen einer breiteren Öffentlichkeit bekanntmachen und abends auf dem Harmonium frivole Lieder und lustige Weisen zur Unterhaltung der Gäste anschlagen. Hier ein paar Links zu Hörbüchern (auf Englisch) und Fotos, auf denen man sieht, daß der gute Jean-Henri stets adrett gekleidet seinen Sechsbeinerstudien nachging, und nicht wie ihr schlunzig im Büro rumsaß.
Der Link stammt aus dem Blog Splendour Awaits von Adrian Thysse, der mit einer Menge bunter Makrofotografien von Insekten auftrumpft.
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Laura Lindgren (Hrsg.) Mütter Museum: Historic Medical Photographs: The College of Physicians of Philadelphia. Blast Books: New York, 2007.
Jean-Henri Fabre. Erinnerungen eines Insektenforschers, Bd. 1. Berlin: Matthes & Seitz, 2010.