Sonntag, 22. Dezember 2013


Bastelzeit



Heute morgen zu vorchristlicher Zeit, ich war traumlandschaftlich noch auf der Weihnachtsfeier unterwegs, spürte noch einmal der Situation nach, in der erwachsene Menschen um kindische Dinge "wichteln", als mich zwei junge Schweden aus dem Dämmerschlaf klingelten, mir keuchend Metallbauteile in die obere Etage zu hieven. Ich mußte nämlich letzter Tage links eine für mich gewagte Expedition in den Baumarkt und zum Möbelhaus gleich nebenan unternehmen, eine Frontblende und einen Griff für den neuen Kühlschrank erstehen. Und dann Sachen, wenn man schon mal da ist, die man eigentlich nicht braucht, aber es soll sich ja lohnen, Sachen, von denen man an der Kasse denkt, interessant, da addiert sich ganz schön was auf.

Dafür wurde ich nett beraten von einer Frau Wegschmelza, die offenbar sehr fröhlich aus Schweden kam und aussah, als könne sie Apfelkuchen backen. Zwischendurch geriet ich auch an einen Herrn Muffel, aber mit Ausdauer und Demutsgesten verwickelte ich ihn schließlich in ein Frage-und-Antwort-Spiel und fast wären wir am Ende Freunde geworden, hätte ich mich nicht bereits innerlich der netten Frau Wegschmelza versprochen.

Heute also Metallbaukastengeschraube, es hat ja eine besondere Befriedigung, wenn man nur mit einem archaischen Faustkeil Imbusschlüssel Sachen zusammenbaut, die am Ende Sinnzusammenhang und Nutzwert ergeben. Und so schwer ist das nicht, steht ja alles in der Anleitung. Dort aber auch Frechheiten. So rät der Möbelriese Singles vom Werken ab. Sie sind einfach in den Anleitungen gestrichen, offenbar soll man alleine keine Bretter zu Barrikaden schichten. Möglicherweise bahnt sich hier das nächste Skandalthema der Empörungsgesellschaft an. Also, sobald sich der derzeitige Straßenkrawall in der Stadt gelegt hat.

Da hat sich nämlich ganz schön was zusammengebaut, und ich möchte das nicht schön oder auch nur gelungen nennen. Statt sich gegenseitig zur Hand zu gehen und Türen beim Scharnierausrichten zu halten oder Seitenholme beim Verschrauben, stehen die Gruppen wie verfinsterte Singles gegeneinander und bauen anleitungsfern Gebilde in den Straßen, die sich als Pappkartons entpuppen oder kloppen gleich alles kaputt. Am schlimmsten hat es laut Spiegel-Online-Forum allerdings die getroffen, die "am verkaufsoffenen Samstag" (NDR Info) nicht ungestört zum Shoppen kamen. Eine Art Lampedusa-to-go für Speckgürteltouristen, Entbehrungsterror gegen brave Bürger. Ich hingegen habe jetzt am Kühlschrank alles am Griff, nur die Frontblende fehlt noch. "Du hast da Glück", mein Väterchen Kid. "Du wirst bei solchen Sachen nicht gedrängt." Ja, sage ich. Das habe ich mir schön zurechtgebastelt.