Montag, 5. August 2013
Abends lassen sich hier am Fenster vom Leuchtturm dickleibige Spinnen von der Dachtraufe herab. Weben in nullkommanix diagonal verankerte Netze aus, schaukeln in der Abendbrise. Warten.
Warten mußte ich am Sonntag nicht. Zeit fiel mir unverhofft in den Schoß, rasch also aufs Rad und diesmal ein paar andere Haken schlagen, die Hausstrecke kann ich ja schon im Schlaf. Pause am Segelflugplatz, kurze Rast auf der Rentnerbank, zusehen, wie die Gleiter hochgezogen werden, wie sich knapp vor dem Ende des Geländes der Haken des Zugseils löst, an einem kleinen Fallschirm zu Boden geht, während das Flugzeug, von der Leine befreit, durchsackt, sich fängt, die Thermik erwischt und losfliegt... wahrscheinlich ins Metaphernland. Dergestalt nämlich kann man herumdenken, Parallelen für sich und das weitere Leben suchen, denn überhaupt müssen bald mal ein paar Fragen gestellt und dann, leider, leider, auch beantwortet werden.
Vorher aber über die Deichstraße zurück, vorbei an den kleinen Bauernherrenhäusern, wo steinerne Löwen vor dem Eingang wachen oder antikisierte Säulen verdecken, daß es sich um eine umgebaute Scheune handelt. Weitere Schlenker durch die industrialisierte Zone, die Müllverbrennung brütet in der Sonne, das Ticken im Lager, das seit ein, zwei Wochen meine Fahrt begleitet, gibt den Takt, sonst nur Surren der Reifen.
Daheim dann die letzten Erdbeeren des Sommers, am Vortag erstanden und dabei einen entspannten Schnack mit dem Verkäufer in seinem kleinen Glantz-Häuschen gehalten. Wie auf dem Dorf, dabei war es der Supermarktplarkplatz in der Nähe vom Haus. Wir tun so als ob, also als ob es ein Dorf wäre, die Erdbeeren aber waren wirklich frisch. Ausruhen im Liegestuhl, Bücherblättern, die Pläne fürs neue Haus studieren. Das kann so schwer nicht sein, hier hat das einer aus Lego nachgebaut.
Es ist ja nun so: Mein, nennen wir es mal, Sammlungsgebäude könnte ähnlich den Mitmenschen, die für ihr Gewicht zu klein geraten sind, eine neue Außenhülle vertragen. Eine Zufluchtsstätte für die Letzten. Die letzten Bücher, die letzten Schallplatten, die letzten Erdbeeren des Sommers meinetwegen auch. Henry Chapman Mercer (1856 - 1930) hat mit seinem gemütlichen Haus (hier ein kurzer Film) vorgemacht, wie das aussehen könnte. Vielleicht, so mein versteckter Gedanke, braucht man gar kein Geld dafür. Das hat man ja nie. Weder mit 37 noch mit 73. Nur die Idee. Hausbau als Schattenboxen, bevor es Winter wird. Danach dann ungewöhnliche Berufe haben. Als Fliesengestalter leben. Oder Radieschenzähler.