Donnerstag, 13. September 2012


Boxenstop

"Ein glückliches Kind ist nichts weiter als
ein unglückliches Kind, das Spaß hat."
(Morticia Addams)



"Das war ja ein wilder Ritt für sie", meinte der freundliche Sportexperte aus der Entwicklungsabteilung neulich launig. Der Horizont sei indes noch weit, monierte ich seinen Gebrauch der Vergangenheitsform. In der Gegenwart winkt man mich raus an den Straßenrand. Halten Sie mal an, heißt es. Sie haben da was. Beim Boxenstop - so erzählt man sich in bloggenden Fahrzeugtesterkreisen - kommt es ganz auf das Team an. Menschen, die nicht die Hände in den Taschen halten und ihre unbekümmerten Liedchen in rosa Wolken pfeifen, sondern die öl- und rußverschierte Teile rausgreifen, abwischen, die Bruchstücke begutachten, Ersatzteile holen, dem Fahrer vielleicht mal ein sauberes Taschentuch reichen. Die letzten Rundenergebnisse, um im Bild zu bleiben, waren ernüchternd schlecht, an Materialermüdung möchte ich aber noch nicht glauben.

Jetzt also mal Wechsel der Additive im Treibstoff, das neue Zeug hat zwar eine erhöhte Explosionsgefahr, knallt dafür aber tüchtig rein. Ist jetzt nur ein Bild. Zur Überwachung bekomme ich ein kleines Extrazimmer in der Werkstatt, piepsende Gerätschaften um mich herum, regelmäßig werden die Werte überprüft. Ab und an schaut meine Chefmonteurin rein. Puh, sagt sie, vorne am Empfang ist so viel Trubel, ich ziehe mich mal kurz hierhin zurück. "Machen Sie nur, ich verrate Sie auch nicht", meine ich leutselig. Jemand vom Team hat Geburtstag, ich bekomme Kaffee und Kuchen, soll dann aber besser ein wenig Treppensteigen. Mein Puls hat mittlerweile phänomenale Werte, so als wäre ich ein zenmeditierender Triathlet. Was ich, in einem gewissen Sinne, auch bin. Nach ein paar Stockwerken rauf und runter ist er aber brav wieder da, da stottert nichts, keine Fehlzündungen, kein Klopfen der Ventile.

Man überreicht mir einen Stapel neuer Handbücher, danach folgt die weitere technische Bestandsaufnahme. Irgendwann fällt der Satz, man sei zuversichtlich. Genauer: Man solle abwarten. Und im übrigen nicht im Internet lesen. Pfff, durchflöte ich die rosarote Wolke. Ich sähe da weiterhin einen Trümmerhaufen, und im übrigen fühle es sich auch so an. Ein Liebhaberprojekt vielleicht, es gebe ja Leute, die alten Kram vom Flohmarkt kaufen, um den wieder zum Laufen... oh, schiebe ich hinterher. So einen kenne ich tatsächlich. Das bin ja ich.

So muß man es wohl nehmen. Da haben sich einfach zwei gefunden. Also weiter ans Werk.

>>> Geräusch des Tages: Tara Busch, Motorcrash