Freitag, 6. April 2012


On the Road again



Der letzte Radausflug hängt mir nach, nach wie vor bin ich beschämt über diesen Leistungseinbruch, das schwankende Mühen. Immer noch fühlt sich mein Körper an, als sei ein Laster über ihn hinweggefahren, es hat so etwas Zermalmtes, Zerflossenes, in alle Fasern strömendes. Ich erinnere mich, wie ich vor Jahren mal den Kontakt zu einem Auto suchte und aus der Bahn geworfen wurde. Erst durch Metall, dann durch Überraschungen aus dem Leben und Zusammenleben, es sind ja immer Ketten des Unglücks, die Glied um Glied ineinandergreifen. Es gibt in diesen (und allen anderen) Momenten nur die eine Order: Schnell wieder selbst ans Ruder, rauf auf die Brücke, Mütze auf, Schleppleinen kappen, Herr im eigenen Leben werden, nicht aufs Telefon warten.

Mein nächstes Rad sollte eigentlich ein hübscher Flitzer werden, etwas Leichteres als mein fliegender Holländer, auf dass sich der Radius erweitere. Nun konnte ich aber nicht widerstehen, als ich die Cyclette entdeckte. Liebe zeigt sich oft auf überraschende Weise und hat so viele Gesichter. Für eine symbolische Ablöse und der Hilfe von Freunden fand der neue Flitzer den Weg in meinen Leuchtturm, steht bereit für Ausritte in ein völlig neues Leben bei Nebel, Sturm und Regen. Das Goldrad aus französischer Fertigung, aber Kölner Vertrieb, ist einem guten Zustand. Gerade mal 3123 KM gelaufen, Erstbesitz und scheckheftgepflegt, ist offenbar nur der Originalsattel einmal ausgetauscht worden. Die Filzbremse, mit der man Berg- und Talfahrt simuliert, funktioniert, der Tacho und Kilometerzähler auch. Das habe ich heute morgen, als ich mal einen Kilometer nackt zum Bäcker fuhr, ausprobiert. Ich wäre bereit, nur mit einem T-Shirt bekleidet, in einen luftigen Sommer zu fahren, der Sonne und der Weite entgegen, Picknick am Wegesrand. Der Tacho geht bis 100, für den Fall, daß es einmal steil bergab geht oder ich eine Kraft in den Beinen entwickle, die Clark Kent erblassen ließe.

Eines freilich fehlt. Der Soziussitz für die Motorbiene. Da hilft nur ein zweiter Flitzer, den man danebenstellt. Dann aber: gemeinsam in den Sonnenuntergang, durch grüne Täler und saftige Auen, entlang dem großen, langen, gewundenen Fluß.