Donnerstag, 15. Oktober 2009


Arbeitsleben/Lebensarbeit



Als munterer, aber festfrei festgeketteter Fabrikarbeiter im Weinberg des Herrn schaue ich oft ab und an aus dem Fenster in die bereits winterliche Sonne, bloß um mich hinaus zu wünschen, weg von der rostigen Werkbank, hinein in die raren, klaren Augenblicke des Tages. Nicht einmal dazu reichte der Herbst bislang, Drachen steigen zu lassen, durch trockene Blätter zu rascheln, reife und brüchige und die nun selten gewordenen frischen Dinge zu sammeln. Sind wir nicht deshalb überhaupt da? Jemand ruft "Balance!" Ein anderer "Vorsicht an der Kohlenrutsche!" Wie schwarz dann die Finger sind, wenn ich die frischausgedruckten Quittungen in Händen halte, statt Herbstlaub, und den Graphitstaub betrachte, die Späne, die mir am Ende zur Verfügung stehen. Sicher. Wären die Finger rot bei solcher Betrachtung, man hätte ganz andere Sorgen.

Unsere kleine Arbeitsbrigade hört sich derzeit an wie die Frühstücksterrasse eines Lungensanatoriums. Einige behaupten gar, sie seien krank. Schauspieler, allesamt Schauspieler. Sie wollen sich hinausstehlen, in die Wälder, die Sonne, an die frostigen Ufer. Schmähgesänge werden sie singen, dort zwischen Laub und Pilzen und trockenen Zweigen, und mit Spott an Tisch No. 37 denken, dort, wo ich sitze und schmirgel und feile und bohre. Denn ich, ich rauche ja nicht, ich bin gesund für ein Dutzend Mann.