Mittwoch, 2. September 2009


Alles ist erleuchtet



Ein starkes, inneres Glühen hat mich erfaßt, und so leicht gebe ich, und kampflos schon gar nicht, nicht auf. Meine Kellerfluchten, seit Jahren mit Schokolade und Nylonstrümpfen für die Zeit danach™ gut gefüllt, habe ich in den letzten Tagen in klandestinen Einkaufsaktionen und an den argwöhnischen Schergen europäischer Quecksilberbefürworter vorbei, um Glühbirnen der Sorte matt und 100 Watt bereichert. Nicht jedem dürfte in den letzten Wochen gegenwärtig geworden sein, daß nicht nur die 100er-Birne, sondern auch alle matten Erzeugnisse weitaus niedrigerer Wattzahl EU-weit ausgeknipst worden sind. Das matte Licht der Erkenntnis, das manchen nun aufgeht, ist mittlerweile also durchweg klargeworden.

Der Quecksilber-Brunnen in der Fundació Joan Miró in Barcelona steht nicht von ungefähr hinter einer dicken Glasscheibe. Das Objekt erinnert an die Toten im Quecksilberabbau, denn die Ausdünstungen dieses meist flüssigen Metalls sind mindestens so gefährlich wie Ausflüge im öffentlichen Personennahverkehr. Nicht umsonst erließ die EU ein Verkaufsverbot für Batterien und Fieberthermometer mit diesem Metall. Um nun Mengen in sogenannten Energiesparlampen zuzulassen, mit denen man locker Thermometer und Kunstprojekte wie besagten Brunnen füllen kann. Selbstverständlich werden die erleuchteten Nachbarn ihre ausgebrannten Leuchtkörper fein sortiert der Sondermüllentsorgung zuführen, so wie sie auch jetzt schon begriffen haben, wie man Restmüll vom "Grünen Punkt" unterscheidet. Immerhin auf dieser Seite des Lichts hege ich keine Befürchtung.

In der Zwischenzeit heißt es leben im funzeligen, grüntrüben Licht flimmernder Röhren. Aber irgendwann, also später, wenn aschgrauer Schnee über geschlossene Immobilienfonds und bodenlose Finanzlöcher gefallen ist, werde ich, von der dunkleren Seite des Mondes her kommend, meine gehorteten, glühenden Schätze gegen Briketts, Steckrüben und etwas Zuneigung tauschen. Und die Kuratoren von Edward Kienholz werden mir anbieten, was sie auf den nebligen Morphiummärkten unter den Viadukten ergattern konnten.