Dienstag, 16. September 2008
Als ich neulich durch alte Kartons und noch ältere Kisten stöberte, auf der Suche nach etwas, was mir nun bereits wieder entfallen ist, kann also nicht wichtig gewesen sein, da stieß ich auf diese ominösen Dosen. Die stammten aus einer Zeit, in der ich möglicherweise gut gecremt, auf jeden Fall aber als kommendes Talent für den Studenten-Oscar unterwegs war. In den Dosen nämlich fand ich alte Filmspulen wieder - Experimente mit Licht, Schatten und bewegten Menschen, an die ich mich kaum noch erinnere. Die Experimente, die Menschen schon. Oder Studien - als junger Künstler macht man ja immer Studien, oder 24 mal Wahrheit in der Sekunde oder... sowas eben. Nächtliche Autofahrten durch die bergische Metropole waren es wohl oder stummes Gestikulieren an meinem Nouvelle-Vague-Küchentisch.
Damals besaß ich genau diese Kamera, ein russisches Normal-8-Modell, bei dem man ein Federwerk aufziehen mußte, um dann ungefähr 30, 40 Sekunden Drehen zu können. Meine Werke waren ganz dem jungen Godard Truffaut verpflichtet und hießen "Morgenröte eines schüchternen Knaben" (ein semi-pronografisches Werk mit stark autobiografischen Bezug) oder eben "Nächtliche Autofahrt durchs Bergische, wie ein trunkener Russe gesehen". Alles verschollen, und was auf den verbliebenen Spulen sich befindet, erinnere ich nicht. Wer hat denn heute noch einen Normal-8-Projektor? Eben.
Im Gegensatz zur verbreiteten Super-8-Kassette benutzte man speziell perforierten 16-mm-Film (yeah!) auf einer Spule, die nach der Hälfte umgedreht wurde. Nach dem Entwickeln wurde das Material der Länge nach aufgeschnitten und die beiden Hälften aneinandergeklebt - voilà! Normal-8 ruckelte nicht so sehr wie die Super-8, aber weil es halt umständlicher war, setzte sich ähnlich wie die Compact-Kassette gegenüber dem Tonband das neuere System durch.
Manchmal denke ich, man sollte überhaupt viel mehr Filmen, denn die Bewegung hört im Leben ja irgendwann auf. Dann schaut man auf zerkratzte, flackernde Bilder, drauf und durch sie hindurch, und erinnert sich was. Wie ein Schaukelstuhl im Kopf. Vor und zurück, vor und zurück. Die eingefangene Zeit.