Samstag, 13. Januar 2007


Als die Nacht nicht wich

Für fünf Mark Freiheit,
und für dreißig Mark Bier
- wegen ihm oder ihr.

(Blumfeld, "Zeittotschläger")

Als sich die Musik nicht noch lauter drehen ließ, und Schmerz und Sehnsucht ins Herz nicht tiefer schneiden konnten, berührten meine Fingerspitzen die kalte Oberfläche des Spiegels, im selben Moment, als die würgenden Geräusche aus einer der Kabinen hinter mir drangen.

Auf die Vorderseite meines verschwitzten T-Shirts hatte sich ein Gesicht abgedrückt, ein Negativ, ein Antlitz, das ich an diesem Abend nah beim Herzen trug. Draußen sangen die ganz jungen Blumfeld, "Ich weiß, daß Liebe wahrwerden kann", hier drinnen kondensierte eine feuchte, schlechte Luft.

Aus einer Notrationtube Pathos drückte ich mir den letzten Rest unter den Gaumen, wartete auf den Flash, den heißen, schneidenden Blitz, der am Herzkranz vorbei zum Magen hinunterrutschte, um sich dort kaltgrau zu verklumpen.

"Ach, Gott im Himmel", rief ich lauter, um das röchelnde Stöhnen über der Kloschüssel hinter mir zu übertönen und schlug mit der Hand auf den Spiegel. Immer in die Fresse rein, sang diese andere Band, und ich wagte nicht zu widersprechen.

Als ich vier Absätze mit "A" wie Adultery begonnen hatte, waren es auf einmal fünf. Ich wusch mir die Hände und dachte daran, wie wichtig es sei, sich nicht an alle Dinge zu erinneren. Nur an das, was man berichten kann.

Zu Hause dann noch einmal die Kopfhörer, die Lautstärke, die Augen geschlossen, den Bass durch den Kopf sägen lassen: "...Zeittotschläger, laufen um ihr Leben..." Wenn ich es doch nur mit Worten deutlich machen könnte. Wenn ich doch deine Hand halten könnte. Wenn ich doch nur könnte.