Mittwoch, 16. Februar 2005


Nobody moves, nobody gets hurt

Geschähe doch einmal etwas. Würden einmal wieder Barrikaden gebaut.
Ich wäre der erste, der sich darauf stellte, ich wollte noch mit der Kugel im Herzen
den Rausch der Begeisterung spüren. Oder sei es auch nur,
daß man einen Krieg begänne, er kann ungerecht sein.
Dieser Frieden ist so faul und ölig und schmierig wie eine
Leimpolitur auf alten Möbeln.

(Georg Heym, Tagebucheintrag vom 6.7.1910.)

Morgen ist Betriebsversammlung. Einer der Chefs verließ das Haus bereits "auf eigenen Wunsch", *gacker*. Das war der, der immer sagte, er hätte vom "Klassenkampf die Nase voll".

Die festangestellten Kollegen hetzen gegen den Betriebsrat.
Ab morgen werden sie dort nach Sprechstunden fragen. Ich persönlich finde, die zehn muß steh'n.

Zehn Millionen, Herr Clement, wie wär's? Da geht doch noch was.


 



Moi, l'idiot

I can’t see why all these confrontations,
I can’t see why all these dislocations,
No family life, this makes me feel uneasy,
Stood alone here in this colony.

(Joy Division, "Colony")


Nobody suffers and nobody is malicious. This page sweeps old habits.

Sehr interessantes Fotoblog der französischen Künstlerin Dididuc.
Siehe auch hier.

Augenzucker | von kid37 um 22:46h | noch kein Zuspruch | Kondolieren | Link

 



Postcard-life in a relation bungalow

Die schönsten Songs sind solche, die einem im betrunkenem Zustand eine Botschaft zuflüstern, während man den Kopf in einer Lache auf dem Tresen gebettet hat. Ein solches Lied darf dann auch gerne etwas lauter gespielt werden, so wie Aussie Girl von Laakso. (Dortselbst gibt es auch die bewegten Bildern zu den Tönen.)

Skandinavier eben. Ein bißchen schwermütig. Darf ja ab und an auch mal sein.

Heute. Denn heute mache ich Radau.

Radau | von kid37 um 20:12h | 5 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 



Keine Gefangenen

Alle gegen alle.

| von kid37 um 15:56h | 7 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 



So, liebe Kinder...

gebt fein acht, ich hab' euch etwas mitgebracht. So sieht es nämlich aus, wenn euer Püppi ins Krankenhaus und geröntgt werden muß.

(via Wurzeltod)

Tentakel | von kid37 um 13:59h | ein Zuspruch | Kondolieren | Link

 



Dödbringende Waben

Don't touch me
I'm a real live wire

(Talking Heads, "Psycho Killer")


In den letzten Tagen wurde ja wieder vermehrt über Gewalt und Toleranz diskutiert. Ich finde ja, viele Dinge verlieren in fremden Sprachen ihren Schrecken.

Für Blut, Tod und Gewalt hat Deutsch einfach den besten Klang. Als ich mal im Krankenhaus lag, ließ ich mir von meinem türkischen Bettnachbarn ein paar Schimpfwörter auf Türkisch beibringen, weil ich dachte, die könnten einmal nützlich sein. Er kam mir mit Begriffen wie "Du Kuh, du!", was weder semantisch noch phonetisch besonders scharfzüngig klang. Vielleicht hatte der Mann auch nur Humor. Vor ein paar Jahren fuhr ich mit dem Auto durch Marseille. Nun ist Marseille eine schöne Stadt, ich aber ein schlechter Fahrer. Aber anstatt daß ich ein paar "niquetamère" zu hören bekam, gab es nur fröhliches Gehupe, ich hupte zurück, man winkte (oder war es doch eine geschüttelte Faust?), ich winkte zurück, fuhr linksrum, der andere rechtsrum - und schon war alles gut.

Als ich noch jung war und mich für aufmüpfig hielt, überquerte ich zu Fuß die Straße, und irgendsoein Spacken meinte wohl, es einem Jung-Punk Jung-Waver mal so richtig zeigen zu müssen, steuerte auf mich zu und gab Gas. Im letzten Moment konnte ich noch zur Seite springen, reckte reflexartig den Mittelfinger und ging mit "Hallo Wach"-Effekt weiter. Ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, daß der Wagen wenden und der Fahrer aussteigen würde. Und was für ein Fahrer! Klempner oder Dachdecker, wie das Firmenlogo verriet, mindestens 3,40 m groß und 180 Kilo schwer. Finger wie Wasserpumpenzangen. Er baute sich vor dem Hemdchen, das ich bin, auf, starrte mir in die Augen (ich starrte vorsichtshalber auf einen Punkt außerhalb seines Fokus, irgendwo an der Rückwand seiner Hirnrinde) und bohrte einen dieser Eisenrohrfinger in mein Gesichtsfeld. "Du, du, Traumtänzer!" schäumte es aus ihm hervor.

"Ta gueule", dachte ich tapfer, blieb aber stille, ich feiger Hund, während der kahlköpfige Klempner (Hm, ist das diskriminierend? Einige meiner besten Freunde sind Klempner!) seinen Körper zurück in den Firmengolf wuchtete.

Seither weiß ich, daß ich meinen Drang, ab und an gewissen Leuten einfach eins aufs Maul zu hauen Kierkegaard vorzulesen, tunlichst unterlassen sollte. Das hinderte mich nicht, einmal in einem Bus der HVV dazwischenzugehen, als ein Typ irgendeinem anderen die Fresse polierte. Während die übrigen Fahrgäste den hochinteressanten Hamburger Regen durch die Scheiben betrachteten, versuchte ich die beiden zu trennen und bemerkte zu spät - da war mein Klempner wieder! Oder jemand, der so ähnlich aussah. Der schob mich nur lässig mit einer Hand zur Seite, während er mit der anderen auf diesen Typen eindrosch und ansonsten nicht weiter auf mein Geschrei reagierte.

Jedenfalls, comment dirais-je, kommt man sich dann ein bißchen alleine vor und ohnmächtig auch. Und schon gar nicht heldenhaft. Und man wünscht sich, man könnte auch ein wenig hinausstarren in den Regen oder ganz woanders sein. Oder wie Mr. Chance die Fernbedienung herausholen und einfach ein anderes Programm einschalten. Oder kluge Sprüche anbringen und hinterher alles besser wissen.

Oder ultra-gefährlich werden. Und die Macht des dödlichen Blicks erlernen.

(File under: Falling Down.)