Freitag, 19. November 2004


Miss Van Meer



Und dann sitzt sie dann da mit ihrer spektakulären Frisur und ihren spektakulären Augen und sitzt und erzählt und nippt an ihrem Glas und erzählt von einer lustigen Beziehungskrise und nimmt einen Zug an ihrer Zigarette, und ich denke, wir haben uns acht Jahre nicht gesehen oder waren es zehn? und sie erzählt von einer tragischen Geschichte, und ich sage "heftig" und bin für einen Moment abgelenkt und sage noch einmal "heftig" und staune dann über ihre spektakulären Finger, als sie nach ihrem Mobiltelefon greift, und dann lehne ich mich zurück und beobachte sie, als sie ihr spektakuläres Lächeln in ihr klitzekleines Mobiltelefon lächelt und fröhlich ihr Bedauern äußert, daß es dann doch nicht geklappt hat, aber schön, daß du angerufen hast, und dann fährt sie das Leuchten in ihren Augen ein klein wenig zurück, damit ich nicht geblendet werde, dieses spektakuläre Leuchten, mit dem sie vor zehn Jahren unsere halbe Heimatstadt verrückt gemacht hat und mit dem sie heute wahrscheinlich immer noch halb Hamburg oder Düsseldorf oder meinetwegen auch Berlin verrückt machen könnte - und ich denke, gut, daß ich keine Aktien mehr darin habe, gut, daß es nur drei Monate oder so was waren und wir nun hier sitzen können, entspannt das Sesselmuster betrachtend, während sie erzählt von dem einen Mal oder den zweien, wo es fast ins Auge gegangen wäre, damals, weil diese Städte auch gefährlich sind, und ich sage, "nicht nur für Dich" und wir nicken und ich sage "komm, ich lad dich ein" und sie schenkt mir ihr Lächeln und ich denke, wäre sie meine Schwester, ich würde alle Männer verhauen, die sie schlecht behandelten und bei mir müßte ich dann wohl anfangen, und sie sagt: "Manchmal kann ich ja echt biestig sein."