Mittwoch, 19. Mai 2004
Der Wiener Wurstlprater ist weltberühmt. Das Riesenrad gehört sogar zu den Wahrzeichen der Donaumetropole. 1897 gebaut, besitzt das 65 m hohe Rad seit einem Brand im Jahre 1945 nur noch 15 der ehemals 30 Waggons.
Die Wiesen, Gebüsche und Wälder gelten seit jeher als beliebte Verstecke für Liebespaare; die vielen Wege durchs Grün haben daran bis heute nichts geändert.
Mit Frau Sonne verabredete ich mich folglich an einer Bank unter dem Riesenrad. Ich kam etwas spät, geriet ich doch fast in eine Auseinandersetzung der verfeindeten Banden von Messer-Kratowil und dem fiesen Bratic, zwei Gangs, die vor allem des Nachts den Vergnügungspark unsicher machen. Zum Glück wartete Frau Sonne geduldig auf ihrer Parkbank. Zum Glück hatte ich meine Taschenzither dabei und spielte Poison Ivy zur Wiedergutmachung erst einmal das Harry-Lime-Thema vor. Bei dieser Melodie wird bekanntlich jedes Wiener Herzerl schwach, und so wunderte es mich nicht, daß unser nächstes Ziel Sibilla, die Wahrsagerin war.
Für geringe Münze ließen wir uns die Zukunft vorhersagen. Kurz gesagt: Diese sieht strahlend aus.
Normalerweise hätte ich nun einen Strauß voll Rosen an der nächsten Bude geschossen oder zwei, drei Lebkuchenherzen verschenkt. Aber Bratic und Messer-Kratowil wären sicher aufmerksam geworden. An der Seite von Frau Sonne fühlte ich mich sicher. Sie regte sogar an, mich beim Armdrücken besiegen zu wollen. Dabei trug sie noch nicht einmal ihren gelben Trainingsanzug.