Weltkonzern mit Herz

Die Art, wie sogenannte Journalisten auf die letzten deutschen Konzerne mit internationaler Ausstrahlung herumhacken, finde ich, gelinde gesagt, unschön. Da zeigt so ein Weltkonzern echte Herzenbildung - und was passiert? Man macht die zugegebenermaßen etwas teurere Uhr des Spitzenmanagers zum Thema.

Dabei erscheint der Konzern irgendwie unterschwellig als kalter Moloch, der die Schuld auf das schwächste Glied schiebt: den Werbefotografen, der sich nicht zur Wehr setzen kann, jedenfalls nicht, wenn er noch mal einen Job bekommen möchte. Dabei nimmt der Konzern doch den Fotografen in Schutz. Der Verdacht liegt nahe, daß die Uhr nicht retuschiert, sondern vom Fotografen oder der Stylistin oder dem Assistenten durch einen Taschenspielertrick ("Sie haben da einen Flusen am Ärmel") gestohlen aus Versehen eingesteckt wurde. Souverän aber spielt der Konzern diese für den Fotomann peinliche Sache herunter ("ein handwerklicher Fehler") und tut so, als gebe es da nichts zu berichten.

Das nenne ich Herzensbildung!

Der Hinweis darauf, daß dieser Konzern trotz 1 Millarde Gewinn im letzten Jahr (ein Plus von 38 Prozent), 1.350 Stellen streichen will, verfälscht ebenso das Bild! Im Jahr 2000 machte dieser Konzern 2,1 Millarden Gewinn - und kündigte an, sozusagen als Anerkennungsprämie 7.000 Stellen in Deutschland zu streichen. Wer rechnen kann, merkt doch, von welcher Herzensgüte und Mildtätigkeit die neue Konzernleitung durchströmt ist. Statt nun wie zu erwarten 3.500 Leute zu entlassen, agiert man sehr sozial und redet nur von einem runden Drittel! (Und daß bei diesen Gewinnmargen Leute gehen müßen, ist ja wohl dem letzten klar.)

Mehr noch - Mitarbeiter dieses Ladens gelangen über das Suchwort "Schnappi Tanz" auf dieses Blog. Ist das nicht ein herzige und grundsympathische Vorstellung? Vor Freude wird in den Gängen dieses Konzerns den ganzen Tag der Schnappi-Tanz getanzt! Und vielleicht, wenn man es so betrachtet, hat der Herr Spitzenmanager seine Uhr nur deshalb abgenommen. Damit sie beim beschwingten Tanze nicht verloren geht.

Aber man kann natürlich auch alles schlecht reden.

Tentakel | 15:10h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
fabe - Sonntag, 30. Januar 2005, 17:07
siehe auch die gespensterfotos hier, die als abgebliche beweise herhalten müssen...

http://eleph.antville.org/stories/1035344/

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kid37 - Sonntag, 30. Januar 2005, 18:03
Schlimm, diese Hetze. Zum Glück weiß die Öffentlichkeit dank eines investigativen privaten Fernsehsenders, daß in Blogs nur ungeprüfte Meinungen drinstehen.

Morgen kaufe ich fünf Mobiltelefone und drei Monitore von diesem Konzern. Vielleicht noch eine Lokomotive, mal sehen.

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sakanachan - Montag, 31. Januar 2005, 00:53
umgekehrt wird ein schuh draus
wenn sie der abendblatt-ausgabe vom wochenende noch habhaft werden können (dort ist besagtes bild noch etwas grösser zu sehen), werden sie sehen, dass die uhr in das angebliche ursprungsbild hineinretuschiert wurde, und das sogar ziemlich schlecht. hier sind dunkle mächte am werk, die unsere wirtschaft aufs korn nehmen.

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kid37 - Montag, 31. Januar 2005, 13:40
Da sind die 50 vom Abendblatt wohl einer großen Sache auf die Spur gekommen. Wahrscheinlich stecken die Amerikaner dahinter. Oder die Chinesen. Ja, die Chinesen. Die planen was, wegen dieser Magnetlokomotive. Wahrscheinlich war die Uhr eine Fernostkopie aus den Hutongs von Peking - und das durfte nicht rauskommen. Wo doch gerade der Wettskandal die Schlagzeilen beherrscht...

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