<interimsleben>doc_12
Man lernt mit der Kunst
und man lernt nie aus.
(Pressetext documenta 12)
Kassel wird aus dem Zugereisten nachvollziehbaren Gründen seiner Innenstadtarchitektur wegen weitaus weniger gerühmt, denn der 100 tollen Tage, die alle fünf Jahre die hessische Residenzstadt zum Nabel der Kunstwelt machen. Aus den dort bekanntlich sich ansammelnden Fusseln soll sozusagen Gold gesponnen und bar jeder zwingenden oder bloß störenden Form zur Märchenstunde verwoben werden, bei der allerlei Spezereien und wunderschöne Prinzessinnen, aber auch groteske Monstren und Unglückseligkeiten zu entdecken sind. Scheherazade war dieses Mal Roger M. Buergel, der zusammen mit seiner Lebenspartnerin Ruth Noack die documenta 12 zusammengestellt hat.
Obgleich ausgerüstet mit der Buergelmaschine zum besseren Verständnis (via artblog), befiel mich am Ende eines Ausstellungsmarathons der Schwindel und es ging mir wie Timm Ulrichs: "Ich kann keine Kunst mehr sehen".
Auf der Fahrt ins Kunstfantasialand hatte ich übrigens im ICE eine nette Zufallsbegegnung. Ich grüble erst, was grinst mich diese attraktive junge Dame über die Sitzreihen hinweg an, habe ich was im Gesicht? Und denke noch, die erinnert mich an eine Bloggerin, aber (Elementary, Watson!) kann ja gar nicht sein: Im Zug gibt es ja gar kein Internet! Haha. War aber doch so, und nun will bestimmt einer kommentieren mit: "So klein ist die Welt."
Nachdem ich die letzten Jahrzehnte Tage mit Schulungen, einigen Partien Bullshit-Bingo, Schulungen, Projektarbeit, Schulungen und Dingen verbracht habe, die ungefähr so nötig wären wie Blasen an den Füßen vor einem Ausstellungsbesuch, sehe ich andererseits so etwas wie fluoreszierendes Licht am Ende des Tunnels. Ich könnte dann das ein oder andere aus der schönen Stadt Kassel berichten. Demnächst.
Ich schreibe das jetzt aber erstmal nur heimlich in die Nacht. Dann entdeckt das so leicht keiner.
der documenta hat Kassel tatsächlich den Flair einer Großstadt, aber die Innenstadt war nach Ladenschluß trotzdem immer tot wie der Mond... bei akutem Kunstüberdruß empfehle ich einen Ausflug in den "Vorderen Westen", der sich durch rege Kneipenkultur und einige schöne Jugendstil- und Gründerzeitbauten sowie einer nicht zu unterschätzenden Anzahl recht origineller 50er Jahre-Gebäude auszeichnet.
Als jemand, der aus dem schönen Wuppertal stammt, habe ich natürlich gut reden. Kassel immerhin wacht alle fünf Jahre auf, wie so ein selten blühender Kaktus.
Gut, eine Schwebebahn hat Kassel nicht. Ein kühles Bier, das wäre schön gewesen so zum Abschluß. 2012 nehme ich einen Flachmann mit.
So klein ist die Welt.
Man wird in der Tat irgendwann mal überdrüssig. Nach einigen Stunden und Fridericianum, Neuer Galerie, Documentahalle und den Gewächshäusern will man nix mehr sehen. Und wenn mans noch so spaßig findet: Die Durchgangsgeschwindigkeit steigt immens.
...aber ich sehe: Der Mohn blüht so langsam vorm Fridericianum...(was machen eigentlich die Reisterassen?)
Wie klein doch die Welt ist. Aber es zeigt sich, schreibt alle auf, nächste Metapher: Man fährt eine Weile miteinander, aber dann kommt die Zeit, da muß der eine aussteigen. (Zum Beispiel, weil am Horizont einer von Deutschlands schönsten Bahnhöfen - Kassel-Wilhelmshöhe - auftaucht.)
Schloß Wilhelmshöhe und die Reisfelder habe ich komplett ausgelassen. Konditionell gings dann irgendwann doch bergab. Slice of life, man muß nicht alles haben.
Jaja.....Kassels Nabel zur Welt....(Wilhelmshöhe war auch nicht wirklich prickelnd. Das Zeuch inner Innenstadt reicht locker)
Ich sehe schon, Sie haben sich alles gegeben. Wie stehe ich jetzt da?
...als einer, der das rauspickt, was wirklich essentiell ist...
Die
Ringelstrümpfe habe ich jedenfalls verpaßt. Ich glaube, ich tu mir was an.
Noch bei der letzten Dokumenta wohnte ich in der Stadt und sah wie sie sich in den Monaten voher herausputzte und sich in großer Vorfreude im handgenähten Kleid vor dem Spiegel drehte. Und so besuchte auch ich die größte Party der Stadt. Und wenn man sie in kleineren Häppchen genießt und den großen Zeitraum voll ausnutzt, ist die Party meist sehr angenehm und verwurschtelt einem sehr anregend die Hirnwindungen. Auch wenn man bei vielem verständnislos den Kopf schütteln musste. Doch immer wieder fanden sich Künstler, deren Werke mich bis heute noch kitzeln.
Und wenn die Innenstadt nachher wieder in ihren sehr unlieblichen Dornröschenschlaf verfällt, muss man als Kasseler, Kasselaner oder auch Kasseläner einfach wieder die Umgebung (und den Vorderen Westen) genießen (wenn man nicht eh schon da wohnt ;0)).
Die Stimmung ist sowieso putzig. Apotheken "grüßen die Besucher der documenta" oder behaupten mit irrlichterndem Widerspruch "gesund leben" sei "keine Kunst" (also was soll's, wenn doch grad documenta ist?), das Angebot der Konditoreien gab bestimmt auch einiges her. (Im geschäftstüchtigen Wien z.b. gibt es Egon-Schiele-Torte zu kaufen.)
Sie glauben ja gar nicht, wie kreativ eine komplette Stadt und damit jeder Kleinstunternehmer angesichts einer solchen Veranstaltung alle 5 Jahre wird. Ich hätte die Kleinanzeigen im lokalen Käseblättchen aufheben sollen.
....ich weiß, welche Apotheke das ist....(hehehe).
Was ist denn der "vordere Westen"? Die Gegend um den Hauptbahnhof (nicht Bhf Wilhelmshöhe) oder gleich Wilhelmshöhe an sich? Oder isses dieses Villenviertel kurz vor Wilhelmshöhe, leicht nördlich davon?
Der Vordere Westen ist die Gegen um die Stadthalle drum herum. Nicht direkt Willemshöhe aber von dort aus zu Fuß durchaus gerade noch erreichbar. Praktisch vom Bahnhof stadteinwärts und links in die Sträßchen rein schlagen....
....hah...Goethestraße zum Beispiel? So um die Haltestellen Kirchweg und Bebelplatz rum?
verdammt, sind sie aber nun auf einmal schnell gealtert... die hut-wahl ist aber sehr geschackvoll. *g*
Die Hosenwahl hingegen nicht. (Ich wollt's dem Mann schon sagen, schließlich hat er eine Kunst-Professur.)
das ist aber dann völlig verständlich. die person darf nicht vom werk ablenken, das werk muss für sich stehen können. sonst könnte er sich ja bei dsds melden.
Ach watt... schmale Röhre wird jetzt wieder modern.