Fürsorge

Der Mensch ist wohl und würdig bei sich selbst, trägt er frische Leibwäsche. Mütter[1] wissen dies und haben beim Ausflug mit dem unselbständigeren Nachwuchs oftmals Berge von Ersatz dabei: Strampler, Windeln, Sicherheitsnadeln.

Rührend also, was uns Rock'n'Roll-Übermutter Patti Smith ins Gebetbuch 2007 schreibt: Bitte wechselt eure Socken! Nicht nur die Socken, möchte ich ergänzen, denn 2007, das ist neu, trägt man wieder Unterwäsche.

Man ahnt vielleicht meine Unbehaglichkeit, mich im Regionalzug nach Winsen ("Da finden Sie Luhe") im durchgeschwitzten Hemde zu finden! Zitternd und zagend und klamm! Es war natürlich die Hetze und die Aufregung vor solcherlei Premieren: das erste Mal, daß ich in Hamburg einen Regionalzug benutze (Kartenwirrwarr, Bahnsteiglabyrinthe, überforderte Männer, die zwar nach dem Weg fragen können (gelernt!), aber dafür keine Zeit mehr haben (Abfahrt: t minus 2 Minuten!)), das erste Mal, daß mich mein Weg ins schöne Winsen führt. Das erste Mal zudem, daß ich mich mit einer Nicht-mehr-Bloggerin treffe, ein Phänomen, das einem wandelnden Lourdes gleichkömmt. Es gibt Hoffnung! Es gibt welche, die haben es geschafft!

Jedenfalls möchte ich Beruhigendes verkünden: Es gibt vor allem einen Leibwäschebedarfsladen im beschaulichen Winsen, in dem man sich Ersatz beschaffen kann. Zweitens: An mit Plastikblumen geschmückten Resopaltischen kann man - in der richtigen Begleitung - wunderbaren Kaffee trinken. Meine Befürchtung, ein Sprühsahnehäubchen aufgesetzt zu bekommen, war unbegründet. Drittens: Mitbringsel, die Mitdenken und Fürsorge ausstrahlen, sind die schönsten. Für zarter gewandetete Leser, die nicht mit Toten Tieren durch das Jahr™ wandern oder in ihrer Wohnung Mäuse jagen, habe ich die Reliquie hinter einen Link gepackt.

Man könnte folglich auf den Geschmack kommen, dem urbanen Pennen entsagen, Ersatzleibwäsche packen und raus in die kleinen beschaulichen Orte. Dem Land der letzten Abenteuer. Vergesst den Schal nicht. Ist kalt draußen.

[1] Belehrung nach dem Gleichstellungsgesetz: Fürsorgliche Väter sind natürlich mitgemeint.

Ausfallschritt | 14:41h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
mark793 - Dienstag, 30. Januar 2007, 15:36
Ah, danke für Ihre ausdrückliche Fußnote. Da Sie selbst einmal flickwerkfamiliär ersatzvaterten, wissen Sie ja Bescheid, zu was für logistischen Kraftakten sich solche Ausfüge in die kleinen Städte und deren Umland auswachsen können. Da ist schon so mancher einfach versumpft ohne die richtigen Gummistiefel. Oder am Nordhang des Wilseder Bergs festgesteckt - wer da nicht das richtige Unterzeug drunter hat, spielt mit seinem Leben. Das kann man den jungen Leuten gar nicht oft genug sagen.

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kid37 - Dienstag, 30. Januar 2007, 16:18
In der Tat. Man macht da viel falsch.

Mein Kind wird diese Gummistiefel tragen:
Schmuck und trocken auch über den Socken

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liisa - Dienstag, 30. Januar 2007, 18:06
Sie wissen aber, daß man in solchen Gummistiefeln sehr schnell schwitzende Füße und somit stinkende Socken bekommt?! ;o)

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bluetenstaub - Dienstag, 30. Januar 2007, 18:22
Och. Sind die süüüß. ;)

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petersilie - Dienstag, 30. Januar 2007, 19:16
Entweder das Kind ist kein Kind mehr, bis die Stiefel passen - oder Sie haben/planen ein Kind mit bemerkenswert großen Füßen...

vielleicht sehen die Stiefel aber nur extrem groß aus, auf dem Bild

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kid37 - Dienstag, 30. Januar 2007, 19:44
Nach der Gummistiefelwanderung natürlich gleich Sockenwechsel - und wie die aussehen, dürfte auch klar sein. Kinder haben heute doch alle riesige Füße, da passen die schneller rein als man Podologie buchstabieren kann. Ich schätze, diese Stiefel waren so für achtjährige. Sagen wir neun. Ich habe sie leider nicht gekauft - ich kann mir ja nicht alles auf Vorrat hierhinlegen. Neulich sah ich einen schönen Wickeltisch...

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frau stella - Dienstag, 30. Januar 2007, 20:11
.. und ausserdem kann man nie wissen, ob ihr potentielles Kind nicht eine Streifenallergie hat...

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kid37 - Dienstag, 30. Januar 2007, 20:17
HAT ES NICHT! (Sonst sofort ab ins Heim!)

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anje - Dienstag, 30. Januar 2007, 22:27
und die Henkel oben dran sind wohl durchdacht, damit es sich im Falle eines Falles auch selber aus dem Sumpf ziehen kann, weil sie es dort schnöde stecken lassen, wenn es selbigen mit diesen Stiefeln betritt und damit das Sakrileg begangen hat, die Streifen zu beschmutzen?

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fishy_ - Dienstag, 30. Januar 2007, 23:10
LOL, die Stiefel sind das Größte! Sie hätten sie doch meiner noch neuen Nichte mitbringen können... Oder hält das Gummi keine 9 Jahre?

Der Buddellink war aber ne fiese Nummer - nach erstem Schreck bekam ich Angst wegen drohenden Augenkrebses - D***dl! Wie kommt denn solch eine Tüte in Ihren Besitz?

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kid37 - Dienstag, 30. Januar 2007, 23:40
Die lebenserhaltende Fähigkeit, sich notfalls selbst aus dem Sumpf ziehen zu können, wird meinen elf Kindern als erstes beigebracht, sollten sie das nicht bereits genetisch verankert haben (von mir geerbt). Schmutz hingegen, also so ein bißchen, gehört zum Leben dazu. Zum Kinderkriegen machen kriegen sowieso.

Frau Fishy, ich ärgere mich ja auch! Die waren auch bestimmt nicht teuer und wurden von recht sympathischen Menschen angeboten. Ist jetzt auch schon was her, da wußte ich noch nichts von Ihrer Nichte. Die Tüte ist grandios, nicht wahr? Ich habe sie stolz und tapferer noch nach Hause getragen.

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fishy_ - Mittwoch, 31. Januar 2007, 00:37
Schade. Ich werde danach Ausschau halten.
Schmutzig ist putzig & Dreck reinigt den Magen.
Tapferer Tütenträger. Weiß nicht, ob mir das gelungen wäre...

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lady.death1 - Mittwoch, 31. Januar 2007, 11:56
sieht nach meiner Schuhgröße aus ..
die will ich :)

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kid37 - Mittwoch, 31. Januar 2007, 14:09
Ich sehe schon, es war ein Fehler, die nicht gekauft zu haben.

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emberiza - Mittwoch, 31. Januar 2007, 14:52
Ich danke...
...für die erste mir über den Weg gelaufene Blogerwähnung meiner Geburtsstadt. Dass die Bewertung derselben etwas arg beschönigend ausgefallen ist, ist okay; seien Sie froh, dass es Regionalbahnen auch in die Gegenrichtung gibt.

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kid37 - Mittwoch, 31. Januar 2007, 17:24
Ich habe ein gewisses Faible für diese Orte, in denen die Zeit ein wenig stillgestanden zu haben scheint. "Gaststätten" mit beigen Gardinen und einsamen Blumentöpfen im Fenster, daneben ein metallenes Schild "Heute Ruhetag". Der "Mopped"-Treff an der letzten Tanke vor der Ausfallstraße. Das trotzige Nebeneinander pittoresken Dorfweihercharmes und "Mode für Mandy"-Damenboutiquen. Im Zentrum das (immerhin!) Kino als imaginärer und der erstaunlich belebte (nach 18.00 Uhr!) Bahnhof als realer Fluchtort und Tauschplatz von Sehnsucht.

Man sitzt da im Café, an der Theke läuft "Schuld war nur der Bossanova" und man denkt, alles sehr freundlich hier.

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emberiza - Donnerstag, 1. Februar 2007, 17:31
Geht mir genauso, was Bernau, Königs Wusterhausen, Strausberg, Teltow etc. angeht. Auch Wedel, Reinbek oder Pinneberg sind in Ordnung. Ist das Kino jedoch von ehemaligen Lehrern, die Tankstelle von ehemaligen Mitschülern und die einzige Buchhandlung vom selben motzigen Personal wie eh und je bevölkert, gibt es ein Problem, das durch "zum Auto und weg" (man ist ja motorisiert in der Gegend) am besten gelöst wird.

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