Wir nennen es Samstagabend

Und so schaue ich den silbernen Schalen zu wie sie langsam schwarz anlaufen. So sehe ich der Rostamöbe auf meinem Bisley zu, wie sie Scheinfüße ausstreckt, sich zögernd nähert und Kontakt sucht - zum lethargischen Nachbarfleck, der sich in all den Jahren nicht verändert hat.

Wenn man lange genug schaut, sieht man Fratzen und Visagen blitzen. Dein Gesicht sah ich schon lange nicht mehr. Manchmal nur höre ich von deinen Worten. Unangenehme Gewißheiten, eine unsicher tapsende Arroganz, von der man ahnt, was sie kaschieren soll. Wenn ich die Hand ausstrecke und die Flecken hier berühre, spüre ich den schorfigen Grund.

Man soll nicht schneller rosten als das Metall um einen herum, heißt es. Man soll niemals so schwarz sehen wie das Silber in der Küche. Sollte man eine Küche haben.

Am Samstag haben wir früher schlimme Dinge gemacht. Getrunken wohl auch und laute Musik gehört. Ich glaube, leichte Bekleidung spielte eine Rolle. Das ist zum Glück vorbei. Für die Junggebliebenen gilt: Sei kein Brett. Schüttel, was du hast. Ich sitze hier und starre den Heizkörper an. Solange, bis der Tanz vorüber ist.

>>> Ausschnitte aus Eraserhead, Wer hat Angst vor Virginia Woolf, Faster Pussycat! Kill! Kill!, Freaks und Die Verachtung ergeben dieses hundstolle Video zu Wildcat von Be Your Own Pet.

Homestory | 02:23h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
c17h19no3 - Sonntag, 21. Januar 2007, 04:17
silber ist immer ein wenig schwierig. wär´s gold, wär´s nicht silber, eben, also ganz anders, und der wert ist ohnehin immer eine herzensangelegenheit.
mit dem silber kann man es machen wie meine frau mama, die das ihre über die vor ihr sterbenden generationen liebevoll sammelte. irgendwann wogen dann die flecken schwerer als das silber, alles kam in eine große kiste und die große kiste in den keller.
mit dem silber kann man es aber auch machen wie der schmuckhändler, bei dem ich vor jahren gearbeitet habe. man kann es woche für woche liebevoll putzen, das raumklima konstant halten und dennoch immer wieder den schleier entdecken, vor allem auf den stücken, welche wenig gefragt in den hinteren ecken der vitrinen lagern.
mein silber liegt in der küche in einer schublade. die wenig benutzten stücke sind schwarz, die teelöffel hingegen noch ganz blank. fremden augen präsentiere ich nur das andere, das aus stahl, welches mir in einem moment der großzügigkeit zur verfügung gestellt wurde, in einem solchen moment, in dem ich für fremde verfrorene einen heizkörper aufdrehte.
wie immer im leben zählt nur, was man sieht, was man sammelt, aber der mehr sieht, kann zu einigem reichtum und möglicherweise zu gold gelangen.

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kid37 - Sonntag, 21. Januar 2007, 14:59
Das ist das Schöne am Silber: was einem nicht nah an Herz und regelmäßigem Umgang ist, wird stumpf, schwarz und unansehnlich. Und manchmal, so ohne Glanz, erkennt man auch erst die wahre Häßlichkeit der Dinge. Ihre Stillosigkeit, das Unvollendete der Form. Da fällt die Trennung doch leichter. Aus dem Keller, in den Keller - und schön dort bleiben.

Mittlerweile, die Zeit heilt alles, sehe ich manchmal so ein olles Messer und denke, das geht so gar nicht. Viel zu stumpf auch, gar nicht schnittig wie man mal dachte. Stahl ist da ehrlicher. Oft.

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c17h19no3 - Sonntag, 21. Januar 2007, 16:16
silber ist verspielt, kapriziös (das wird mein neues lieblingswort, irgendwie, ganz bestimmt), immer eine herausforderung. man darf nur des mitspielens dann nicht müde werden und das verhältnis von schönheit und aufwand nicht fehleinschätzen.
jahrelanges silberputzen und sich schlecht verkaufende stücke machen machen nur nicht unbedingt mut, ich habe, als ich mich schließlich mehr in der rolle der silberputzerin als der der verkäuferin und dekoriererin sah, den laden verlassen und woanders glück und hilfskraftlohn gesucht. ehrlicher stahl letzten endes, und auch der stahl hat seine unaufdringlich schönen, weichen seiten.

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kaltmamsell - Sonntag, 21. Januar 2007, 10:39
Das Wort "Rostamöbe" spielt sich vor meinen Augen als Shape Shifter auf, je nach erzwungener Silbentrennung. Schön.

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kid37 - Sonntag, 21. Januar 2007, 14:43
Die zweite, die sich nicht bewegt, ist offenbar, Achtung, eine Nirostamöbe. (Ich glaube, Herr Blue Sky hat mich tatsächlich angesteckt mit seinen Wortlisten.)

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novesia - Sonntag, 21. Januar 2007, 11:06
Violence! Violence! Sie haben mir mit diesem Video gerade den Sonntag (vielleicht sogar mein Leben) gerettet. (Mit Ihren Worten natürlich sowieso, ist ja klar...)

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kid37 - Sonntag, 21. Januar 2007, 14:48
Tura Satana und Liz Taylor in einem Video! Das allein wäre schon Nachricht genug. Und Eraserhead in einem Tanzfilm, haha. Ein schöner Krawall.

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saxanasnotizen.blogspot.com - Sonntag, 21. Januar 2007, 12:48
Ganz schrecklich Wort und Bild, ich meine vor allem das Video.

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kid37 - Sonntag, 21. Januar 2007, 14:51
Aber das zeigt es doch, wie es ist: brutal, energiegeladen, verzweifelt. Cinema verité mit ordentlich hüftbewegendem Lärm unterlegt. Da muß man mit!

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fishy_ - Montag, 22. Januar 2007, 16:28
Großartig.

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