Wunsch, was in Bewegung zu setzen
Als Kind wollte ich ja nie Lokomotivführer werden. So eine Art Traumberuf hatte ich nicht. Insektenforscher, klar. Ornithologe, auch mal. Bei meiner kurzen Phase als Revolverheld argwöhnte ich als Knirps schon, dieses Berufsbild gäbe es in heutiger Zeit gar nicht mehr (was wußte ich schon?). Vielleicht wollte ich Indianer werden, wie Kafka, schief in der Luft. Zur Eisenbahn jedenfalls zog es mich nie. Ich war auch immer Fan von Kleiner König Kalle Wirsch (auch wenn sich nun durch Re-Vision ergeben hat, daß die freundliche Fledermaus überhaupt keine Wienerin war, sondern Schwyzzerisch spricht) - und nicht von Jim Knopf. Aber wie das Leben so spielt - es war auch nie ein Herzenswunsch, einmal in einer Gartenzwergfabrik zu arbeiten, obwohl viele sich das als Traumberuf vorstellen.
Heute, als ich die wegen kyrillischer Sturmtiefen gestrandeten Menschen am Hauptbahnhof sah, dachte ich noch einmal an diesen Flugzettel, den die Deutsche Bahn AG die Freundlichkeit hatte, mir zu überreichen. Lokführer! (Ja, so heißt das nämlich. Und nicht etwa "Triebsteuermann" oder was einem sonst so pedantische Besserwisser zwischen Nudelsalat und Chili in fremder Leuts Partyküchen aufs trockene Brötchen schmieren wollen!) Lokführer! - ein Wort, bei dem den meisten das innere Kind in kurzen Hosen ordentlich stramm steht, Trillerpfeife im Mund und Hand am großen Dampfvorschubhebel.
Die könnten dann alle mitfahren, dreimal rund um Lummerland. Die ganzen sturmgepeitschten Menschen, ich nähme sie mit, rüfe, d'r Zoch kütt!, pföffe ihnen Mut zu mit meinem Signalgetröt - und den Kohlenklauern, unten am Bahnddamm, denen wönke ich fröhlich zu und würfe ihnen - gleich dem Herrn Ribbeck auf Ribbeck - noch ein paar Briketts hinterher. So wäre ich, ein rußgeschwärzter schwarzer Teufel im gestreiften Hemd, mit schelmischen Grinsen, und das speckige Käppi keck in den Nacken geschoben.
Vielleicht rufe ich morgen mal an bei dieser Stelle. Und sage, ich fahr den Zug, nach irgendwo. Und scheiß auf den Fahrplan.
Oh, hl. Lockkraft: Zwei Jungs stehlen eine
Lokomotive in Ohio.
Sie dürfen doch nur Wuppdika rufen. Neee, das is nix für Sie, dieses Eienbahnfahrzeugführen. Glaub ich nich. (Und jetzt husch-husch wieder ab nach Ohio mit dem Ding...)
Ich könnte aber "Stressbewältigung" und "Konfliktvermeidung" lernen. Was meinen Sie, wie aalglatt ich damit als Blogger KARRIERE machen könnte?
... und Hand am großen Dampfvorschubhebel.
welch fantasie. *g*
Mein Traumberuf war immer Förster im Hinterwald. Aber man hätte das Abi gebraucht. Da bin ich eben naß geworden - im Regenwald.
Lok Führer .
Hm.
Zug nach Nirgendwo?
:)
Wenn Du nicht so daneben wirst wie der Herr Anders :)
Ja, die Lok war schon immer ein Trittbrett für Menschen, die die Welt nachhaltig veränderten.
Ist nicht auch Vladimir Illitsch Lenin von Finnland heimlich als Lokführer nach Russland gefahren , um Revolution zu machen ?
Heute hätten Sie ja schon mal frei.
Lokführer? Ich wollte als hoffnungsvoller Fünfjähriger Demolition Man werden: Baggerführer.
Dabei fällt mir auf, wieviele "Führer" immer noch durch die deutschen Sprache geistern...
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Ach ja: Wladimir Iljitsch fuhr im verplombten Waggon nach St. Petersburg.
Ist das nicht frustrierend, wenn immer andere die Weichen stellen?
Als Kind wollte ich lange Archäologin werden. Etwas von der schon früh angelegten Neigung zum Bewahren und Konservieren ist mir geblieben. Wenn andere den Zug der Zeit in Bewegung setzen, versuche ich wenigstens Teile der Vergangenheit zu erhalten. Ich glaube, das nur als Beispiel, ich bin die Einzige in meiner Häuserzeile, die, als man die orginale Ornamentik der Fassade abgeschlagen hat, um die Mauern mit Styropor zu verkleiden, aus dem Bauschutt schöne Bruchstücke des alten Dekors geklaubt und aufgehoben hat. Vielleicht bleibt ja bei vielen Menschen vom einstigen Traumberuf ein bißchen was in veränderter Form im späteren Leben übrig.
Bei mir im Haus wurden neulich die alten Keramikfliesen im Treppenhaus abgeschlagen und alles frisch, sauber und anonym geweißt. Die Farben waren jetzt nicht so wirklich schön (ein rötlicher Braunton, mit schwarzer Kante) - aber es war das einzig individuelle und "alte" in diesem eher unspektakulären Nachkriegshaus. Leider haben mir die Arbeiter keine Fliese aufgehoben, obwohl ich darum bat. Na ja, aber wenn ich alles sammel, brauche ich bald keine Lokomotive, sondern zuerst mal einen Güterwaggon.
Archäologe war auch mal unter meinen Wunschberufen. Vorzugsweise Pyramidenforscher. Vielleicht hat aber doch der Revolverheld in mir überlebt. Freche Menschen behaupten, ich hätte so einen etwas hüftsteifen Gary-Cooper-Gang.
So ein hüftsteifer Gary-Cooper-Gang ist aber wirklich nur bei der maskulinen Ausgabe des Homo Sapiens Sapiens wirklich cool. Die feminine Version sieht einfach nur aus wie ein Trampel. Oder aber sie ist schwanger...
Na, da schaue ich heute abend am besten noch mal nach. Mit der Hand am großen Dampfvorschubhebel.
Vergessen Sie nicht, mit der anderen Hand ab und zu den
Totmannknopf zu drücken. Sonst könnte das Vergnügen schnell vorbei sein...
Ist der Zug nicht schon längst abgefahren? (aua)
Und hüten Sie sich vor den Echokugeln. So hießen die doch?
Oh, die waren schlimm. Eine heimtückische Falle vom fiesen Zoppo Trump und seinen üblen Gesellen!
Und was ist aus allen wirklich geworden? Computergammler.