Der gefundene Satz, 25
Eines Tages, als sie noch ganz von Liebe erfüllt nach Hause zurückkam, fand sie ihren Mann an der Decke aufgehängt. Sie stieß einen kurzen, aber so wilden Schrei aus, daß die dünne Schale ihrer Vernunft für immer zerbrach.
(Philippe Paringaux, Jacques Loustal. Die Farbe des Traums. 1994.)
Wow, wirklich ein gehaltvoller Hammersatz! Macht auch immens neugierig auf den Rest der Geschichte! Danke für's "teilen"
calla -
Donnerstag, 22. Dezember 2005, 01:47
die dünne schale der vernunft...
was findet sich darunter?
Erschreckend, wie dünn diese Schale ist, auch wenn sie ein Leben lang hält, und was genau sich unter der Hülle befindet, möchte man dann am wenigstens wissen, wenn man diesen Quellen am nächsten kommt.
das ist zuviel .... mir wird schlecht .... zuviel
Übrigens ist dieser Satz die ganze Geschichte. Loustal kombiniert häufig "harmlose" Einzelbilder mit ein, zwei lakonischen Sätzen, die dem Bild dann einen überraschenden, oft melancholischen oder gar bedrohlichen Subtext geben. Irgendwo gibt es ein Bild wie aus einem Familienalbum mit der Unterschrift "Vera wohnt jetzt bei Verwandten in der Stadt. Aber in letzter Zeit gibt es Probleme, denn der Onkel stellt Ansprüche."
Man ahnt immer mehr, als man weiß, als ausgesprochen wird. Das Befremden, der Raum für Spekulation weitet sich, weil alles in der Schwebe bleibt. Im Unbenannten. (Was meiner Meinung auch zeigt, daß man hochverdichtete Texte nicht durch eingestreute Derbheiten torpedieren sollte.)
Sehr schön. Sehr reizvoll. Beunruhigend Noir auch.
Man ahnt immer mehr, als man weiß, als ausgesprochen wird. Das Befremden, der Raum für Spekulation weitet sich, weil alles in der Schwebe bleibt. Im Unbenannten. (Was meiner Meinung auch zeigt, daß man hochverdichtete Texte nicht durch eingestreute Derbheiten torpedieren sollte.)
Sehr schön. Sehr reizvoll. Beunruhigend Noir auch.
Ich stolpere immer über das "noch". Manchmal habe ich den Verdacht, diese Liebe bezieht sich gar nicht auf den Mann an der Decke.
brittbee -
Donnerstag, 22. Dezember 2005, 13:36
Ich bin sofort von einem Liebhaber ausgegangen. Das sagt vermutlich mehr über mich als über den Satz aus.
bluesheep -
Donnerstag, 22. Dezember 2005, 18:26
...vielleicht eher auf die heile Welt ? Der Verlust einer Liebe, besonders bei einem Suizid, ist das zerschlagen eines Stützpfeilers der Ratio. Der Mann hing sich bestimmt nicht auf, weil sein Job mies war, oder nicht ?
kid37 -
Donnerstag, 22. Dezember 2005, 20:49
@ BB: Sie sind eine Frau. Sie müssen sich nicht rechtfertigen.
Herr/Frau Bluesheep: Wohl eher auf die Illusion einer solchen.
Das ist eben das schöne an solchen Geschichtsfragmenten.
Kopfkino, wie Herr Rabe schon sagte.
Herr/Frau Bluesheep: Wohl eher auf die Illusion einer solchen.
Das ist eben das schöne an solchen Geschichtsfragmenten.
Kopfkino, wie Herr Rabe schon sagte.
Ach wissen Sie,
gestern, geschwängert von vorfreudiger Erwartung, ein mir per Tombolalos zugefallenes Geschenk zu erhalten, in einem kleinen Raum sitzend, als einziger Deutscher unter einer Unzahl von anzahlmäßig überlegenen Nationalitäten, zerbrach bei mir mehr als nur eine Schale. Man könnte direkt sagen, es war das gute 24-teilige von Oma. Entsprach es doch der Ironie des Schicksals, dass ich die einzige CD mit deutschen Weihnachtsklassikern erhielt, wo es doch galt,gar köstliche Köstlichkeiten zu erhalten. Das, meine lieben Freunde, sind die wahren Tragödien des Alltages, die mich manchmal, aber wirklich nur ein ganz kleines bisschen verzweifeln und hier, im behaglichem Café, einkehren lassen!
kid37 -
Freitag, 23. Dezember 2005, 22:07
Wie schön. Rabauken wie Sie habe ich ja still ins Herz geschlossen. Singen Sie einfach heimlich mit und grämen Sie sich nicht. Selbst die Patti Smith Group hat mal "White Christmas" gecovert! (Beim nächsten Wichteln dann was Leckeres.)