Natürlich wäre ich lieber an den Strand. Natürlich aber nicht alleine. Dann lande ich doch nur wieder im Supermarkt. Merkwürdiges Gefühl, daß ausgerechnet ich angesprochen werde. Ein junger Typ wünscht Beratung beim Wein. Er habe beobachtet, daß ich vier Flaschen in den Wagen geladen hätte. Offenbar kenne ich mich aus.
Er will einer Frau "was Hübsches schenken", nicht zu trocken. Ich weise auf meine Flaschen. Ich trinke nur billigen Wein, erkläre ich. Das hält mich aber nicht davon ab, dem jungen Mann eine önologisch umfassende Abhandlung über die Weinregale des Discounterwesens runterzubeten.
"Trocken ist nicht sauer, Mann!" herrsche ich ihn an und im Stillen denke ich, was der will, ist Pflaumenschnaps.
Es sei doch wegen dieser Frau, und er trinke keinen Wein. Ich zeige ihm das Sondersortiment, das es vor Weihnachten gibt. Nein, nein. So viel wolle er nun auch nicht anlegen. Deshalb sei er ja auf mich gekommen. Wir blicken beide stumm auf die Flaschen für 1,49 € in meinem Wagen. Ich seufze und drücke ihm einen Bordeaux für fast drei Euro in die Hand. Da, Junge. Da hast du was Feines. Die Gegend ist schön da, ich habe da schon mal Urlaub gemacht.
Und schau mal auf das hübsche Etikett. Sie wird dich lieben dafür. Er schaut mich an und für einen Moment, bilde ich mir ein, sind wir Freunde.
Eine gute, nein trinkbare Flasche Wein ohne auf die Dauer gesundheitliche Schäden davon zutragen, kostet um die 8 bis 20 Euro. Guter Wein beginnt bei ca. 15 Euro. Die Preisangaben gelten für das Bundesgebiet.
Aber sagen Sie, eine Flasche für 20 Euro: Entnimmt man der dann mit der Pipette ein, zwei Tropfen und löst die in einem Glas Wasser auf? Das wären ja im Monat gut und gerne 400 Euro nur für Wein. Wenn dann noch die Edel-Schokolade dazukommt...
Das übersteigt leider meine Möglichkeiten.
Aber guter Wein beginnt ab 15€? Also mein Gaumen orientiert sich ab der 1,50€ Grenze (OK, 1,49 geht da auch noch) bis zu 8€. Die Weine zwischen 8€ und 40€ sind meistens überbewerteter Schrott. Wenn Sie einen wirklich guten Wein wollen, dann stellen sie am besten Ihr Portemonnaie auf den Kopf und schütteln ganz heftig, bis vier Zehnerscheine herausfallen.
Das sag ich jetzt mal so, als versierter Allessäufer.
Mit den Pestiziden haben Sie natürlich recht, aber hey, das braucht seine Liebste doch nicht zu wissen. Vielleicht haben sie da ja irgendein Turboaphrodisiacum mit reingepantscht, der den Wein und die Dame vor dem Gefrieren bewahrt.
Seit meiner pubertären Phase begleiten mich, neben Anderen marginal auftretend, zwei Leidenschaften im Wesentlichen. Die Zweite Passion ist jedenfalls gutes Essen und guter Wein. Mag sein das es etwas verschroben klingt, aber es geht auch beim Essen um Lebensqualität und man kann auch selbst ein ganz brauchbarer Koch werden – mit Muse und Sinnlichkeit.
Mir ist das alles sehr fremd. Herr Mequito hat mir aber neulich einen vorzüglichen Schinken geschenkt. Seither durchweht selbst meine Wohnung ein Hauch von carnaler Lustbarkeit.
Pah, wer´s glaubt...
Sie mögen schöne Strümpfe und fotografieren nackerte Mädels.
Das stört mich übrigens am meisten an meinem Lieblingsdiscounter, da haben Sie recht. Diese Flut an Weinen aus Chile, Südafrika und Ozeanien. Die kosten dann zwei Euro; da bekomme selbst ich Bedenken. Von der Umweltbelastung durch die Transporte ganz abgesehen.
Im Stern war ein Artikel über Auswanderer aus Deutschland, die sich in Frankreich einen Weinberg gekauft haben. Wenn es dort DSL gibt, bin ich dabei.
Und jetzt lesen alle die Geschichte oben noch einmal und hängen einfach an alle Preise hinten eine Null dran. Menno. Ich brauch jetzt erstmal einen Segafredo.
(Apropos: Wurde die letzte Lese vom St. Pauli Südhang nicht komplett geklaut? Waren Sie das, Herr Bossanova? ;-))
herr kid, der verzweifelte junge mann hat sie sicher mit matt skinner verwechselt, sehen sie es ihm nach. sie wirkten sicherlich sehr hip und unkonventionell, wie sie da so sicher nach den weinen griffen.
leider bilden sich aber viele nur ein, "weinkenner" zu sein.
darauf verzichte ich gerne, denn ich mag wein trinken und schmecken und nicht in den mund nehmen und anschließend ausspucken, das ist mir suspekt.
ich habe schon weine getrunken, die mehrere hundert euro pro flasche gekostet haben und sie haben mir meist kaum so gut geschmeckt wie der riesling aus der pfalz für 2 euro vom discounter. was bleibt ist der sinn und zweck und wenn man einen schönen abend mit einem wein, der einem geschmeckt hat, erlebt hat, dann ist es wohl vollkommen egal, wieviel er gekostet hat.
solange er nicht aus dem tetrapack kommt... ;-)
Ich kann das aber bestätigen. Sehr teure Weine müssen nicht unbedingt sehr viel besser schmecken. Aber ein guter Chablis schemckt selbst mir besser als das Essigwasser aus mancher grünen Billigflasche. (Außer, man hängt grad am Kreuz und will sich selbst kasteien.)
__toffy
Vor drei Jahren wurde in Kanada der beste Rotwein weltweit durch eine brillante Kennerschaft und zur gleichen Anzahl mit Leihen ermittelt. Die Weine waren ohne Etikett und nur mit Nummern versehen. Und siehe da, der beste Rotwein - einstimmig - war kein Franzose oder Italiener, es war ein Wein aus dem Land das für seine Panscherei bekannt ist -ein Grieche!
Wie bereits erwähnt hat sich auch hier der Winzer dadurch von der Masse abgestützt, indem er sorgfältig eine Rebe angebaut hat die für die griechisch-klimatischen Bedingungen bestens geeignet war. Eine Rebe die auf dem Festland und den Inseln seit einigen hundert Jahren angebaut wird, allerdings nur als Zusatz zur Vermischung mit anderen Sorten gesehen wurde.
Zum Schluss. Sorten wie der Riesling, Pinot, Merlot usw. sind gezüchtet und führten in der Vergangenheit ein Schattendasein. Weinreben sind wie vieles andere auch einer Geschmacksmode unterworfen. Vor 10 Jahren galt Riesling noch als gesellschaftsunfähiger Wein, obwohl er nicht anders schmecke als Heute. Das, was Herr Kid beim Discounter kauft ist ebenfalls ein Resultat der Weinmode. Würde auf der Flasche „Vino di Clinton“ stehen wäre der Erfolg niederschmetternd. Diese Rebe ist zum Bespiel 2000! Jahre alt und wird als Schattenspender an den Häusern in Italien angebaut. Der Wein daraus ist einsame Spitze und mit den gängigen Sorten nicht vergleichbar. Getrunken wird er von den Weinbauern die das Zeug das aus ihrer Genossenschaft kommt nicht anrühren.
@Nicodemus: "Clinton" wäre ein Hit, das assoziiert ja Weine à la Venusberger Liebfrauenmilch oder Feuriges Tröpfle der hl. Monica. (Auch wenn es mir in dem neongelbgrünen Internetcafé, in dem ich gerade sitze, etwas schwer fällt, kulinarische Edelgenüsse zu fantasieren.)
Neulich geisterte ja diese Meldung durch die Presse, daß ein empörter Winzer Discounterweine in seine Flaschen gefüllt habe und von der Testkommission verkosten ließ. Mit durchweg positiven Ergebnis. Der Lidl-Mozzarella hat ja kürzlich in der Blindverkostung auch alle Konkurrenten aus dem Feld geschlagen, am schlechtesten schnitt wohl (leider) die Bio-Variante ab. Aber nun denn. Chacun à son gout. Ich trinke gleich bestimmt noch was gutes Rotes, weil ich eingeladen bin ;-)