Traumtagebuch



Als Somnambulist fühle ich mich von der nächtlichen Ausgangssperre besonders hart betroffen. Wie oft stehe ich nächstens auf dem Dachfirst oder unten im Park, träume weiter auf einer eng begrenzten Stelle fahlen Mondlichts oder bin unversehens erwacht, meilenweit von daheim entfernt, in einer fremden Straße, einer fremden Stadt und fühle mich, als sei ich durch eine naturhistorische Sammlung spaziert, durch eine tiefe See. Bin gewandelt zwischen seltsamen Wesen wie trunken, und dann flasht einem vielleicht eine Polizeimaglite ins Gesicht, wohin, woher, wie ist ihr Name?

Man taumelt so durch den Tag, die Welt immer fremder, verwaschene Erinnerungen an dieses oder jenes oder auch den Alltag, oben und unten, hinten und vorn neu priorisiert, ein morgendliches Hallo zu den Zimmerpflanzen, reime Impfe auf Schimpfe, putze hier ein wenig Staub, schlage dort ein neues Buch auf. Lasse mich hin- und hertreiben wie so eine Tiefseequalle mit langen Tentakeln, dümple von Wellen, Strömungen, Ankündigungen bewegt hierhin und dorthin. Alle Klänge merkwürdig gedämpft, von Rauschen getränkt, hallo, hallo, wohin, woher, wie ist ihr Name.

Bin ein wenig matt.

Homestory | 12:48h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
herrrau - Freitag, 23. April 2021, 19:10
Der Ruf der tiefen See... nur zur Sicherheit, haben Sie Vorfahren aus Innsmouth? Dort ist auch alles merkwürdig gedämpft und manche Leute fragen sich nach ihrem Namen.

https://www.youtube.com/watch?v=NZvbOPgK5TE

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kid37 - Freitag, 23. April 2021, 20:11
My Slimy Cephalopod
"Your deep ones can love, too". Oh, da haben Sie mir aber eine Türe geöfnnet! Vielen Dank. Schaue gerade diesen wunderbaren Konzertmitschnitt, der einem das austernklammrige Herz öffnet. (Bin nicht sicher bei den Tänzerinnen, denen täte ein Tentakelkostüm vielleicht gut.) Die scheinen ja echte Perlen im algenverschlickten Programm zu haben. "Somewhere Under The Ocean", großartig.

Das ist so ein bißchen wie das Dale Cooper Quartett and The Dictatphones für David-Lnych/Twin-Peaks-Fans.

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au-lait - Freitag, 23. April 2021, 20:50
Ich habe unlängst geträumt, ich sei Obdachloser und würde nach der Sperrstunde von Ordnungshütern an die Kandare genommen. "Sie haben jetzt zu Hause zu sein", sagte der Beamte - "aber ich wohne doch hier", sagte ich und griff meinen karierten Schlafsack.

Schön, zurück zu sein - und spannend, nach Absurdistan ein neues Blogkapitel aufzuschlagen. Zwölf Jahre später.

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kid37 - Samstag, 24. April 2021, 20:11
Ah, long time no see. Willkommen zurück. Ja, die Zeiten verlangen Ordnungssinn. Sonst wird alles von Pandemietentakeln in einen ewigen Schlaf gerissen.

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