Altmannbetrachtung


Pandemiepusteblumenfrisurvergleich (Beweisfoto 1)

Hinter dem Schlafraum hatte Man Ray sein Fotolabor eingerichtet, das so eng war, dass nur er allein Platz darin fand. Dort standen auf einer roh gezimmerten Ablage ein altertümliches Vergrößerungsgerät und auf den Regalen an den Wänden diverse Flaschen und Entwicklerschalen sowie ein Stapel sauber beschrifteter Schachteln mit Negativen und Kontaktkopien. Das Durcheinander auf dem Arbeitstisch und der auf den den Dingen liegende Staub verrieten, dass der Künstler in diesem Labor schon lange nicht mehr gearbeitet hatte. (Herbert Molderings, Atelier Man Ray, S. 6.)

Manchmal ist man den großen Vorbildern so nah. Beim Umräumen in den letzten Tagen, während ich zwischendurch immer wieder mal meinen neuen Akkuschrauber kurz anlaufen ließ, ein wohlig schnurrendes Duett gaben wir da beide, stieß auch ich in tieferen Grabungsschichten auf meine Dunkelkammer. Und siehe da: nicht nur verriet der auf den Dingen liegende Staub, daß der Künstler hier schon länger nicht mehr gearbeitet hatte, es fanden sich auch allerlei Entwicklerschalen und Flaschen, sauber beschriftete Kartons mit Negativen und Kontaktabzügen sowie ein als "altertümlich" bezeichenbarer Vergrößerer darin. Fast hätte ich erwartet, daß Herbert Molderings klingelt, der in zeitgenössischen Latzhosen gekleidet Man Ray und dessen Wohnatelier in den 70er-Jahren in Paris besucht, alles durchfotografiert hatte und später ein Buch dazu veröffentlichte.

Das neue Regal strahlt nun Arbeit & Struktur aus, die Arbeit über Kopf hat neuentdeckte Muskelgruppen aktiviert, und meine vom Sturz im frühen Jahr lädierten Hände schmerzen wieder ganz ordentlich, es ist also noch Leben darin. Oder ein Trümmerbruch. Bin also bereit, wenn sich in Hamburg alles wieder öffnet, mich in dunkle Kammern zurückzuziehen oder besser gesagt, den heimischen Rotlichtbezirk. Allzeit bereit!

Derweil beobachte ich fasziniert wie ein moderner Robert Anton Wilson das Summen von Verschwörungstheorien. Ich habe auch eine neue Erkenntnis gewonnen: Covid-19 verwandelt Köpfe in Pusteblumen! (s. Beweisfoto 1) Ob der von Pathologien besessene Hamburger Pathologieprofessor dies wohl bestätigen kann? Morbus Löwenzahn nennt der Pschyrembel dieses Phänomen. Eine der nächsten Auflagen wird dies bestätigen. Weht mir erst der Wind durchs Haar, verstreue ich mich in alle Welt. In tausend kleinen Strahlen.

Homestory | 21:19h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
fritz_ - Mittwoch, 13. Mai 2020, 23:26
Im Keller fand ich vor ein paar Tagen Holzkästchen mit Dias und in derselben Schublade einen kleinen Diaprojektor mit Metallgehäuse.

Im selben Schrank goldene Pumps und rote Sandalen in der Machart von irgendeinem Zeitpunkt der Vergangenheit. Es muss verdamp lang her sein, ich habe die Schuhe nie live gesehen.

Jetzt such ich mir einen Feiertag raus (¡Buenos días!), an dem ich mir die Pics reinziehe, ohne mich zu gruseln.

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kid37 - Donnerstag, 14. Mai 2020, 00:23
Ah, Sentimental Journey. Ich kenne das mit den Schuhen mit einem knallfarbigen Cowboyhut. Ich trage sowas daher jetzt gleich einfach selber! Die Leinwand habe ich auch umgeräumt, neulich habe ich ein paar Reisedias eingescannt und dabei festgestellt, daß ich mal ganz anders aussah. Fast fremd.

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fritz_ - Donnerstag, 14. Mai 2020, 01:55
Ohne dass ich sie schon gesehen habe, weiß ich doch, dass die Dias vor meiner Lebzeit herstammen. Die Schuhe könnte ich nicht tragen, die sind sieben Nummern zu klein.

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fidibus - Donnerstag, 14. Mai 2020, 09:59
Große Pusteblumenliebe.

Und neben der ganzen Requisiten-Hin-und-Her-Schieberei basteln Sie auch noch spannende (Vimeo)-Filme in Ihrer Kammer! Find ich gut.

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kid37 - Donnerstag, 14. Mai 2020, 19:34
Das kommt nur daher, weil ich beim Umräumen ständig auf diese alten, halbverrosteten Filmdosen stoße. Da bin ich neugierig.

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samojede - Donnerstag, 14. Mai 2020, 11:33
Ich kann Ihnen kleine neue Frisur machen. Ich sag danach auch: So, jetzt fällts wieder schön
( ) fluffig
( ) frech
( ) gülden
Arbeite allerdings nur mit Messer(n), ist ~präziser~ 🔪

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samojede - Donnerstag, 14. Mai 2020, 18:09
{I kann auch KESSE Schnitte. Je nach Gusto.}

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kid37 - Donnerstag, 14. Mai 2020, 19:35
Sehr gut, ist notiert. Bei einer Pusteblumen muß man ja nur mal kräftig durchpusten, wie der Name schon sagt. Schon ist alles ordentlich. Aber so ein frecher Schnitt würde mir sicher so eine gewisse Note verpassen.

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fritz_ - Donnerstag, 14. Mai 2020, 19:32
Bin heute bei Friseurin gewesen. Lange nicht gesehen und doch wiedererkannt. Ich sehe jetzt ums Haar rum wieder aus wie Peppermint Patty, wenn sie beim Friseur war.

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kid37 - Donnerstag, 14. Mai 2020, 19:38
"My friends call me Sir!" Sehr gut. Ich bin auf dem Weg zu Charlie Brown, glaube ich. Sicher nicht alters-, sondern coronoabedingt.

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