Mit toten Tieren durch das Jahr
In der beliebten Reihe Mit toten Tieren durch das Jahr (siehe auch hier und hier) kommen wir heute zu der Saatkrähe (Corvus frugileus).
Dieses hübsche, aber blau- und steifgefrorene Exemplar begegnete mir heute in der Mittagspause. Vögel gehören bekanntlich auf den Baum, liegen sie einem zu Füßen, ist meistens was kaputt.
Leider hatte ich keine Tüte oder ein Gefäß dabei und einfach so auf die leichte Schulter wollte ich das arme Tier auch nicht nehmen, denn auf die leichte Schulter kommt bei mir nichts so schnell. Die Kollegen haben mir auch verboten, meine Funde im Kühlschrank der Fabrik zwischenzulagern. (Das waren natürlich die "harten" Gesellen aus der Splatter-Gartenzwergabteilung, mir so rechte Wichte, die immer von Mord und Toschlag hinterm Gartenzaun fantasieren, aber einknicken, sobald das wahre Leben seinen Schnabel zum Fenster hereinhält.)
Normalerweise nehme ich solche guterhaltenen Exemplare mit nach Haus. Der Gesellschaft wegen, aber auch um zu schauen, ob man noch etwas reparieren kann. Vielleicht fehlt ja nur eine Kleinigkeit, winselten die Kunden nämlich früher, als ich noch im Werkstattbereich eines Rundfunk- und Fernsehgeschäfts aushilfsarbeitete. Mir ist da bislang nicht viel geglückt, auch wenn ich zu den Menschen gehöre, die einfach nicht einsehen wollen, daß eine Sache tot ist, wenn es heißt, "du, ich möchte dich lieber nicht mehr sehen, glaube ich, und außerdem ist da jetzt der Mike (oder Sven oder Piet oder Falk oder Rico)."
Dieser forsche Rabenvogel hätte sich bestimmt auch in meinem Reliquienschrein mit Bloggerzähnen gut gemacht. Nun, dann beim nächsten Mal. Jedenfalls sollten wir auch dieses Memento mori zum Beginn des Wochenendes im Geist und im Herzen bewahren. Seid nett zueinander. Es könnte das letzte Mal sein.
so ein schöner vogel, auch noch im tod
überhaupt das bild. ich habe schon ein paar tote vögel gesehen, aber noch keinen so schön. wie hingebettet in seinem schwarzen kleid
Der Vogel wirkt tatsächlich wie abgelegt oder hingebettet. Nicht so, als sei er grad vom Baum gefallen. So schön schimmert der blaue Glanz seines Gefieders. Als 80er-Gothics wollten wir die Haare immer so haben: blauschwarz. So kalt waren wir schon.
Ich wünschte, ich hätte mehr schöne Bilder.
Ach was, wir wollten zwar cool sein, belastende Dinge nicht an uns ranlassen, kalt knallende Musik abkönnen wie das ganze Zeux von Front242, Nitzer Ebb, A Grumh und Krupps. Aber wirklich kalt waren wirklich die wenigsten von uns. Und falls Sie damals zu den wirklich Kalten gehört haben sollten, Herr Kid, dann sehe ich da eine gewisse Diskrepanz zu Ihren Beiträgen und Kommentaren, aus denen nach meinem Dafürhalten doch immer wieder so was wie unzureichend getarnte Herzenswärme durchscheint...
Also Verunglimpfungen verstoßen gegen die AGB, das sage ich gleich. Ok, es hieß immer nur "Ich möchte ein Eisbär sein..." Aber da waren Sie doch noch viel zu jung.
Kälte war schon ein zentraler Begriff im Denken von 1980. Erinnern Sie sich an "Kalte Sterne" von den Neubauten. Oder an The Cures "Cold", was dem "burn like fire in Cairo" nachfolgte. Oder - morgen lösche ich das vor Scham - Ideals "Eiszeit".
Richtig kalt aber waren die übriggebliebenen, dünnen 70er- Bubis auf Methamphetamin, Speed und Kokain. Die hörten "It's just an Illusion" von, glaube ich, Illusion. Und Grace Jones, natürlich. Seither trage ich immer einen Schal, auch wenn das jungen Frauen heutzutage nicht gefällt.
mit den kühlenden Pülverlein. Meth war in der Tat ein Hippie-Ding, für das ich zu jung war. Aber für die NDW-Eisbären und die biochemischen Torheiten jeder Epoche hatte ich genau das richtige Alter. Bis hin zu Leuchtstoffröhren-Beleuchtung, der ich (zumindest im Arbeitszimmer) immer noch was abgewinnen kann. 5600 Kelvin ist das kühlste Licht wo gibt.
Und dieser Tage hatte ich mich just auch gefragt, wer zum Teufel dieses "It's just an Illusion" am Start hatte. Ich glaube, die hießen Imagination...
Imagination, genau. Das muß es sein. Ich sollte im übrigen auch nicht die Epochen und Begriffe durcheinanderschütteln und "Gothic" schon nach 1980 verlegen. Gemach. Aber Sie sind ein paar Jahre jünger als ich, habe ich neulich gelesen, deshalb meine Bemerkung.
Ich hoffe aber, Sie haben nicht so fiese Energiesparlampen?
Sehr schön, danke. Ich weiß auch nicht, wie ich es zurück in die Fabrik geschafft habe.
Dachte immer, mit meinen 41 wär ich der Methusalem - und Sie wären erst 37, haha.
Paar Energiesparlampen hab ich übrigens doch, aber die stecken in so bunten Funzeln, dass es überhaupt nicht auffällt. Im Arbeitszimmer hab ich ne waschechte, nackte Tageslichtröhre am Start, die ersten 20 cm nach der Fassung mit blauer Folie abgeklebt, damit verwandelt sich jeder Raum in ein drei-Sterne-Kühlfach.
Und klar, Gothic war als Begriff anno achtzich noch nicht talk of the town. Selbst darkwave war vermutlich nochn paar Jährchen hin. Aber um ehrlich zu sein bin ich da kulturhistorisch auch nicht mehr sooo sattelfest. Mit zunehmender Entfernung verschwimmt diese Epoche zusehends vor dem inneren Auge...
Ich hätte den Herrn Kid auch jünger geschätzt, nicht zuletzt aufgrund seiner hier ab und an aufgelegten Posing-Pics, die ihn immer so juvenil inszenieren. Andererseits ging es hier auch schon um die Rente, also die Rente des Herrn Kid, genauer: seine Nicht-Rente. Aber Bilder sind doch noch stets die besten Leimruten.
41? Ich nehme alles zurück und neige mein Haupt, denn wir schenken uns nichts. Sehr schön. Und ich sage jetzt auch nicht, ich hätte "793" erwartet.
Ich rechne für die Schnelle immer so Punk/New Wave/PostPunk-PositivePunk/Gothic... einigen wir uns auf '82 irgendwas.
So eine blaue Neonröhre in der
Küche hatte ich auch (hier allerdings die 1985er Version). Jedoch nie diagonal auf der Wand, das wäre eigentlich zwingend gewesen.
@Sonrisa: "Poser" ist schon richtig ;-) Trotz meines Alters versuche ich, mir eine juvenile Pose zu bewahren. Das sind die lebenslustigen Gene von Väterchen Kid, die mich jünger wirken lassen.
als wär ich in dieser Küche schon gewesen. Ts, ts. Übrigens hatte ich aus irgendwelchen diffusen Gründen schon länger vermutet, dass Ihr Baujahr auch so um den Dreiundsechziger-Dreh (plusminus 1,5) liegen dürfte.
Auf die Gefahr hin, einem Projektionsphänomen aufzusitzen, könnte ich mich sogar fast dazu versteigen, Ihren Geburtsmonat auf November oder so um den Dreh zu taxieren. Wegen der Hermetik. Hermes=Merkur=Quecksilber undsoweiter. Aber womöglich spinn ich auch nur rum...
Die mit dem Götterboten und dem Quecksilber - sind das nicht die, für die es hier eine eigene Forschungsabteilung gibt?
@herrkid: Ich wünschte mir ihre Gewissheit, ich versuche mir dieser Tage durch die Meinungen meiner Leser wenigstens eine Ahnung zu verschaffen, ob ich nun ein lebenslustiges oder doch mehr ein depressives Geschöpf bin. Den "Poser" fand ich etwas sehr personifizierend und da man mir ab und an Gewalt androht, weil ich zu forsch daherparliere, bin ich als Gast manchmal etwas vorsichtig und zittrig und lapidar im Ausruck. Da sie aber ja trotz ihrer fabelhaften juvenilen Pose (wirklich: ich neige mein Haupt, mir würde solche Aufnahmen kein Apparat des blauen Planeten spendieren) auch ein Freund der großväterlichen Tonlage sind, werden sie mir das eine wie das andere doch entschuldigen, zumindest bitte ich darum. Ich weigere mich in ihrem Blog dämlich herumzuzwinkern, das sollten sie mir jedoch als gutes Benehmen gegenüber ihrer dramaturgisch hovhwertigen Textproduktion veranschlagen, nicht als eine Nachlässigkeit der Umgangsform.
Eigene Forschungsabteilung? Wenn Sie Details parat haben, lassen Sie mich nicht unwissend sterben. Das ist nämlich genau der Forschungszweig, für den ich auch versuche, Drittmittel zu mobilisieren;-)
@sonrisa:
Wenn wir schon bei fragwürdigen Ferndiagnosen sind: Von dem ausgehend, was Sie in Ihrem Blöglein über sich rauslassen, sind Sie m.E. nicht depressiv in dem Sinne, dass es eine Behandlung/Therapie erfordern würde. Ich würde sagen, Ihnen eignet bisweilen eine gewisse Melancholie der Sorte, die bei nachdenklichen Menschen nicht eben selten ist. Aber natürlich möchte ich mit dieser emprisch unabgesicherten Spontanvermutung Ihrem Forschungsprojekt nicht vorgreifen.
@Mark: Nie in Blogs projizieren, böse Falle ;)
In dieser Küche war ja reges Kommen und Gehen. Möglicherweise haben wir dort sogar mal auf meinen Geburtstag angestoßen. Hermes und Quecksilber stehen allerdings für das, was Frau Arboretum meint, möchte ich anmerken.
Kommt allerdings nicht hin, Kollege "793" (steht die Sieben wenigstens für Current? ;-)) war schon nahe dran, nur der Monat ist knapp daneben. Mich verbindet da was mit Francis Bacon, also dem Maler, nicht dem Lordsiegelbewahrer. Auf Fotos sehe ich ja auch so aus, wie von dem gemalt.
@Arboretum: Wie so vieles hier, liegt diese Abteilung auch ein wenig brach. Ich muß mich wohl stärker selbst disziplinieren.
@Sonrisa: Dieses Gezwinkere macht mich auch immer ganz nervös. Aber man sagt mir ab und an nach, mit meinen Worten anzuecken, da bin ich lieber vorsichtig.
Ihre Umgangsformen finde ich übrigens über jeden Verdacht erhaben, ihre mexikanisch-melancholische Gedankenschwere beachtlich.
Astro-technisch hat Mark die toten Tiere also richtig zugeordnet, nur hat ihn anscheinend Ihre ewige Jugend etwas irritiert (die meines Wissens den Quecksilbrigen zugeschrieben wird - naja, mein Spiegelbild ist nach Nächten mit wenig Schlaf bisweilen anderer Meinung). Aber vielleicht haben Sie ja einen interessanten Aszendenten oder wie immer man das nennt, Herr Kid.
Übrigens möchte ich anmerken, dass der Geburtstag jenes Malers ein guter Tag zu sein scheint, zwei meiner Freunde feiern da auch. Wunderbare Menschen.
@ mark: Besagtes Forschungsprojekt finden Sie übrigens
hier
und völlig bar jedes smaragdgetäfelten Hintersinns ist die 793. Die hat mir die Zulassungsstelle mal für ein Kfz-Kennzeichen zugeteilt. Hab es zwar mit allen theosophischen Rechenoperationen rauf und runter probiert, den arkanen Hintersinn zu entschlüsseln. Aber mehr als die gleiche Quersumme wie mein Geburtsdatum ist dabei nicht herausgekommen. Tja, was oben ist, ist bisweilen tatsächlich wie das, was unten ist, aber halt nicht immer
Ansonsten: Lieber aussehen wie von Francis Bacon gemalt als sich fühlen wie der Hauptdarsteller eines Hieronymus-Bosch-Gemäldes;-)
Ach, und ich dachte Sie absolvieren die 793 Strafen im Garten der Lüste. Nun, so profan können die Lösungen großer Rätsel sein. "42" oder "iß deinen Keks".
@Arboretum: Bewahren Sie sich solche Freunde! Das sind die besten. Mein Aszendent reißt leider nichts raus aus dem schwefeligen Labor. Oder sollte ich sagen "Grabkammer"? Der ist derselbe. Auch so ein Fluch.
Meine ewige Jugend (eben auch familientechnisch bedingt, weil mein Vater zusammen mit Alain Delon Geburtstag hat, was auch seinen mal erwähnten Aufenthalt auf der Yacht von BeBe erklären mag) habe ich wohlmöglich dieser dunkelgewandeten Gestalt zu verdanken, der mir vor Jahrzehnten mal einen Heiermann für meinen Schatten gab. Das Porträt auf dem Dachboden von mir, das jedoch sieht mittlerweile reichlich abstoßend aus.
Aber gewiss doch, Herr Kid. Eine der beiden teilt übrigens Ihr Schicksal - und auch ihr liegen die Frauen zu Füßen. Also schümpfen Sie mal bloß nicht so auf diesen Stachel, den löckenden der bohrt sich doch meist den anderen ins Fleisch. Ich weiß das, denn auch ich war einstmals sehr in einen Mann verliebt, der unter diesem Zeichen geboren wurde. Es war leider kurz, aber intensiv. Die Wunde leckte ich noch lange.
Ich muß da jeden Verdacht von mir weisen. Aber so sind wir eben, nachhaltig. Unverändert geht man nicht von uns, sondern alchimistisch transformiert. Immer wenn ich mir wieder das Linolschnittmesser in die Hand gerammt habe und das Blut munter auf den Boden tropft, denke ich, schade, daß niemand meine Wunde lecken will.
Das ist übrigens sehr nett, was Sie da angedeutet haben. Woher kommt es nur, daß ich den Eindruck habe, die Frauen liegen mir nicht zu Füßen, sondern hängen an denselben, während ich bereits am Galgen baumle?
Andererseits sehe ich heute, daß die von mir seit längerem sehr verehrte
Miss Wurzeltod sicherlich mir zur Freude die Ringelhemden rausgekramt hat. (Auch jemand, mit dem ich gerne mal ausgehen würde.)
Vielleicht halten Sie nach den falschen rothaarigen Satansbräuten Frauen Ausschau. Davon kann man schon 'mal Genickschmerzen bekommen.
wahrlich, wahrlich. Ich auch.
schöne farbe hat der. wollen sie ihn nicht vielleicht rupfen und mir dir federn schicken?
Ach, hätten Sie doch was gesagt! Ich wußte, ich hätte ihn mitnehmen sollen. Die Ratte von letztens liegt ja immer noch auf der kleinen Wiese und wird nicht besser, aber bei unserem kleinen Rabenfreund fürchte ich, daß der schon andere Liebhaber gefunden hat. Beim nächsten Mal werde ich nicht ohne Trophäe weichen - und an Sie denken.
Ihre zwillingsforscherische Kurve zu den Klitschkos ist ja wirklich bemerkenswert. Hier sind mediale Fähigkeiten am Werk. Tatsächlich verbindet mich da einiges mit dem Herkunftsland der Brüder. Und damit nicht genug: Die Frau des Cousins meines Vaters ist eine geborene Klitschko (tatsächlich weiträumig verwandt mit den beiden Boxern). Und wenn wir schon bei meinen weiträumigen Verschwägerungen sind, dann kann ich an dieser Stelle ja auch gleich verraten, dass mein Nachname der gleiche ist wie der des Schwagers des Schriftstellers, der die Gebrüder Karamasow verfasst hat...
Sie haben ein schwefliges Labor - da ward auch mal ein roter Leu vermählt, nehme ich an? Und Rosen gekreuzt als Deko für die chymische Hochzeit?
Damals, ja. Unter Rosenkreutz. Rot und weiß, Blut und Dingsda, oder wie die Banshees sangen "....in lace, blood, and sperm." ("Melt!")
So ist das hier manchmal, tief in den Nächten, wenn es mit meinem Homunkulus nichts werden droht.
Aha, ein Adept. Ich hab es mit den Homunculi übrigens längst aufgegeben aufgrund anhaltender Erfolglosigkeit. Meine Frau hat mich dann überredet, mittels einer konventionelleren Methode Lebewesen zu schaffen...
Aha, Frauen. Ich laß ja keine mehr in meine hermetische Garage. Nur manchmal begegne ich welchen, wenn sie wie ich mit bloßen Händen Alraunen aus madenfetten Äckern graben.
@ mark: Ich seh schon, dagegen kann ich mit der Tatsache, dass ich am selben Tag Geburtstag habe wie Puschkin (umgerechnet) und dem Kölnisch-Wasserfabrikanten unter meinen Vorfahren der blöderweise an Farina verkauft hat, nicht anstinken.
ist das opus magnum nicht zu schaffen, hab ich mal irgendwo gelesen (wenn ich die alten Pergamente richtig entziffert habe). Beim Ausbuddeln der Alraunen beispielsweise lass ich lieber die Mädels ran. Deren Ohren sind meist schon so abgestumpft von SWR3, denen macht der Gemüse-Gesang nicht sooo viel aus...
Bitter. Bunte Wimpel oder Flatterzeugs helfen da auch nicht? Was ist mit einer guten alten Vogelscheuche. Lachen die Vögel sich da heutzutage nur noch drüber kaputt?
sagt mein Cousin, der es als Landwirt wissen muss. In der Stadt dürften Vogelscheuchen noch weniger bewirken, das sieht man ja schon daran, dass selbst Vorgelscheuchen, die aktiv am Straßenverkehr teilnehmen, keinen Vogel mehr erschrecken geschweige denn scheuchen können.
Vermutlich liegt das vogelkillende Anwesen genau in einem morphischen Feld oder auf ner unterirdischen Magnetader. Auf alle Fälle sind die toten Vögel schlecht fürs Feng Shui, ich würde da so schnell wie nöglich ausziehen...