Ich will nicht sagen, ich sei angefressen. Aber enttäuscht, das ein wenig schon. Auch wenn ich kein wirklicher Freund von Serien bin, hatte ich Hannibal lange erwartet, bin letztlich vorgestern ein wenig zufällig hineingestolpert. Na ja. Ich weiß jetzt gar nicht, was genau ich erwartet habe. Mir war es zu glatt. Zu sehr aus dem Baukasten. Jede Szene zeigt in erster Linie ihre Gemachtheit, da ist kein sinnvoller Fluß. Ein mörderisches Rezept, aber zu kalt serviert.
Das Casting, wie es in den USA halt sein muß. Wir brauchen einen Schwarzen in leitender Position, wir dürfen einen Asiaten nicht vergessen, am besten eine Frau, dann haben wir das auch gleich. Das Ermittlerteam beim FBI spiegelt brav die gesellschaftlichen Verhältnisse. Nicht aber die Vorschriften. Der Mann am Schießstand trägt Hörschutz. Die Frau, die direkt neben ihm und der Waffe steht, aber keinen.
Nur ein Beispiel. Medizinische Details, noch so ein Thema. Hanebüchene Erklärung der Ketoazidose. "Er erhöhte die Insulindosis". Ist klar. Mich wundern diese Schludrigkeiten bei Filmen, die ansonsten so über ihre ausgefeilten production values wirken. Der Kannibale im Schöner-Wohnen-Katalog mit Eileen-Gray-Beistelltischchen. Perfekt getönte Wände, ich habe gleich überlegt, meine eigenen noch einmal anzupassen.
Zeugen und Opfer tauchen auf und sind gleich wieder verschwunden ("ist verstorben"), halten den Plot nur auf oder schieben ihn unmotiviert weiter, vielleicht sollte man da aber bei der ersten Folge nicht zu hart urteilen.
Sowieso versuchte der Kollege mir mildernde Umstände unterzujubeln. Nicht jeder der jüngeren Zielgruppe kenne schließlich die Vorbilder, da könne man die alten Pointen ("Ich lade Sie und ihre Frau zum Essen ein") ruhig noch mal bringen. So wie den Einfall mit der "lebenden Leiche", den man schon aus Sieben kennt. Die Idee mit der Pilzkultur hingegen fand ich ganz originell. Ein schönes Bild, wie eine organische Skulptur. Dafür nervte rasch diese hingetupften, angestrengt auf "surreal" getrimmten Bilder von Hirschen, die durch Krankenhausflure wandern, überhaupt diese Super-Empathie als Behauptung. So als hätten wir nicht alle mal einen bösen Gedanken.
Hannibal scheint mir was für Leute, die, sagen wir mal, auch Coldplay gut finden. Rundgefeilte Ecken, Darsteller statt echter Charaktere, gutgekleidete Modemenschen, die tun als kennten sie sich in der Küche aus - und natürlich Klassik zum Essen hören, damit man als Zuschauer weiß: Da ißt ein Kannibale! Hopkins war schon etwas kippelig in seiner leicht affektierten Schauspielkunst, Mikkelsen sieht so gefährlich aus wie ein Männermodel auf den Einstiegseiten der Vogue. Bei The Fall beeindruckte mich, wie das Töten als umständliche, schweißtreibende-langwierige und abstoßende Handwerksarbeit gezeigt wurde. Nicht als eitle "Kunstform" für Menschen, die auch überdesigntes Küchengedöns im Hause haben, weil es sonst nicht mit dem Kochen geht. Lecter, der Manufactum-Killer mit der Klassik-CD-Sammlung von Zweitausendeins.
Ich hoffe, wenn Scully dazustößt, heizt sie ihm ordentlich ein.
Ah, danke für die Warnung. Muss man sich also nicht weiter damit aufhalten. Überhaupt US-Serien, das Thema überfordert mich mit zunehmendem Alter ja nur noch. Kürzlich jammerte nahezu meine gesamte, öhm, timeline rum, dass die letzte Staffel von "Baking Bread" oder wie das hieß endet. Auch so was, was völlig an mir vorüberging. Drehte sich dieses Dauermachwerk nicht um eine illegale Bäckerei oder so? Ich meine, was soll den daran bitteschön interessant sein? ;-)
(Derrick läuft aber nicht mehr, glaube ich. Oder?)
Die beste Serie von allen bisher: Im Angesicht des Verbrechens, da habe ich jeden Teil herbeigesehnt, damals, als ich mit zwei gebrochenen Ellenbogen auf der Couch die lebende Leiche gab....Sie verstehen;-)
Ich habe neulich nochmal "Manhunter" von Michael Mann gesehen. Mal abgesehen vom künstlichen "Miami Vice"-Styling, hatte das so etwas glaubhaft psychisch abgedrehtes. Bei der Serie habe ich bislang den Eindruck, das sei alles eher Behauptung. Da springen die Bösen wie Kaninchen aus dem Hut. Ich finde das ein bißchen zu "slick".
Ich fall da ab und zu rein und war bisher nicht ganz sicher, ob es an der Uhrzeit oder meinem Schlafmangel liegt, daß ich irgendwie so gar noch nix damit anzufangen weiß.
Die Quotenregelung ist ähnlich platt wie bei den Harry Potter Verfilmungen - darüber mußte ich schon im Kino arg lachen.
Scully hatte ich letztens anderweitig im Haus (via Hörbuch). Dieser Stimme verzeih ich fast alles und geb der Serie noch eine Chance ; )
Ich sah neulich einen Film (Boogie Woogie) mit Anderson, in dem sie nicht ihre gewohnte Synchronstimme hatte. Was für ein Quatsch! Als würde die Ehefrau (jetzt mal als Beispiel) plötzlich den ganzen Tag mit verstellter Stimme zu einem sprechen und das total lustig finden. Der Film war jetzt eh mitunter ein wenig fad, und dann hat sie mit einem jungen Künstlerbengel auf der Toilette einer Galerie Dinge gemacht, wo ich dachte, ogottogottogott DAS DARF MULDER NIE ERFAHREN!
Sehr schön! Musste breit grinsen beim Lesen.
Ich gucke ja momentan gerne "Last Resort", eine Serie, in der ein amerikanisches U-Boot den Befehl erhält, Pakistan nuklear zu bombadieren und dies verweigert. Danach suchen sie sich eine sichere Insel (NATO-Horchposten oder so) und verschanzen sich da. Für den Fall, dass Ihnen jemand zu Nahe kommt, drohen sie mit dem Abschuss ihrer nuklearen Langstreckenwaffen auf die USA.
Eigentlich ziemlich weit hergeholt alles, aber die Idee, wie ein einzelnes Atom-U-Boot die große Weltmacht USA an der Nase herumführt, amüsiert mich doch sehr.
Gar nicht so schlecht, dachte ich mir, zunächst. Zumindest die sterilen Bilder mitsamt der Kameraführung haben was. Dann aber ging mir die streberhafte Überernsthaftigkeit der Figuren auf den Sack. Als dann die Geschichte ziemlich unwahrscheinlich wurde, da Jack Crawford (L. Fishburne) in irgendeinem merkwürdigen Analogieschluss zum Wesen des Serienmörders des Tages die Krebserkrankung seiner Frau für sich -mehr theatralisch als filmisch- herausfand, war die Sache für mich gegessen.
Ich war nicht mehr ganz bei der Sache, um mir erklären zu können, wie sich der Serienmörder des Tages (tm) sich dann selbst die Flügel von seinem Rücken herausschnitt. Vielleicht hatte er ja dreigelenkige extrem lange Arme. Ich muss gestehen, dass ich mit meinen kurzen Armen mächtige Probleme habe, wenn es mal am Rücken juckt.