Die Suche nach dem Gottesteilchen
Scully: There's not going to be any
bride, Mulder. Not in this story.
Mulder: Where's the writer? I want to
speak to the writer.
(Akte X, "The Post-Modern Prometheus")
Als ich mich heute morgen beherzt von patenten Händen ins Auto verfrachten und ins Forschungszentrum bringen ließ, erwartete ich eigentlich, anschließend gleich die Fahrt ins CERN antreten zu müssen. Gleich einer Hochschwangeren habe ich ja seit ein paar Tagen mein Täschchen gepackt; wenn der Ruf mich ereilt, will ich bereit sein. Der vertretende Forschungsleiter aber griff nicht minder beherzt zu und ließ mich meine beeindruckende Physis präsentieren (auf Hacken laufen, auf Zehenspitzen laufen, auf einem Bein hüpfen - "Oh", sagt er, "ich halte Sie mal besser fest." - nur mit dem Zeigefinger meine Nasenspitze treffen mußte ich nicht zeigen, dabei hatte ich geübt!). Anschließend waren wir beide sicher, auch abseits eines fotografierbaren Beweises, im Besitz der Wahrheit zu sein. Freundliches Verständnis und verhaltener, sachlicher Ernst.
Danach dann die Frage nach der Konsequenz. Zugriff? Verhaftung? Untersuchungsgefängnis? Ich gab einen Bericht, danach sahen wir uns, wie Männer eben, tief in die Augen, so weit mir das in meiner persönlichen Story of an Eye bild- und erkenntnisgebend möglich ist (die Diagnosekriterien sind vielfältig, umstritten, aber immer interessant), und es wurde beschlossen: ambulante Untersuchungshaft, SOFA statt CERN, erstmal abwarten, sichten, konservativ handeln. Danach diskutieren, wie das Projekt weitergeht, ob man eine neue Stufe zündet.
Ich sage, ich sei zuversichtlich, die Wahrheit sei sicher irgendwo da draußen. Wir redeten hier quasi über Flugrost, das schmirgel ich zurecht.
Ich weiß gar nicht, wie ich zu einem Handbuch der Irisdiagnose gekommen bin, aber ich habe eines. "Das Auge als Spiegel der Gesundheit." Beim Blättern darin habe ich folgende Sätze gefunden:
"Man wird eben alt" - "Damit muss man rechnen, wenn man älter wird!" ... Wenn ein Patient so etwas zu mir sagt, dann sage ich: "Akzeptieren sie niemals etwas, was Sie nicht wollen". Dass Alter deutlich sichtbaren Verfall bedeuten muss, ist nicht die Vorstellung der Naturheilkunde. Man sollte an Weisheit zunehmen, nicht an Rheumatismus, an Verständnis, nicht an Beschränkung."
Ich stelle natürlich mal wieder die Dinge auf den Kopf, denn laut Statistik bin ich für meine Krankheit eigentlich schon zu alt. Offenbar hole ich nun endlich meine in dunklen Kellern verschwendete Jugend nach und hol mir jetzt alles ab. So wie in dem alten Cary-Grant-Film
Liebling, ich werde jünger!
Als meine Krankheit zum ersten Mal ausgebrochen ist, war ich dafür auch laut Statistik schon zehn bis zwanzig Jahre zu alt. Aber später Ausbruch heißt bei mir zum Glück auch günstigere Prognose. Hoffentlich ist das bei Ihnen genauso.
Statistik ist dem Individuum egal, im Zweifel kauft man sich dafür nix. Ich finde, Herausforderungen haben auch ihren Reiz.
Mulder: Whatever happened to playing a hunch, Scully? The element of surprise, random acts of unpredictability? If we fail to anticipate the unforeseen or expect the unexpected in a universe of infinite possibilities, we may find ourselves at the mercy of anyone or anything that cannot be programmed, categorized or easily referenced. (eats a sunflower seed)
...sowing the seeds of love, the seeds of love...
Da ich seit gut 10 Wochen permanent irgendwie krank bin, hat mich dieses Posting ganz unvermittelt in diese groteske, nicht zum Liebhaben geeignete Betroffenheitsecke gepresst. Wollte ich nur gesagt haben ;-)
Das ist natürlich nicht schön. Man darf nicht ungeduldig werden. Ich bin jetzt seit knapp einem Jahr der
odd man out (via
Visual) und kann nicht mehr so recht mitspielen. Aber, wie sagte ein Blogger früher immer so refrainartig, Schnauze halten, immer weitermachen. Ist kein Wettbewerb, bei dem es was zu gewinnen gäbe. Gute Besserung Ihnen!
im BR-Magazin quer, bekam ich mit, weshalb das Gottes Teilchen genannt wird (ich war darüber zuvor schwer ins Grübeln geraten). Der Titel eines Buches zum Thema, der ein goddamn, irgendetwas in Richtung fucking, zum Inhalt hatte, wurde von einem findigen Verlagswerbestrategen derart verkürzt, daß in den Köpfen einer potentiellen Leserschaft nur noch God übrigblieb. Der Verkauf soll enorm gewesen sein.
Goddamn und Fuck! geht mir, freilich nur in meinem schalldicht isolierten Labor, derzeit auch öfter über die Lippen. Also alles nur heimlich. Nach außen hübsch Pokerface und die Erwartung einer göttlichen Fügung.
Das hat jetzt mit Ihrem Text nicht (viel) zu tun, aber gerade sehe ich mich bei einer Lesung sitzen; es liets jemand, in den ich mal sehr verliebt war, und er liest vor seinen eigenen Texten einen Auszug aus Bataille, und ich muss so schrecklich lachen, dass ich fast rausgehen muss. Lange her, das alles.
(Ich hoffe, es geht Ihnen besser.)
Himmel. So etwas kann man ja wirklich nur
augenzwinkernd ertragen. Mir ist diese teils kultische Bataille-Verehrung ja immer chon etwas suspekt gewesen. Bei all seiner philologischen Leistung, die philosophischen Thesen, sicherlich irgendwann mal sehr "befreiend" und "anti-bürgerlich", scheinten heute doch etwas... banal? Eine Art Kurt Cobain für die Alternativ-Bett-Szene.
So. Ich provoziere hier schon wieder rum. Die Medikamente scheinen anzuschlagen. Zurück zur
Augapfelwelt. (Achtung, diskretes Anschauen empfohlen.)
Oh, prima. Was zum Gucken und was zum Basteln. So müßte ich eigentlich wieder auf den Damm kommen. Vielen Dank!