sah, ist doch jeder heute noch verliebt.
(Diane, per Mail)
Über der Stadt liegt ein modriger Geruch. Über der Stadt fällt ein grauer Dauerregen, der treibt das Wasser aus den Gullys, der fällt über verbeulte Container und Wellblechsilos, über sumpfige Wiesen, auf klebrige Straßen und verhuschte Gestalten, in linke wie rechte Schuhe, die Strümpfe hinauf, kriecht hinein in den Nacken, den man hängen läßt.
In den Wäldern flüchten sich Tiere in tropfende Zweige. Auf den Etiketten, die an ihren Ohren haften, steht "Ich bin stumme Klage". In den Wäldern bilden sich Sümpfe und tiefer Morast, darin greifen Wurzeln nach den schlickenden Stiefeln der schweigenden Wanderer. "Gestohlen! Alles gestohlen!" wispern trunkene Käfer, die gelblichen Bäuche gewölbt vom zu vielen Wasser, ein Reh glotzt melancholisch. Ich öffne den Rucksack, hole hervor eine Kanne aus Stahl mit heißen Getränken, eine oxidierte Brotdose, darin eine weitere Sorge, ein klammes Hemd, Stifte und ein gewelltes Notizbuch, verquollen wie die Augen einer umherirrenden Frau.
Später, im vollverfliesten Haus, am Telefon, ein Handtuch auf dem Kopf wie ein verwüsteter Beduine, sage ich: Regenschirme! Die Welt und ihre Seziertische brauchen einfach mehr Regenschirme!
Das Brotproblem, ein roter Faden - man hat den Impuls Ihnen ein Care-Paket zu schicken.
Aber wenn man sich überhaupt daran erinnert, einen Schirm zu besitzen, dann vergisst man ihn eh immer. Könnte Lebensmotto sein, sollte aber nicht.
Wie schön", sagte er plötzlich, "daß ich meinen Schirm in der Bahn habe stehnlassen."
(Und das, obwohl sich eingangs des ersten Kapitels in einem Brief an Rowohlt noch die gegenteilige Behauptung findet: "Außerdem betrüge ich jede Frau mit meiner Schreibmaschine und erlebe daher nichts Romantisches.")
Ich freu mich schon auf den nächsten Frühlingsregen. Dem werde ich furcht- und schirmlos begegnen.