Party, Party, Party

Now the teacher is away
All the kids begin to play

(Elvis Costello,
"(I Don't Want To Go To) Chelsea")


Rausströhmen, Regen atmen, vorglühende S-Bahn-Schunkler, langsam raus in die Nacht, tastende Schritte durchs Gewerbegebiet. Als ich eintreffe, drehen sie die Pixies ab, weil eine Band spielen will. Ein Fehler, denke ich, ihr dürft solche Vergleiche nicht suchen. Rotes Bier und blaue Blumen, ich summe in Gedanken "Alison" ("I know this world is killing you"), aber irgendwo hinter meinem Kopf drischt der Schlagzeuger das Nikotin der Luft entzwei. Füße immer so tapptapptapp, wir müssen auch mal jung sein heute Nacht. Lippen zischeln irgendetwas in mein Ohr, ich kann aber die Worte nicht hören, ich bin ein alter Mann, und hinter meinem Kopf hat immer ein Schlagzeug gestanden. Mit bedauerndem Lächeln deute ich auf mein Hörgerät. Im Dreck zu meinen Füßen liegt Geld, aber ich kann jetzt hier doch nicht Münzen aufklauben, auf allen Vieren kriechen, noch vor Mitternacht. Die roten Schuhe wollen nicht tanzen, ein blondes Mädchen fragt mich nach dem Pfand. Wie anders man diese Spiele spielt, ein Euro heißt das jetzt, und ich stecke mein Hemd wieder zurück in den Hosenbund.

Irgendwo wird geknutscht, ich glaube, die mögen sich, aber sicher kann man sich nicht sein. Ich würde gern den Sound einstellen, mir die Gitarre schnappen, also der Typ macht das schon gut, aber ich hätte da was zu sagen. What's so funny 'bout Peace, Love and Understanding, könnte man mal fragen, aber in deutlichen Worten. Der Raum hier ist angenehm angeranzt und abgerockt, man könnte hier schwitzen oder versacken oder jemanden kennenlernen, aber da werde ich schon nach draußen gezogen, bevor ich weiter auf den Mikroständer schiele. Ist doch auch nur Nacht, denke ich. Kenne ich schon, das ist wahlweise eine Tageszeit oder ein Zustand, ich weiß nicht, welches gerade gilt. Die haben soeben an der Uhr gedreht. Ich kann die beiden Freundinnen jetzt besser verstehen, diese Musik war ja doch recht laut. Die eine kommt quasi aus Wien, das verrät sie erst jetzt. Ach, sag ich, istjaeinDing und gehe im Geiste die Bezirke durch, während schon wieder Regen fällt und ich den Weg zum Bahnhof weise, irgendeinen, wasweißichdenn, wo ich gerade bin. Muß man hinfahren oder im Herzen tragen, sage ich unter meiner albernen Mütze hinweg, die den Regen abhalten soll. Die haben an der Donau sogar Rettungsboote.

Homestory | 00:45h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
pappnase - Montag, 30. März 2009, 00:53
ich mag party nicht mehr.
ich werde da melancolisch und möchte einsam sein.
zu lange monogam und zufrieden damit.

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kid37 - Montag, 30. März 2009, 01:11
Die leise Melancholie auf lauten Partys ist eine der schönsten.

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renaissancerie - Montag, 30. März 2009, 10:31
für das hörgerät bin ich ja bald zu haben; mache hier die äusserst interessante erfahrung, daß die jungen leute immer öfter mit hörschutz auf konzerte gehen (hilfe - meine zukünftige kundschaft wird kleiner!).

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kid37 - Montag, 30. März 2009, 11:35
Hörschutz gilt zum Glück nicht mehr als uncool. Mit Fiepen im Ohr sollte keiner mehr nach Hause gehen.

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renaissancerie - Montag, 30. März 2009, 14:50
dann nur mit diesem fiepen im herzen, ....seufz.

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kid37 - Dienstag, 31. März 2009, 02:40
Die scharfe Klinge der Sehnsucht.

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cabman - Montag, 30. März 2009, 12:13
Nanu, nun wunder ich mich nicht mehr, dass Sie es überhörten, das Schellen Ihres Telefons. Wie traurig, hatte ich doch gebacken und zwar petits fours frais, sozuschreiben, für jeden 2.

Ich hoffe Sie können schlafen, trotz der Schuld, die Sie tragen, weil ich nun dick werde;-)

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kid37 - Montag, 30. März 2009, 13:00
Das nagt sozusagen ;-)

(Sie müssen verzeihen, ich höre das fast nie - hinter meinem Kopf hat doch immer ein Schlagzeug gestanden. Demnächst dann aber!)

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