Schwundstufe
Wann eigentlich genau entschwand das Wort Gegenkultur?
Kurz nachdem der bezeichnete Gegenstand verschwand (vgl.: "Jutebeutel").
kid37 -
Donnerstag, 12. März 2009, 17:59
Sehr guter Punkt! In der berühmten kultursoziologischen Abhandlung In die Tasche gesteckt - vom Jutebeutel zur Lastkraftwagenplanenumhängetasche: Aufstieg, Fall und Wiedergeburt eines Distinktionsmerkmals (Diss. Hamburg, 2006) wurde dieser Umstand schon beklagt, zusammengefaßt in dem sprichwörtlich gewordenen Satz: "Aber siehe, die Tasche war leer!"
frau klugscheisser -
Donnerstag, 12. März 2009, 23:49
Und als der Jutebeutel zum Kulturbeutel wurde...
[derzeit mit necessaire eher auf französisch gepolt]
[derzeit mit necessaire eher auf französisch gepolt]
kid37 -
Donnerstag, 12. März 2009, 23:57
Ein schöner Bogen, zu dem, was Herr Herold anmerkte. [Aber die Franzosen, machen Sie mich nicht schwach, haben bestimmt keine Jutebeutel.]
frau klugscheisser -
Freitag, 13. März 2009, 00:05
[die ham überhaupt keine Beutel, sondern nur Säcke, bsp. nannten wir im Freundeskreis gerne einen liebevoll sac élitaire.]
kid37 -
Freitag, 13. März 2009, 00:26
*patsch!* Naturellement! Ich war auch schon mal mit mehr vitesse unterwegs. Und ohne Jutebeutel.
das hieß doch neuerdings noch "off-kultur", habe ich gehört.
kid37 -
Donnerstag, 12. März 2009, 23:40
Ja, aber dann kam noch die off-off-kultur. Und dann verlor es sich.
Seit sie zum mainstream oder vom mainstream vereinnahmt wurde bzw. ihre Protagonisten zum Establishment transformierten - ein Begriff, der auch nicht mehr problematisiert wird, seit die Kritiker der Elche selber welche sind.
Ich spreche auch gerne von der Heidenreichisierung: die Subkultur, die sich über die Akzeptanz zur Hegemonie emporgearbeitet hat...
... und numehr (richtigerweise) jedes gegen als Gefahr für die eigene Stellung begreift.
Ich spreche auch gerne von der Heidenreichisierung: die Subkultur, die sich über die Akzeptanz zur Hegemonie emporgearbeitet hat...
... und numehr (richtigerweise) jedes gegen als Gefahr für die eigene Stellung begreift.
kid37 -
Donnerstag, 12. März 2009, 23:51
"Die 68er müssen weg", proklamierte mal Schlingensief vor einigen Jahren. Die säßen auf den Sesseln und versperrten den Weg. Der Lauf der Dinge eben, dieser Wandel, das Wegräumen des Alten, um Platz zu schaffen. Und ja, heute hat alles seinen Platz, die Mutti ihr Punk-Strähnchen und das Gerede über feuchte Regionen empfindet sich als ganz entzückender Aperitif. Wir haben alles zu Tode assimiliert. Und die Zahnärzte brechen Banksys aus dem Asphalt.
Letzte Weihnachten. Warum?
die kultur hat die rolle der gegenkultur übernommen. ohne dass sie durch irgendetwas ersetzt worden wäre.
außer vielleicht durch twitter und den app store
außer vielleicht durch twitter und den app store
kid37 -
Freitag, 13. März 2009, 12:38
Also herrscht auch dort eine Große Koalition. Und keine APO in Sicht.
derherold -
Freitag, 13. März 2009, 13:27
Wer soll die APO stellen ?
Jeder "Rebellionsversuch" wird doch gleich in den Kulturbetrieb aufgesogen. Und zur Not gibt es auch gleich eine Professur mit Beamtenlaufbahn.
Apropos Schlingensief, der ja einer Oberhausener/Mülheimer Vergangenheit hat und zuweilen in meinem Oberhausener Lieblings-Bistro aufschlug: Der Vorschlag, endlich beim Theatermit der NS-Vergangenheit aufzuräumen und auf staatl. Subventionen zu verzichten, könnte spannend werden. ;-)
Jeder "Rebellionsversuch" wird doch gleich in den Kulturbetrieb aufgesogen. Und zur Not gibt es auch gleich eine Professur mit Beamtenlaufbahn.
Apropos Schlingensief, der ja einer Oberhausener/Mülheimer Vergangenheit hat und zuweilen in meinem Oberhausener Lieblings-Bistro aufschlug: Der Vorschlag, endlich beim Theater
kid37 -
Freitag, 13. März 2009, 14:04
Ich stelle mir da gerade das Bild eines martialischen Kulturterminators mit rotfunkelndem Maschinenauge vor, der schnarrt Irr werrdet alle assimiliert!
Beim Thema Subventionen bin ich zwiegespalten. Ich bin zwar selbst kein Theatergänger, finde aber, eine Gesellschaft sollte sich so etwas gönnen (können). (Natürlich nicht so einen Repräsentationsblödsinn wie die Elbphilharmonie.) Als Institution. Dann aber blickt man hinein und entdeckt Pfründe und Cord-Sakkos und den Habitus der Selbstverständlichkeit. Das Bequeme. Und die Beamtenlaufbahn, genau.
Das gerinnt dann aber schnell zur wohlfeilen Kritik. Letztlich zahle auch ich Steuern lieber für ein paar schnapsdrosselige Kulturwohlstandsbäuche in der Theaterkantine als für manch anderen Mist. Zumal die Kritik oft die falschen trifft. Der normale Schauspieler am Stadttheater verdient ja meist weniger als der Techniker hinter der Bühne.
Beim Thema Subventionen bin ich zwiegespalten. Ich bin zwar selbst kein Theatergänger, finde aber, eine Gesellschaft sollte sich so etwas gönnen (können). (Natürlich nicht so einen Repräsentationsblödsinn wie die Elbphilharmonie.) Als Institution. Dann aber blickt man hinein und entdeckt Pfründe und Cord-Sakkos und den Habitus der Selbstverständlichkeit. Das Bequeme. Und die Beamtenlaufbahn, genau.
Das gerinnt dann aber schnell zur wohlfeilen Kritik. Letztlich zahle auch ich Steuern lieber für ein paar schnapsdrosselige Kulturwohlstandsbäuche in der Theaterkantine als für manch anderen Mist. Zumal die Kritik oft die falschen trifft. Der normale Schauspieler am Stadttheater verdient ja meist weniger als der Techniker hinter der Bühne.
derherold -
Freitag, 13. März 2009, 17:12
OT: Man erinnere sich an Immendorffs Betäubungsmittel-Prostituierten-Hotel-Skandal.
(Da es sich um neun P. gehandelt haben soll, wußte ich nicht, was ich mehr bewundern sollte: seinen Optimismus oder seine Standfestigkeit).
Bemerkenswert war daran doch nur, daß ernsthaft diskutiert wurde, eine "Verurteilung" könne seine erworbene Beamtenpension gefährden. Abgesehen davon, daß es wohl sicher war, daß er selbst diese sowieso nicht mehr verzehren, hätte er doch bloß einen Stapel Servietten mit Strichmännchen und seiner Signatur versehen müssen, um jede Beamtenpension ersetzen zu können.
(Da es sich um neun P. gehandelt haben soll, wußte ich nicht, was ich mehr bewundern sollte: seinen Optimismus oder seine Standfestigkeit).
Bemerkenswert war daran doch nur, daß ernsthaft diskutiert wurde, eine "Verurteilung" könne seine erworbene Beamtenpension gefährden. Abgesehen davon, daß es wohl sicher war, daß er selbst diese sowieso nicht mehr verzehren, hätte er doch bloß einen Stapel Servietten mit Strichmännchen und seiner Signatur versehen müssen, um jede Beamtenpension ersetzen zu können.
kid37 -
Freitag, 13. März 2009, 18:41
Wenn ich mich recht entsinne, sagte er, die Damen hätten Tableaux vivants der Kunstgeschichte nachstellen sollen, es sei ein rein optisches Spektakel gewesen. Das ist eine hübsche Idee, finde ich.
Vielleicht wurde beim Thema Pension auch an seine Familie gedacht.
Vielleicht wurde beim Thema Pension auch an seine Familie gedacht.
derherold -
Freitag, 13. März 2009, 20:07
Tableaux vivants
... im Schnee. ;-)
Aber da ich ja dem "Kult des Genies" huldige, will ich das nicht kritisieren.
Aber es gibt ja noch die mit schütterem Haar aus der früheren Punkrockband, die nun an der FachhochschuleWuppertal Cloppenburg Dozent für Schlagzeug oder so ähnlich sind.
... im Schnee. ;-)
Aber da ich ja dem "Kult des Genies" huldige, will ich das nicht kritisieren.
Aber es gibt ja noch die mit schütterem Haar aus der früheren Punkrockband, die nun an der Fachhochschule
Kulturgetränke
Heute abend mache ich mal einen Rotwein auf.