Katzenjammer

Elle endort les plus cruel maux
Et contient tout les extases;
Pour dire les plus longues phrases;
Elle n'a pas besoin de mots.

(Charles Baudelaire, "Le Chat")




Liebe Lu, du mußt jetzt tapfer sein! In der bei meinen naturkundlich interessierten Lesern wie von übertriebenen Liebesschwüren geplagten und immer noch losen Reihe Mit toten Tieren durch das Jahr möchte ich heute des Bloggers Menschen liebsten Freund vorstellen: die Katze. Eine Leserin, die anonym bleiben möchte, der aber unbesehen unser aller Dank gebührt, hat mir dieses Foto überlassen. Auch wenn die Nähe der Straße etwas Schlimmeres suggeriert - der elegante Jäger hat sich dort selbstverständlich nur zum Schlafen hergelegt. Vielleicht war er vom langen Warten erschöpft. Vielleicht war auch sein Herz ein wenig gebrochen. Vielleicht hat er lange ein Spiel spielen müssen und war darüber müde geworden. Vielleicht hat er vertraut. Katzen, das ist bekannt, haben ihren eigenen Kopf und bestimmen selbst das Ende.

Ich hatte auch mal so einen getigerten Kater, vor vielen Jahren. Der war wie ich, ruhig, ein wenig naiv, eher vorsichtig denn übermütig und Langschläfer. Wir haben viel gelacht, einmal allein zusammen über einer Dose Ravioli Heiligabend verbracht und Silvester auch. Er konnte alle Türen öffnen und die zu meinem Herzen auch. Eines nachts ist er in meinen Armen gestorben, und ich wollte danach kein Tier mehr. Weil ja nie etwas bleibt.

Taxidermie | 11:37h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
jammernich - Donnerstag, 8. Mai 2008, 12:15
Sehr süßes Foto, sehr sentimentale Geschichte mit ihrem Tiger!

Aber eins ist mal sicher, Katzen spielen Spiele nur dann, wenn sie es wollen und nicht für andere. Daher werden sie davon auch nicht zu müde, denn wenn es sich andeuten würde, dass es sie ermüdet, spielen sie schnellmit einem Anderen ein Anderes.

 link  
 
Lu - Donnerstag, 8. Mai 2008, 12:21
danke, jetzt hab ich zur sonne auch noch traurigen rotz in der nase.
(aber es ist ja so, also ich meine, ich wurde ja wirklich gewarnt.)

 link  
 
kid37 - Donnerstag, 8. Mai 2008, 13:44
Glücksspiel
Eher eine bittersüße Erinnerung. Auch wenn die Katze oben wirklich schlafend aussieht. Man darf sich nicht täuschen lassen. Die letzten Dinge sind unabänderlich. Rien ne va plus.

 link  
 
lac - Donnerstag, 8. Mai 2008, 12:33
ich habe (wie fast jeder) nach der warnung nicht weitergelesen, die augen weit aufgerissen, nochmal geschaut; selbst wenn die felidae tot wär; das ist so der so ein schönes bild.
so wär es nur ein bißchen traurig.

ich hoffe die ravioli hatten eine fleischfüllung.....

 link  
 
kid37 - Donnerstag, 8. Mai 2008, 13:41
Die ganze Serie, die ich einsehen konnte, ist toll. Sehr anrührend, schönes Tier und schönes Licht. Ja, traurig ist das schon. Die Abschiede im Leben.

 link  
 
novesia - Donnerstag, 8. Mai 2008, 14:02
Die ausgestreckte Pfote und die Augen dazu!
(Mit dem letzten Satz haben Sie sich widersprochen, oder war das ein künstlerisches Mittel?)

 link  
 
kid37 - Donnerstag, 8. Mai 2008, 14:33
Rolf Dieter Brinkmann sagte, er wolle keine Erklärungen mehr abgeben ;-) Erinnerungen bleiben, immerhin. Nicht allein sein zu wollen, ist natürlich ein eitler Gedanke. Im Zeitalter der Selbstverwirklichung erleben wir ja alle mehr so eine Art Tourneebetrieb.</random soliloquy> (Oder reden wir aneinander vorbei? Sie wissen ja, mit mir muß man langsam sprechen.)

 link  
 
novesia - Donnerstag, 8. Mai 2008, 17:09
Ja, ich meinte die Erinnerungen. (Vielleicht redete ich mir das auch gerade angestrengt schön, wegen panischer Angst vorm Hundeverlust.)

 link  
 
kristof - Donnerstag, 8. Mai 2008, 15:29
Irgendwann kommt ein neues Tier. Bestimmt.

 link  
 
kid37 - Donnerstag, 8. Mai 2008, 17:38
Man weiß dann schon um die Endlichkeit. Das ist ein Problem.

 link  
 
kristof - Freitag, 9. Mai 2008, 12:45
Die Endlichkeit adelt das Leben und macht es wertvoll.

 link  
 
hora sexta - Freitag, 9. Mai 2008, 14:36
 
Eine Katze haben,
heißt eine Katze verlieren.


Sagt Robert Gernhardt. Und so ist es. Der Preis für eine Katze ist immer hoch, aber nie zu hoch.

 link  
 
gheist - Freitag, 9. Mai 2008, 18:07
Tiger, tiger, burning bright / In the forests of the night

 link  
 
kid37 - Freitag, 9. Mai 2008, 18:35
My Blakean Year


@Hora Sexta: Ja, da haben Gernhardt und Sie recht. Allerdings, ich bin selbst erstaunt, spüre ich eine gewisse Neigung Richtung Hund in der letzten Zeit. Vielleicht werde ich noch Outdoor-Aktivist.

 link  
 
gheist - Samstag, 10. Mai 2008, 08:47
Die Frau Schmitt macht da immer sehr schöne Sachen. In Gedanken war ich diesmal allerdings bei Frau Mitschells Tiger Bones verweilt. Ob das Reinhören funktioniert weiss ich ned.

 link  
 
etosha - Samstag, 10. Mai 2008, 10:23
Wo ich auch hinlese dieser Tage, überall drückt's mir die Tränen raus! Liegt das an mir? ;]
Die Endlichkeit mag das Leben adeln; aber immer häufiger beim Blick auf das geliebte Tier einen vorausschauend-sentimentalen Anfall zu kriegen ist auch keine reine Freude. Sich am Leben freuen und den Tod nicht vorwegnehmen - das ist eine Kunst! (Zumindest für mich.)

 link  
 
kid37 - Samstag, 10. Mai 2008, 15:12
Als Melancholiker habe ich eher das Auge auf dem Verfall. Aber wie gestelzt klingt das denn! Gleich werde ich erstmal ein Eis essen. Aber nix buntes.

Herr Gheist, Fr. Mitchell ist nicht so meine Welt. Da muß ich nacharbeiten.

 link  
 
hora sexta - Donnerstag, 15. Mai 2008, 19:33
Herr Kid, jedenfalls wird ein Hund nicht ohne Ihr Beisein überfahren. Deswegen geben ja viele Leute an, ihnen sei der Hund näher als die Katz.

 link  
 
kid37 - Donnerstag, 15. Mai 2008, 22:46
Ich dachte, das läge an der sprichwörtlich devoten Gehorsamkeit dieses Tieres.

 link  
 
hora sexta - Freitag, 16. Mai 2008, 19:46
Ich meine, es liegt daran, dass die Katze Wege geht, die der Mensch nicht kennt (und dann halt auch mal unters Auto kommt). Das will ertragen sein: nicht wissen, wo das Liebste ist und nicht wissen, wann es wiederkommt. Beim Hund kommt das nicht vor, auch bei ungehorsamen Exemplaren nicht. Verbunden mit Vorteilen für das Nervenkostüm.

 link  
 
kid37 - Freitag, 16. Mai 2008, 19:56
Es ist ein schönes Gefühl, wenn man stark genug für soviel Vertrauen ist. Wenn man die schönen Katzen unbekümmert streunen lassen kann. Manchmal kehren sie nicht wieder, manchmal einfach, weil es woanders verlockender ist. Diese Freiheit muß man gönnen können.

Dabei wünscht man sich das treulose Vieh an seiner Seite.

 link  
 
hora sexta - Freitag, 16. Mai 2008, 22:56
Ja. Wenn man eine schöne Katze hat, soll man sie trotzdem nicht einsperren... Frei und treu - zwei große Geschenke, wenn man sie sich gegenseitig macht, nicht wahr?

 link  
 
kid37 - Samstag, 17. Mai 2008, 03:15
Fürwahr. Man muß dieses allerdings achten können.

(Und für den öden Teil des Alltags macht sich auch eine Prise Verläßlichkeit nicht schlecht.)

 link  
 
c17h19no3 - Donnerstag, 8. Mai 2008, 15:42
der oder die sieht noch warm aus. als würde sie oder er sich jeden moment bewegen, aufspringen, fortlaufen.
das projekt kater/katze ist für den cabkater und mich leider vorerst gestorben. denn wer arbeitslos bzw. unbezahlt arbeitend, auf dem sozialen abstieg und an rücken, knie und augen verkrüppelt ist, hat natürlich auch noch eine katzenhaarallergie. wieder ein stück gemeinsame geplante lebensqualität verloren. müssen wir uns eben mit einem goldfisch vorlieb nehmen. zu dem kann man wenigstens keine emotionalen bindungen aufbauen.

 link  
 
kid37 - Donnerstag, 8. Mai 2008, 17:40
Ich würde sagen, Sie stehen ja erst am Anfang. Abstieg sieht anders aus. An einer Katzenhaarallergie indes läßt sich nicht rütteln. Bleiben Sie dran, ich habe noch weitere Tiere aus der Lesergallerie im Angebot. Echte Exoten ohne viel Fell.

 link  
 
frl.deville - Donnerstag, 8. Mai 2008, 17:10
OhneinOhneinOhnein. [M]ein Katzenherz.
Und das, wo ich doch so nah dran bin.
Am Wasser.

 link  
 
kid37 - Donnerstag, 8. Mai 2008, 17:43
Kann nicht sein. Näher als ich kann keiner sein Haus bauen.

Dennoch: Wir müssen alle tapfer sein. Ich habe gerade gelesen, wie Dashiell Hammett gestorben ist. Jedenfalls nicht wie ein Blogger.

 link  
 
frl.deville - Donnerstag, 8. Mai 2008, 17:49
Sie haben Recht. Mit dem Haus. Architektonisch gesehen.
Pathologisch gesehen, bin ich aber doch viel näher dran.

Soweit ich weiß, starb er verarmt, der Arme.

 link  
 
kid37 - Freitag, 9. Mai 2008, 00:12
Er starb an Krebs und winselte nicht. Kein Wort. Nun stellen Sie sich mich mal vor.

 link  
 
frl.deville - Freitag, 9. Mai 2008, 00:29
Aber das tue ich doch andauernd ;o]

Ich d8e es war Tuberkulose.

 link  
 
giardino - Donnerstag, 8. Mai 2008, 21:49
Eine solche getigerte, nur noch jünger, kam eines nachmittags in der Stadt völlig panisch um die Ecke gerast, taumelte unkontrolliert auf dem Bürgersteig, um schließlich buchstäblich vor meine Füße zu fallen und zu sterben. Unvermittelt, unerklärlich, aus dem Nichts. (Ich habe sie dann in einem Leinenbeutel mitgenommen und im Garten eines Freundes begraben, mit einem Lied. Mir kommen heute noch die Tränen, so ein blödes Vieh.)

 link  
 
kid37 - Freitag, 9. Mai 2008, 00:15
Herrje, was für eine Begegnung. Vielleicht fühlte sie sich verfolgt oder zu wenig geliebt. In Ihnen hat sie jedenfalls eine gute Wahl getroffen, was ihre letzte Begleitung anging. Sehr traurig.

 link  
 
creezy - Donnerstag, 8. Mai 2008, 22:35
Ich sag's pragmatisch: ich mag meine Katzen lieber wenn sie leben. Aber wenn sie sterben, sollen sie das bitte auch nur noch in meinen Armen tun. Basta. Keine Katze würde mal eben so neben der Straße sterben. Aber gelegentlich treffen sie Autos und sterben trotzdem in voller Schönheit. Was den Tod nicht hübscher macht.

 link  
 
kid37 - Freitag, 9. Mai 2008, 00:14
Ach, Autos. Das klingt gleich wieder so brutal. So kann die Welt nicht sein.

 link