Am 14. August 1901 startete der aus Bayern in die USA ausgewanderte Gustav Weißkopf* zum ersten Motorflug der Geschichte. Begeistert und beeinflußt von den Leistungen Otto Lilienthals und nach genauen Beobachtungen des Flugs von Kondor und Albatros, konstruierte der Nachtwächter Weißkopf mit seinem Modell 21 schließlich ganz ausgeschlafen einen motorbestückten Fluggleiter. Der Rest ist umstrittene Geschichte. Die Brüder Wright bestanden darauf, ihren eigenen Ruhm mit dem Flug der Kitty Hawk vergolden zu wollen und schrieben herabsetzende Artikel (in der Zeitung!) über ihren Konkurrenten. Beweise hatte der nur wenige, ein paar Zeugen, ein unscharfes Foto. Nun habe ich beim Aufräumen (mein neues Kellerregal steht!) und nächtlichem Umstapeln von Papier und Aufbewahrungsdosen eine noch unbearbeitete Filmrolle entdeckt, die ich einst auf einem Flohmarkt in Berlin für 3Markfuffzich einem alten, bärtigen Mann, der daraufhin schnell in der Menge verschwand, abgekauft hatte.
Die Neugier trieb mich in meine Dunkelkammer, wo ich den Film mit einigen Mühen und aus der Übung geratenen Fingern in die gute alte Kaiser-Dose spulte. Natürlich war die lange Lagerzeit dem Material nicht zuträglich, auch fehlte mir die geeignete Chemie (mit Kodaks XTol aber geht ja auch fast alles). Dennoch mögen sich interessierte Menschen meine pochende Überraschung vorstellen, als ich erkannte, was sich auf dem Film verbarg: ein Mitschnitt des ersten Motorflugs! Deutlich erkennt man den an Otto Lilienthals angelehnten Gleiter, und ebenso deutlich ist an der sanften Topografie die Wiese in der Nähe von Fairfield zu erkennen, wo das spektakuläre Ereignis damals stattfand.
Man darf eben nichts wegwerfen! Irgendwann wird alles einmal seinen Nutzen finden oder wenigstens für die Geschichtsschreibung interessant sein. Ich bin jetzt bei der weiteren Kellerverräumung wie von einer Teslaspule elektrisiert. Wer weiß, was ich noch finde!
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* In einer ersten Version wurde der Pionier fälschlich "Weißhaupt" genannt.
(Für den Notfall so ein "Auf-und-davon-Reiseobjekt" vor der Haustür parat stehen zu haben, kann schließlich nicht verkehrt sein.)
(Hoffe, die Nachbarn neiden mir die dann nicht.)