Maskierte Misantrophen



Ich bin ja ein alter Mann mit tagträumenden Vorstellungen. Aber da wir ja alle unseren Haushalt machen müssen und die Wäsche und dann auch noch allein, hat ja kaum noch jemand Zeit für die sinnlos schönen Dinge des Lebens. Man müßte so eine Art Manufactum-Boudoir als Club eröffnen, wo man abends im Hasenkostüm einen komplizierten Tee mit gesundheitsfördernder Wirkung schlappt genießt, dabei ein wenig durch die Feuilletons der gesammelten Tagespresse blättert, sich schön anschweigt und vor der letzten Bahn nach Hause fährt, sich in frisch gestärkte (aber von wem?) Linnen fallen zu lassen.



Nun haben die meisten von euch Mikrofaserbettwäsche daheim, und da wundert ihr euch, ich aber nicht. Dafür wunderte ich mich am sogenannten Halloween, weil ich hier in meiner selbstgebastelten und adrett gebügelten Maskierung im Lehnstuhl ausharrte, von den Dreikäsehoch-Horrorknirpsen aber keiner klingeln wollte. Vielleicht war es ihnen zu gruselig hatte ich doch mein Gewand nach den wunderbaren Fotografien gestaltet, die Ossian Brown gesammelt hat. Der war früher in der kleinen Gebrauchsmusiktruppe Coil und hat nun aus den USA der letzten Jahrhundertwende Amateurfografien über Halloween gesammelt und als Bildband herausgebracht.

Wer den hübsch gestalteten Band mit einem Vorwort von und Danksagung an David Lynch nicht wie ich daheim hat, mag sich ein paar der Bilder von der großen Suchmaschine auswerfen lassen. Die Beispiele sind wirklich fröstelnd beeindruckend durch ihre liebevoll unbeholfene Heimbastelgestaltung. Ein amerikanischer Umhänge-Quilt irgendwo zwischen Outsider Art, dem Texas Chainsaw Massacre und gruselig überspitztem Frühjahrsputz-Hausfrauenkittellook. Nächstes Jahr seid ihr dabei.

BoingBoing hatte es auch mal erwähnt.

(Ossian Brown. Haunted Air. London: Jonathan Cape, 2010.)

Ex Libris | 16:09h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
lorilo - Montag, 9. November 2015, 13:48
Wunderbar
die Kostüme.

Apropos Hasenkostümsehnsucht: Auch so begeistert gewesen von Braunschlag? Dacht ich mir, dass Ihnen das liegen könnte.

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kid37 - Montag, 9. November 2015, 17:46
Ich fand ja auch die Metzger-Verfilmungen ganz amüsant. So fürs TV. Braunschlag hat mich noch nicht ganz.

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lorilo - Dienstag, 10. November 2015, 15:36
Die Metzger hatte ich noch nicht, das kommt aber noch. Braunschlag hat langsam geklickt, dann aber unrettbar.

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kid37 - Dienstag, 10. November 2015, 16:51
Jetzt gebe ich dem 'ne Chance.

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lorbas - Dienstag, 10. November 2015, 11:54
Danke für den Buchtipp.

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kid37 - Dienstag, 10. November 2015, 16:52
Gern. Ist wirklich unheimlich, wenn man das mit den meist niedlichen Kostümchen von heute vergleicht.

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ana - Dienstag, 10. November 2015, 19:03
Zu Halloween war ich auch vorbereitet, zwar nicht im Kostüm, aber mit Süßigkeiten. Kinder haben nicht geklingelt, aber die in meinem Viertel haben sicher entweder stets genügend davon oder sie dürfen nur vegane, gluten- und zuckerfreie essen. Die Sternsinger werden mich hoffentlich nicht im Stich lassen.

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kid37 - Freitag, 20. November 2015, 21:50
Zusatzstoffe in Süßigkeiten waren heuer bestimmt ein Problem, die armen Kinder sind da von ihren Eltern wohl manchmal schwer gebeutelt. Ganz früher kamen hier auch mal welche zum Martins-Singen. Das war nett, gründete hier aber offenbar keine Tradition.

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carodame - Freitag, 20. November 2015, 13:33
Sehr putzig, diese Verkleidungen. Wirklich. Und es ist nicht sonderlich überraschend, dass diesen Band jemand aus dieser "Gebrauchsmusiktruppe"zusamengetragen hat.
Herzlichen Dank für diesen Tipp. Nächstes Jahr... der Dachboden..

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kid37 - Freitag, 20. November 2015, 21:48
Diese Leute damals hatten eine schaurige Fantasie. Da sind auch Ringelbestrumpfte drin, aber selbst das wirkt gruselig.

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