
Donnerstag, 10. September 2009


Gibt es etwas Entspannenderes als an einem aus der Saison gefallenen Badesee zu sitzen, wenn sich einem keine neuen Eliten manifestieren oder Sich-Sachen-Ausdenker in den holprigen Waldweg stellen, sondern zum Glück einfach bloß spazierende Rentner und unbeirrt picknickende Pärchen, die das erste Herbstwochenende in dichtere Funktionskleidung und unter die gemeinsame, WLan-freie Kapuze zwingt? Ich finde nein. Man möchte nachforschen dann selteneren Arten, darauf warten, wie sich die Blätter verfärben, und nachdenken möchte man, ob man das eigene Heim nicht gleichsam neuen Farbregistern unterwerfen sollte, während sich im medialen Raum eine überschaubare Riege von "Ich will hier rein"-Zaun-Rüttlern locker hin- und herkomplimentiert. Rot ist vielleicht tatsächlich eine Option, und wenn die vier Damen so hübsch anpacken wie sie aussehen, ist der Anstrich schnell geschafft.
Im Anschluß reichte ich Kekse, frisches Wasser und ein Lächeln. Meine Seilschaften sollen die schönsten sein.

Sonntag, 6. September 2009


Der King, sollte jemand fragen, lebt. In Finnland. Er verbringt dort eine vergnügte Zeit in einem oft dunklen Land mit einer skurrilen Sprache, die außer ihm nur andere Rock'n'Roll-Sänger sprechen. An Lagerfeuern und den zahlreichen Seen treibt er Schabernack mit bildhübschen lappländischen Mädchen (ich habe heute eines davon gesehen), rudert Boote und begleitet sein Gitarrenspiel mit einem Hüftschwung, der nicht nur unter den Holzfällern dort seinesgleichen sucht.

Woher nun ausgerechnet ich dies alles weiß? Nun, Feinkunst Krüger zeigt derzeit die Bilder des finnischen Malers Markku Laakso. Der malt Elvis hinein in folkloristische Szenen und bereichert seine Genrebilder vom locus amoenus um einen verschrobenen und hintersinnig-lakonischen Witz, wie man ihn nach drei Glas Bier obergärig nach innen lacht. Dazu gab es auf der Vernissage wunderbar verschrabbelten, finnischen Rock'n'Roll. Ich glaube, da gibt es viel zu entdecken, wenn ich DJ Litmanen richtig verstanden habe, und vielleicht sollten meine Tanzschuhe und ich die Urlaubsziele für die nächsten Jahre noch einmal überdenken.

Gleich nebenan, in der Bernhard-Nocht-Straße, gab es den Tag über noch mehr Musik. Abends spielten die Goldenen Zitronen Lieder vom kommenden Album Die Entstehung der Nacht und traten der drohenden Gentrifizierung des Viertels von der dichtumdrängten Bühne in den Arsch. Das "Lied der Medienpartner" hat mir dabei besonders gut gefallen, beinahe spontan konnte ich jede Zeile mitsingen. Punkfolklore.

Wer am Sonntag nicht zu Múm ins Knust geht (die kommen aber aus Island), darf alternativ um 21.00 Uhr die einzigartige Perfomance von Markku Laakso und Annika Dahlsten in der Meanie Bar sehen. Die greift die Familiengeschichte des Urgroßvaters des Malers auf, der 1928 Folkloredarsteller war bei einer Völkerschau bei Hagenbecks. Minä en puhu suomea, aber so hängt alles mit allem zusammen. Mit aufgeschlagenen Knien.
>>> Bilder der Ausstellung
(Markku Laakso, "Arctic Burning Sensation". Feinkunst Krüger, Hamburg. Bis Ende September 2009.)

Freitag, 4. September 2009

Manchmal reite ich - My Rifle, My Pony And Me - hinaus vor die Stadt, dem endlosen Horizont des norddeutschen Flachlands, den weiten Plains, entgegen. Ich sage dann Yeah, spucke aus in den Staub der Wege, die von der letzten Stampede der Holsteiner Kühe ordentlich aufgewühlt sind, und reite weiter, langsam, unbeirrt, in Städtchen, yeah, die auf Brook oder Horn enden, wie da so ist hier rund um Kalifornien.
Manchmal spucke ich aus, wegen dem schlechten Geschmack im Mund, der sich einstellt. Wenn man an dieses denkt oder jenes. Und mag mancher Kitty das Herz auch brechen, dann muß ich weiter und Little oder Big Horn verlassen. Oder SoundsoBrook. Denn irgendwo, da draußen, yeah, habe ich eine Verabredung. Mit den Mädels vom Immenhof.

Donnerstag, 3. September 2009
Heute liegt die Trude im Regen.

Mittwoch, 2. September 2009

Ein starkes, inneres Glühen hat mich erfaßt, und so leicht gebe ich, und kampflos schon gar nicht, nicht auf. Meine Kellerfluchten, seit Jahren mit Schokolade und Nylonstrümpfen für die Zeit danach™ gut gefüllt, habe ich in den letzten Tagen in klandestinen Einkaufsaktionen und an den argwöhnischen Schergen europäischer Quecksilberbefürworter vorbei, um Glühbirnen der Sorte matt und 100 Watt bereichert. Nicht jedem dürfte in den letzten Wochen gegenwärtig geworden sein, daß nicht nur die 100er-Birne, sondern auch alle matten Erzeugnisse weitaus niedrigerer Wattzahl EU-weit ausgeknipst worden sind. Das matte Licht der Erkenntnis, das manchen nun aufgeht, ist mittlerweile also durchweg klargeworden.
Der Quecksilber-Brunnen in der Fundació Joan Miró in Barcelona steht nicht von ungefähr hinter einer dicken Glasscheibe. Das Objekt erinnert an die Toten im Quecksilberabbau, denn die Ausdünstungen dieses meist flüssigen Metalls sind mindestens so gefährlich wie Ausflüge im öffentlichen Personennahverkehr. Nicht umsonst erließ die EU ein Verkaufsverbot für Batterien und Fieberthermometer mit diesem Metall. Um nun Mengen in sogenannten Energiesparlampen zuzulassen, mit denen man locker Thermometer und Kunstprojekte wie besagten Brunnen füllen kann. Selbstverständlich werden die erleuchteten Nachbarn ihre ausgebrannten Leuchtkörper fein sortiert der Sondermüllentsorgung zuführen, so wie sie auch jetzt schon begriffen haben, wie man Restmüll vom "Grünen Punkt" unterscheidet. Immerhin auf dieser Seite des Lichts hege ich keine Befürchtung.
In der Zwischenzeit heißt es leben im funzeligen, grüntrüben Licht flimmernder Röhren. Aber irgendwann, also später, wenn aschgrauer Schnee über geschlossene Immobilienfonds und bodenlose Finanzlöcher gefallen ist, werde ich, von der dunkleren Seite des Mondes her kommend, meine gehorteten, glühenden Schätze gegen Briketts, Steckrüben und etwas Zuneigung tauschen. Und die Kuratoren von Edward Kienholz werden mir anbieten, was sie auf den nebligen Morphiummärkten unter den Viadukten ergattern konnten.

Montag, 31. August 2009
Die Ballons halten.

Samstag, 29. August 2009

Endlich! Endlich, endlich, muß ich sagen. Auf irgendeiner ausgeleierten Magnettonkassette hat das Werk bislang bei mir überlebt, und heute fiel mir die CD in die Hände, nachdem es mir nie gelang, die Vinyl-Version zu ergattern. (Plattenindustrie, fragt euch selbst.) Der Abend, der ja nun auch immer früher beginnt, ist gerettet. Charles de Goal, État Général, 1980. Cold Wave. Eine Ewigkeit nicht nur im übertragenen Sinne.
Später dann, ins Blaue der Nacht, wie der schmale Lichtschein einer Kneipe, der auf den schwarzverregneten Gehsteig fällt: Chet.
>>> Charles de Goal, Exposition
