Samstag, 5. Dezember 2020
Die Tage lag ich morgens noch wach in meinem kleinen Institut für höhere Relevanz und hing einem kleinen Traum nach, in dem es hoch herging, dann aber auch wieder runter. Es ist dies ja ein Sinnbild für allgemeine Abläufe im Leben. Der Paternoster des Alltags, könnte man sagen. Erst geht es hoch, dann aber auch wieder runter. Oder auch, für unterwegs: "mal so, mal so". Oben angekommen, muß man eigentlich nur darauf achten, wenigstens nicht kopfüber wieder runter zu fahren. Das passiert wohl immer wieder mal, weshalb die EU von Paternostern nicht so ganz begeistert ist.
Als ich ausgeträumt, aber verdammt guten Kaffee getrunken hatte, dachte ich wieder über meine derzeitige Lieblingsserie Murdoch Mysteries nach, die ja ebenfalls um die vorletzte Jahrhundertwende (die Älteren erinnern sich) spielt. In Staffel 12 haben Detektiv Murdoch und seine Frau, Rechtsmedizinerin Julia Ogden, endlich ihr erstes Haus in Toronto bezogen. Architekt war Frank Llyod Wright, der mit seiner Freundin, der berüchtigten Schriftstellerin Ayn Rand, in der Stadt weilt, ehe er nach Chicago weiterzieht. Ins hypermoderne Haus (wir schreiben ungefähr das Jahr 1910) hat der Tüftler Murdoch eine speisekammergroße "Mikrowelle" einbauen lassen, die er gerade erfunden hat. Der Krimigeschichte wegen platziert ein Mörder eine Leiche darin, schaltet das Gerät ein, und, nun ja, wer mal ein Ei in der Mikrowelle hatte, weiß, wie das endet. Für Frau Ogden wird es jedenfalls eine schwierige Spurensuche. Probleme, Probleme. Die Murdochs, die nun, wie es in der viktorianischen Nachbarschaft heißt, in dem "verrückten Haus" wohnen, weil die offene Architektur, die klaren Linien und die technisch sehr modernen Einbauten sehr ungewöhnlich sind für ihre Zeit, haben auch so ihre Auf und Abs. Ist halt eine Fernsehserie und nicht das echte Leben!
Ich würde mir in mein avantgarde-modernes, viktorianisches Haus ja einen magischen Orchideengarten einbauen lassen. Da säße ich dann in süßlich-schwüler Luft auf meinem Rattanliegestuhl und schrübe komplizierte Briefe nach Übersee oder dichtete an einem erotischen Schauerkurzroman. Oder an einem feurigen Pamphlet für gerechtere Zustände, jedenfalls so lange, bis mir ermattet der Stift aus der Hand gleitet. Und ich im Traum was erfinden würde. Sanften Schlaf zum Beispiel. Auf und ab.