Sonntag, 7. Juli 2019
Schmiß zweimal pro Tag beim Vaudeville die Beine.
Aschgrau die Augen,
Lippen feurige Brunst -
Ihr Gesicht kannte Höhen und Tiefen der Kunst.
Heute morgen, als ich engagiert (aber dummerweise ohne Schutzmaske) mit Wiener Kalk die Fliesenfugen im Bad schmirgelte, dachte ich über die wilden Feste, auf denen ich in letzter Zeit war, nach, pfoff einen beliebten Jazzschlager und sang zwischendrin mit affektiertem Akzent "Ist dir auch fad/schrubb einfach das Bad" usw. Festliche Einzelheiten liest man ja gerne in Ruhe nach, in einem Buch also, vor allem, wenn sie so eindrucksvoll bebildert sind wie in dieser Ausgabe mit den Illustrationen von Art Spiegelman.
Joseph Moncure March schrieb das wild gereimte Versepos 1928, eine poetisch-derbe Erzählung über ein paar angeschrabbte Leute aus der Bohème der großen Stadt, die sich in der billigen Bude der Tänzerin Queenie mit alten und neuen Liebhabern zu Trunk, Tanz und Fummelei treffen. Natürich gibt es auch Streit und Gelächter, Eifersucht und Schikane, dazwischen Unzitierbares und andere Glücksmomente. Die Rowohlt-Ausgabe von 1995 (gesetzt mit Quark Express, darauf wies man damals noch hin) ist mit der amüsanten editorischen Einleitung und den an Lynd Ward erinnernden Illustrationen ein echter Spaß - und antiquarisch gut erhältlich.
(Joseph Moncure March. Das wilde Fest. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1995.)