Montag, 30. April 2012


E.S.G.



Frisch laufverpaßt, fühlte ich mich nicht in der Lage, am Marathonlauf teilzunehmen, hob mich also in der Frühe aus dem tränennassen Kissen (jetzt nur so als Bild aufs Leintuch gestickt), um hinauszufahren in die Ödnis menschenleerer Natur.

Natürlich trifft man dort gleich Bekannte, unversehens, wie das so ist: Man steht im Wald und das dann nicht alleine. Hallo Nanu, bald sitzt man also zu dritt auf einer Bank, Thermoskanne und Stulle und praktische Kleidung und sieht den Segelflugzeugen beim gummiseilgezogenen Starten und flatternden Landen zu. RentnerBloggerglück.

Daheim dann auf der Suche nach allem Anfang - denn das ist doch alles mal anders gewesen - stieß ich auf einen Knallerhit aus meiner Jugend. ESG (laut!) bewegten Anfang der 80er mit ihrem minimalistischen Rumpel-Beat die nüchternen, kahlen, neonlampenerhellten Betontanzdielen der Region zwischen Zeche, Bochum, Wupertal. Junge Menschen in abgewetzten Jackets und mit kahlrasierten Schläfen zuckten mit nervös-zackigen Bewegungen, die Jugend ein blinder Rausch wie sonst nur bei Andrea Sawatzki und ihren Haschkeksen (las ich heute in der Zeitschrift). Sehr toll, Zukunft schon weg, aber das Leben noch vor sich, ganz wie ein gummibandgezogenes, flatterndes Segelflugzeug. (Als Bild jetzt mal.)

Hübsch zudem der Kommentar unter dem Video. Susi U. (damals Suzy U.), blutjung wie wir, war damals eine Art Szene-Star. Wir liebten ihre Ti die Art, wie sie tanzte, ihre rasante Frisur, die Aura des Neu/Schräg/Anders, die sie umgab. Susi U. war sozusagen ein einziges mondänes Versprechen und garantiert schon mal in New York. Schön, daß jemand überlebt hat und sich erinnert.

Heute, ein halbes Jahrhundert später, ist Musik wie schöngeistige Literatur.

Radau | von kid37 um 15:16h | 19 mal Zuspruch | Kondolieren | Link