Dienstag, 16. November 2010
Wie der Standard so schön zitiert: "Ohne Katzen - das wäre wie in einer Stadt ohne Bäume zu leben". Man sieht sie in Istanbul wirklich überall: kleine und große, schwarze und bunte, sehr kleine und ganz alte. Nicht die Bäume, sondern Katzen. In meinem Hotel schleicht morgens eine in den Speisesaal. Geduldig sitzt sie neben den Tischen, drängt sich nicht weiter auf, wählt jeden Tag einen anderen, den sie beharrlich von unten herauf hypnotisiert und um kleine Bröckchen angeht. Nie springt sie auf die Tische, nie gibt sie einen Laut. Abends wartet sie vor der Türe, wartet auf einen Hotelgast, um mit ihm zusammen hineinzuschlüpfen. Irgendwo im Haus wird sie ihren Schlafplatz haben. In den Gassen steht auf Treppenstufen und in Hauseingängen in kleinen Schälchen Futter bereit, Turkish Hospitality.
Zu jeder Moschee, so scheint es, gehört eine eigene Hauskatze, das mürrische Exemplar, das auf der Holzbrüstung vor dem Besuchereingang der Blauen Moschee wacht, läßt sich nicht beirren von all den fremden Menschen, sie sitzt dort und starrt in eine imaginäre Katzenferne, sie hat wohl alles schon gesehen: Wanderlatschen, Turnschuhe, schwere Stiefel, Socken mit Ringeln und solche mit Löchern, hat ächzende Touristen gehört, die in allen Sprachen dieser Welt sich im Vorraum schwerfällig ihrer Schuhe entledigen.
Die Hunde leben in Gangs, kleine Rudel vor dem hübschen Sirkeci-Bahnhof, dort wo einst der Orient-Express endete. Sie liegen dort in der Sonne, gähnen, schlafen, manchmal haben sie Streit, der aber nicht lange zu währen scheint. Sie schlurfen übers Trottoir, gehen die Grenzen ihres Reviers ab, aber auch sie drängen sich nicht auf, stehen nicht im Weg und wollen einem keinen Teppich andrehen. Den auf dem kleinen Schrottplatz, vielleicht ist es auch eine Baustoffhandlung, mag ich besonders. Er scheint von sanftem Gemüt, vielleicht ist er auch einfach nur naiv, so wie ich.
In Asien, Fernreisende wissen darüber zu berichten, sind auch die Insekten bekanntlich größer: Käfer, Schmetterlinge, man ist beeindruckt, welche Dimensionen solche Geschöpfe im wärmeren Klima annehmen können, und wie hart so ein Chitinpanzer werden kann. Ernst Jünger, der alte Faunist, wäre begeistert, er könnte die bizarren Geschöpfe in sein Notizbuch zeichnen, eine präzise Skizze fertigen. Aber der ist ja nun auch schon tot.