Sonntag, 8. Februar 2009
Wenn sich ein Material am Wochenende sichtbar in den Vordergrund geschoben hat, dann ist es Holz. Erst tändelte ich stundenlang wie ein staatlich beeideter Materialprüfer durch den Baumarkt, verglich und maß und roch und rieb, Buche hier, Pappel da, alles im Dienste meines neuesten Home Improvement-Projektes - bis mir das Schild auffiel, daß "aus technischem Gründen" an diesem Tag kein Zuschnitt möglich sei. Aus technischen Gründen hätte ich am liebsten randaliert, aber auch als Berufsjugendlicher ist man keine Zwanzig mehr. So ging ich zwar holzlos, aber dafür mit Schleifpapier und einer sogenannten Fugenlippe (für das übernächste Projekt) nach Hause. Herr Krüger präsentierte an diesem Abend neue Kunst und einen noch neueren Holzfußboden, ein Umstand, den ich gerne zu erweiterten Fachsimpelei genutzt hätte, umfaßt mein Nachtgebet seit einiger Zeit doch die Vokabel "Fertigparkett".
Leider aber mußte ich schwänzen, auch wenn ich gerne ein paar Wolken ins Gesicht gelacht hätte.
Der Helium Cowboy hatte nämlich ebenfalls Holz in der Hütte: Die junge Hamburger Künstlerin Lena Schmidt zeigt dort gerade interessante Arbeiten, bei der Maserung und Dellen von Fundholz Stadtlandschaften freilegen, karge, reduzierte Straßen- und Industrieszenarien, herausgekratzt irgendwo zwischen Lynch und Hopper, aber eben menschenleer. Sehr schön, und daraus hätte ich dann gerne Parkett.
(Lena Schmidt: "Urbanscapes". Heliumcowboy Artspace, Hamburg. Bis zum 6. März 2009.)
like I look back .
(The Duke Spirit, "My Sunken Treasure".)
Regnerische Nacht. Der Geist der Jon Spencer Blues Explosion scheint in mich gefahren zu sein, meine schweren Schuhe schieben durch die Pfützen, zersprengen die Spiegelungen der Neonlichter in hundert kleine Funken. Ich betrachte mein Scherbengesicht. Irgendwo hustet ein Hund.
Minni Bar. Dort verbrachte ich einst einen meiner wunderbarsten Abende mit einer ebenso wunderbaren Frau. Ich war nicht wenig in ihre aufregende Sanduhrfigur verliebt, und sie wußte das genau. Während belanglos gewordene Musik meine noch weitaus belangloseren Worte untermalte, genossen wir beide die Situation, denn wir beide wußten, daß wir nur Schauspieler waren. In unserem eigenen Film. Sie mochte das, sie lachte, und ich war bereit zu inszenieren. In der Tasche trug ich den Schlüssel zu einer Wohnung ganz in der Nähe, in der wir den Rest der Nacht verbrachten. Im stillen Gebet, bei dem wir uns gegenseitig unsere Sünden beichteten, lachten und den fremden Geruch atmeten, wie ihn nur unbekannte Räume haben. Am nächsten Morgen fuhr sie nach Hause, ich räumte die Wohnung auf, verschloß die Tür und traf ein paar Leute in einer Galerie, wo man die Reste einer Party zusammenräumte.
Jetzt, Jahre später, bin ich ein verkrachter Drehbuchautor, der für die Degeto interessante Hollywood-Stoffe auf deutsche Verhältnisse überträgt. Gerade arbeite ich an Da wo die schwarze Schlange murmelt (das Wort "stöhnt" ist für die Degeto zu hart), nach einer Vorlage mit Samuel L. Jackson. Darin wird Hansi Hinterseer (angefragt) eine junge gefallene Dorfschöne mit Heimatmusik und Bibelsprüchen von ihren losen Neigungen heilen, während er sie in seiner Almhütte an der Wasserpumpe angekettet hält.
Was für ein Blödsinn alles möglich ist. Nach ein, zwei Bieren in der Nacht.
Never let go.